Während die Boomers ahnen, dass die geplante Frühpension wegen des Anstiegs von Inflation und Hypothekarzinsen in Gefahr gerät, befindet sich die Generation X noch in einer «Sandwich-Position» (eigene Eltern und eigene Kinder) und ist scheinbar noch «too busy and too young» für dieses Thema. 

«Von allen 65-Jährigen, die je auf Erden gelebt haben, lebt die Hälfte heute unter uns» (Rudi Westendorp) und «die Mehrheit der Stimmbevölkerung ist heute über 50 Jahre alt» (Martin Eling) – wird der Generationenvertrag nicht neu verhandelt, geht der Vermögenstransfer von Jung zu Alt unvermindert weiter. Die Ersatzquote (was man vom letzten Einkommen noch als Rente bekommt) sinkt schon bedrohlich unter 50 Prozent und mangels gelingender nachhaltiger Reformen wird die Eigenverantwortung in der privaten Vorsorgeplanung immer wichtiger. Trotzdem tut sich unsere Branche schwer, das Topic so zu kommunizieren, dass es die Menschen anspricht und sie zum Handeln bewegt. Was läuft schief?

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Autor
Reto Spring CFP®. Experte und Dozent für Finanzplanung und Präsident FPVS

«Massgeblich ist nicht, was eine Person hat oder nicht hat, ausschlaggebend ist, was sie Angst hat zu verlieren.» Nassim Taleb sagt damit, dass es oft emotionale Ängste sind, die uns unbewusst kontrollieren. Die Boomers gehören zur wohlhabendsten Alterskohorte, aber es treibt sie die Frage «reicht mein Geld?» um. Diese Sorge gilt es ernst zu nehmen, aber erfordert auch konzise Antworten auf die Frage, welchen Lebensstandard man sich noch leisten kann. Jedenfalls hängt es sehr stark auch damit zusammen, wie man Kunden für dieses Thema sensibilisiert, wie man kommuniziert und wo man die Kunden abholt.

Wir stehen in der Nach-Corona-Zeit vor den Sommerferien. Der letzte lange Urlaub liegt schon gefühlte Ewigkeiten zurück. Lässt man Kunden davon erzählen, switchen sie automatisch in einen positiven Mindset und eine entspannte Stimmung. 

Untersuchungen von Elizabeth Dunn und Michael Norton zeigen, dass die meisten Urlauber vor dem Urlaub glücklicher sind als danach! Die Vorfreude erhöht also den Wert, denn zukünftige Ereignisse setzen mehr Gefühle in uns frei als vergangene. Will man nun möglichst viel Genuss fürs Geld, dann soll man die Ferien im Januar buchen und bezahlen – die Vorfreude multipliziert den Ferienspass! 

«Liebe Kunden, wie viel Zeit haben Sie bisher schon in die Planung Ihrer längsten Ferien investiert?» Sprechpause und Augenkontakt. 

«Ja, genau. Die längsten Ferien, die dann noch kommen…» Mit diesem Intro gelingt eine Überleitung, wie man die positiven Vibes mitnehmen kann auf die Erlebnisreise in den dritten Lebensabschnitt. Pläne schmieden, Erlebnisse kaufen, Zeit haben – das ist Luxus und steigert das Glück. 

Wer Geld hat, lebt länger. Jeder will alt werden. Aber niemand will es sein. Leider ist die rationale Verkürzung auf Schlagworte wie «Rente oder Kapital» nicht zielführend, denn sie ist nicht nur fachlich fragwürdig, sondern holt nicht die Emotionen der Menschen ab. Viel glaubwürdiger und schlauer wären Fragen wie: Was bedeutet Geld für Sie? Was würden Sie in einem Sabbatical machen und wie viel Geld ist dafür nötig? Gehört mein Geld/meine Firma mir oder ist eher umgekehrt? Wie viel Geld ist genug für Sie? Wie kann Geld dazu beitragen, dass Sie ein zufriedenes Leben führen?

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Viele Leute opfern ihre Zeit, um ein bisschen Geld zu sparen, und nehmen einen Umweg zur günstigeren Tankstelle in Kauf. Gutverdiener haben oft mehr Stress, mehr Verpflichtungen – aber sie fühlen sich nicht glücklicher. Verursacht finanzieller Wohlstand auch Zeitmangel? Was knapp ist, scheint wertvoll – das gilt auch für die Zeit! Vielleicht lohnt es, sich darüber nachzudenken, wie man Geld wieder in Zeit transferieren kann. Kein Geld zu haben macht unglücklich und senkt die Lebenserwartung. Aber was nützt die teuerste Uhr, wenn man keine Zeit mehr hat?

Statt Kunden mit ZDF (Zahlen, Daten, Fakten) zu konfrontieren, sind die emotionale Ansprache auf Augenhöhe und die Kommunikation in der Sprache der Kunden essentiell. Erfahrungsgemäss präferieren Kunden für die Pensionierungsplanung auch Berater mit einer gewissen Erfahrung – Fachkompetenz und Lebenserfahrung. Eine Person um die 30 Jahre ohne anerkannte Ausbildung in Finanzplanung hat deutlich schlechtere Erfolgschancen als ausgebildete Finanzplaner in den 50ern. Auch in dieser Hinsicht können sich viele Finanzdienstleister noch verbessern …

Verena Kast empfiehlt, dem «Zukunftsschwund» mit Flexibilität, Vorfreude und Aufgeschlossenheit zu begegnen. Was wird besser im Alter? Mit Seneca rät sie, vom Körper zum Geist zurückzukehren. Pausen zu machen. Kreativ zu bleiben, ganz nach dem Motto: «I do, I undo, I redo». Solange man an der Zukunft mehr Freude hat als an der Vergangenheit, ist man nicht alt. Sprechen wir mehr über diese Freude!