Der starke Anstieg der Inflation veranlasst staatliche Investoren dazu, ihre Vermögensaufteilung auf den Prüfstand zu stellen. Von der Neuausrichtung der Portfolios staatlicher Investoren profitieren vor allem private Märkte, zeigt das Ergebnis der neuesten Invesco Global Sovereign Asset Management Studie. 

Die Untersuchung wurde 2022 zum zehnten Mal durchgeführt und gibt einen Überblick über die Einschätzungen von 139 Chief Investment Officers, Anlageklassen-Verantwortlichen und Senior-Portfoliostrategen von 81 Staatsfonds und 58 Zentralbanken, die zusammen ein Vermögen von 23 Billionen US-Dollar verwalten.

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Inflationsschock stellt Investoren vor schwere Entscheidungen

Nach einer langen Phase niedriger Zinsen und Inflationsraten haben sich die staatlichen Investoren gezwungen gesehen, ihre makroökonomischen Annahmen zu überdenken und ihre Investitionen entsprechend anzupassen. Die Mehrheit der befragten Investoren (59 Prozent) hat ihre Portfolios in Erwartung weiterer Zinserhöhungen neu ausgerichtet. Angesichts der heftigen Kurskorrekturen an den Aktienmärkten und der fehlenden Kapitalschutzfunktion von Anleihen haben sich die Staatsinvestoren dabei aber vor schwierige Entscheidungen gestellt gesehen. 

Die Anleihenallokationen der Staatsfonds sind seit mehreren Jahren rückläufig. Anders als zuvor fliessen die freien Mittel jedoch nicht mehr in Aktien. Stattdessen wird in alternative, ausserbörsliche Anlagen investiert, vor allem Immobilien, Private Equity und Infrastruktur. Die meisten Befragten (71 Prozent) betrachten diese Vermögenswerte als effektive Instrumente der Inflationsabsicherung. 

Gewisse Bedenken gibt es in Bezug auf die Bewertungen, die durch die Kapitalströme und angebotsseitige Faktoren in die Höhe getrieben werden. Trotzdem ist der Anteil ausserbörslicher Anlagen an den Portfolios von Staatsfonds mit durchschnittlich 22 Prozent so hoch wie nie zuvor. Bei den grösseren Fonds (AUM > 100 Mrd. USD) beträgt er sogar 27 Prozent. Insgesamt besitzen Staatsfonds aktuell Private-Markets-Anlagen im Wert von 719 Mrd. USD, verglichen mit 205 Mrd. USD im Jahr 2011.

Das Interesse an ausserbörslichen Anlagen scheint weiter zuzunehmen. Die Studienteilnehmer wurden gefragt, welche Anlageklassen sie in den kommenden zwölf Monaten höher, niedriger oder unverändert gewichten wollten. An erster Stelle steht hier Private Equity (unter dem Strich +29 Prozent), gefolgt von nicht börsennotierten Immobilien (+23 Prozent). Am schlechtesten schnitten Anleihen (-12 Prozent) und Barmittel (-4 Prozent) ab, während die Stimmung gegenüber Aktien weitgehend unverändert blieb (+1 Prozent). 

Aktuell suchen viele Investoren im Private-Markets-Bereich nach möglichen Lösungen. Das Tempo dieser Neuausrichtung sollte jedoch nicht überschätzt werden. Als langfristige Anleger bewegen sich Staatsinvestoren sehr vorsichtig. Viele warten lieber ab und nehmen vorerst nur marginale Anpassungen an ihren Portfolios vor.

Ukraine-Krieg bremst Interesse an Europa

Anfang 2022 hielten viele Staatsfonds die europäischen Märkte für interessant, vor allem im Vergleich zum US-Markt. Dies änderte sich jedoch nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, da befürchtet wurde, dass dieser Konflikt zu einem höheren Inflationsdruck und einem schwächeren Wachstum führen und so das Risiko einer Stagflation erhöhen könnte. Am ehesten verringern wollen die Staatsfonds ihr Engagement in den europäischen Industrie- und Schwellenländern (19 Prozent bzw. 13 Prozent), was keine Überraschung ist. Dagegen sind Nordamerika (33 Prozent) und Asien-Pazifik (23 Prozent) die Regionen, die mit der grössten Wahrscheinlichkeit von höheren Allokationen profitieren werden. 

Nachdem frühere Invesco-Studien hohe Investitionen von Staatsfonds in China festgestellt hatten, sind die Meinungen zu diesem Markt in diesem Jahr durchwachsener. Die Mehrheit (52 Prozent) der Staatsfonds bezeichnet das Investmentumfeld in China als schwieriger als im vergangenen Jahr. Einige der Befragten meinen dagegen, dass Chinas Einbindung in den Welthandel und die globalen Märkte – insbesondere die wechselseitige wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen den USA und China – die geopolitischen Risiken durch den Russland-Ukraine-Krieg mindern könnte. 

Staatsfonds vorsichtig gegenüber digitalen Vermögenswerten

Obwohl allgemein erwartet wird, dass sich digitale Vermögenswerte in institutionellen Anlageportfolios etablieren werden, betrachten die Staatsfonds diese Anlageklasse noch nicht als investierbar. Aktuell haben nur 7 Prozent der Staatsfonds ein Exposure in digitalen Assets, das zudem grösstenteils durch Investitionen in Blockchain-Unternehmen abgebildet wird, also vor allem auf die zugrunde liegende Infrastruktur abstellt. Volatilität (68 Prozent) und Regulierungsdruck (55 Prozent) sind die in Bezug auf digitale Assets am häufigsten genannten Bedenken. Zudem sind nur 15 Prozent der Befragten der Meinung, dass digitale Vermögenswerte eine glaubwürdige Inflationsabsicherung darstellen können.

Allerdings beschäftigen sich die Investoren immer intensiver mit dieser Anlageklasse. 2018 führten nur 12 Prozent der Staatsfonds Analysen zu digitalen Assets durch; jetzt sind es 41 Prozent. Die meisten Staatsfonds investieren bereitwillig in die zugrunde liegende Technologie, zum Beispiel über Private-Equity- und Risikokapitalprodukte. 55 Prozent gaben an, dass sie eine Investition in die Branche in Betracht ziehen würden, wenn sich die richtige Gelegenheit böte. (pm/hzi/mig)