Herr Harnischberg, die KPT konnte 2023 in der Grundversicherung ein Kundenwachstum von rund 50 Prozent erzielen, was jedoch zu administrativen Problemen führte, wie HZ Insurance berichtete. Haben Sie diese Probleme in der Zwischenzeit behoben?

Ein Wachstum von 50 Prozent geht an keinem Unternehmen spurlos vorüber. Dank grosser Solidarität im ganzen Unternehmen, der Schaffung von rund sechzig neuen Stellen und Investitionen in die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen konnten wir den Ansturm bewältigen. Bereits seit Frühling 2023 sind wir punkto Servicequalität wieder auf Topniveau, wie verschiedene unabhängige Umfragen bestätigen. Auf diese Teamleistung sind wir stolz, wir profitieren nun enorm von diesen Erfahrungen. 

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Welche speziellen Herausforderungen haben sich Ihnen gestellt? 

Es gab operative und strategische Herausforderungen. In erster Linie ging es darum, die wichtigsten Geschäftsprozesse möglichst rasch wieder in den Griff zu bekommen. Wir mussten innert kürzester Zeit fast 200’000 Versicherungsanträge erfassen und unzählige Kundenanfragen per Mail oder Telefon beantworten. Das hat vorübergehend zu längeren Wartezeiten geführt. Wir haben unsere Versicherten jedoch stets proaktiv und transparent über die aussergewöhnliche Situation informiert. Diese offene Kommunikation wurde sehr geschätzt. In einem zweiten Schritt kamen auch strategische Fragestellungen hinzu: Wie können wir die vom Regulator geforderten zusätzlichen Reserven für die Neukundschaft bereitstellen? Wie gelingt es uns, die gute Prämienpositionierung zu halten und die Kundinnen und Kunden längerfristig bei der KPT zu halten? 

Das klingt nach einer unlösbaren Aufgabe …

In diesen Zeiten waren sich viele Expertinnen, Mitbewerber und Medien einig, dass die KPT 2023 vor einem schwierigen Jahr oder sogar vor einer unlösbaren Aufgabe stehen wird. Es war von unterjähriger Prämienerhöhung und Kundenverlust die Rede. Heute dürfen wir stolz, aber auch mit einer Portion Demut feststellen, dass keines der skizzierten Szenarien eingetreten ist. Im Gegenteil: Die Erwartungen bezüglich Bestandsentwicklung und der finanziellen Situation wurden übertroffen. 

Hand aufs Herz: Kaum jemand traute Ihnen zu, dass Sie diese Herausforderungen meistern würden. Wie war das für Sie persönlich?

In einer solchen Situation geht es nicht um mich, sondern um das Unternehmen und die Mitarbeitenden. Einmal mehr hat sich gezeigt, wozu man als Team fähig ist, wenn alle zusammen am selben Strick ziehen. Das hat mich persönlich tief beeindruckt. Grundsätzlich kann ich aber niemandem verübeln, dass man die KPT unterschätzt hat, ich kann die Skepsis nachvollziehen. Gleichzeitig waren die öffentlich geäusserten Bedenken schon ein zusätzlicher Ansporn, das Beste herauszuholen und das Unternehmen rasch wieder zu stabilisieren. 

Wie viele Neukunden und -kundinnen der Grundversicherung konnten Sie konkret halten? 

In der Grundversicherung konnten wir fast zwei Drittel unserer 200’000 Neukundinnen und -kunden aus dem Rekordjahr 2023 behalten – das ist ein sensationeller Wert. Weil wir 2024 zusätzlich über 70’000 neue Versicherte gewinnen konnten, bleibt der Bestand der KPT in der Grundversicherung 2024 stabil bei fast 550'000 Versicherten. 

Worauf führen Sie die Gründe für diesen Erfolg zurück?

Die Gründe dafür sind vielfältig: Trotz Prämienerhöhungen sind wir in vielen grossen Regionen wie Bern, Zürich, Tessin oder Waadt weiterhin attraktiv positioniert und bieten ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis. Zudem konnten wir unsere Kundschaft mit einer guten Servicequalität und transparenter Kommunikation überzeugen. Geholfen hat uns dabei auch die gesteigerte Bekanntheit der Marke KPT.

Stichwort Wechselbereitschaft: Wie hat sich diese entwickelt?

Aktuelle Untersuchungen haben gezeigt, dass die Wechselbereitschaft allgemein geringer war, als gewisse Akteure stets prognostiziert haben. Selbstverständlich spielt die Prämienhöhe beim Wechselverhalten eine Rolle – aber weitere Faktoren wie etwa die Servicequalität sollten auch nicht unterschätzt werden. Wenn die Versicherten zufrieden sind mit ihrer Krankenkasse, wechseln sie nicht für ein paar Franken weniger zur Konkurrenz.  

Sie wirken positiv überrascht. Hatten Sie nicht wirklich mit einem nachhaltigen Wachstum gerechnet?

Realistischerweise durften wir nicht davon ausgehen, dass wir den Grossteil unserer Kundinnen und Kunden halten können. In meinen kühnsten Vorstellungen erhoffte ich mir, ungefähr die Hälfte zu halten. Insofern bin ich wirklich positiv überrascht. Heute darf ich zufrieden feststellen, dass das Wachstum deutlich nachhaltiger war, als wir erwarten durften. 

Und wie hat sich das VVG-Geschäft entwickelt?

Das Zusatzversicherungsgeschäft hat sich ebenfalls positiv entwickelt: Wir haben hier 2023 ein Wachstum von über 4 Prozent erzielt und zählen mittlerweile knapp 310’000 Versicherte. Damit unterstreichen wir auch unsere Ambitionen in diesem Geschäftszweig. Wir streben in den kommenden Jahren sowohl in der Grund- wie auch in der Zusatzversicherung ein nachhaltiges, profitables Wachstum an. 

Schlussfrage: Was erwarten Sie für 2024, und was sind Ihre Ziele in den nächsten Jahren? 

Wir sind noch nicht am Ziel, entsprechend dürfen wir uns vom ersten Teilerfolg keinesfalls blenden lassen. Wir sind uns bewusst, dass angesichts der ungebrochenen Kostenentwicklung im Gesundheitswesen auch das Jahr 2024 nochmals herausfordernd wird – nicht nur für die KPT, sondern für die gesamte Branche. Für uns als Genossenschaft mit einem über 130-jährigen Leistungsausweis zählt jedoch die längerfristige Perspektive. Wir wollen auf das Kerngeschäft fokussieren, einfacher werden und den Versicherten weiterhin ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Die KPT wird kein umfassender Gesundheitspartner – wir werden aber immer mal wieder mit innovativen digitalen Angeboten und Services (Anm. d. Red.: wie jüngst mit Binah) Akzente setzen in der Branche. 

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