Es besteht weitgehend Konsens darüber, dass der fortschreitende Klimawandel über kurz oder lang alle Unternehmen in der einen oder anderen Form betreffen wird. Der Klimawandel stellt ein komplexes, sich ständig veränderndes Risiko dar, und die Unternehmen stehen vor der besonderen Herausforderung, die Relevanz der klimabedingten Risiken abzuschätzen.

Nachhaltigere Verfahren und erhöhte Kosten

Im Rahmen einer Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern mit dem Institut für Controlling der Fachhochschule Kiel wurde der Umgang mit Klimarisiken in 300 Unternehmen untersucht. Gemäss dem «ERM Report 2023» sind zwei von drei Unternehmen bereits heute von erhöhten Rohstoffkosten und jede zweite Firma von höheren Produktionskosten betroffen. Ebenso erfährt eine Mehrheit der Unternehmen bereits heute negative Auswirkungen wie Lieferverzögerungen, Kosten für die Umstellung auf nachhaltigere Verfahren und erhöhte Kosten im Management wegen sich ändernder gesetzlicher Anforderungen. Und in rund einem von zehn Unternehmen wirkt sich der Klimawandel direkt in Form von Umsatzeinbussen, Produktionsrückgang und in der Inanspruchnahme zusätzlicher Versicherungsleistungen aus. Diese negativen Folgen des Klimawandels werden jedoch eher als Kostenfaktor und weniger als grundsätzliche Bedrohung des eigenen Geschäftsmodells angesehen.

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Die Autoren

Prof. Dr. Stefan Hunziker, Leiter und Dozent

Dr. Mirjam Durrer, Dozentin, beide am Competence Center Risk and Compliance Management der HSLU

Klimarisiken richtig bewerten

Damit die Unternehmen die Auswirkungen des Klimawandels und die damit verbundenen Risiken handhaben kön-nen, müssen eindeutige Verantwortliche benannt und eine entsprechende Risk Governance etabliert werden. Wie die Umfrageergebnisse zeigen, liegt die grösste Herausforderung für fast jedes zweite Unternehmen in der internen Priorisierung des Klimarisikos, das heisst andere «Themen» sind oft wichtiger. Dies mag ein Grund sein, wieso diese Risikoklasse noch nicht die eigentlich dringend benötigte Aufmerksamkeit erhält.

Risikoportfolio im Rahmen von Ursache-Wirkung-Ketten

Das Risk-Management von Klimarisiken wird dann sinnvoll, wenn die Risiken, wie alle anderen Risikobereiche auch, im Rahmen der unternehmerischen Entscheidungsprozesse analysiert und gesteuert werden. Klimarisiken sind keine eigenständige, isoliert zu betrachtende Risikokategorie. Sie können durch das eigene Geschäftsmodell, die Lieferketten und die Geschäftsbeziehungen (mit)verursacht werden und sind vielen anderen Risiken inhärent. Es gilt also, das gesamte Risikoportfolio im Rahmen von Ursache-Wirkung-Ketten nach dieser Risikokategorie zu analysieren und die Klimarisiken ins Enterprise-Risk-Management (ERM) zu integrieren. Dies wird in der Praxis häufig noch nicht so umgesetzt.

Probleme mit der ökonomischen Bewertung

Die Integration ins ERM erfordert zudem, dass die Klimarisiken von den Unternehmen bewertet werden. Gemäss Studienergebnissen bewertet jedoch mehr als jedes dritte Unternehmen die Klimarisiken gar nicht. Ein Drittel von ihnen gibt an, dass ein Mangel an verfügbaren historischen Daten zu Klimarisiken zu den grössten Herausforderungen in der Bewertung zähle. Ein weiterer Drittel hat Probleme mit der ökonomischen Bewertung von Klimarisiken. Fast jedes zweite Unternehmen nutzt deshalb ausschliesslich die Selbsteinschätzung als Methode zur Risikobeurteilung, die häufig auf qualitativen Methoden beruht. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse ist es wichtig, dass Unternehmen vermehrt in die Kompetenz zur Analyse und Bewertung des Klimarisikos investieren und beispielsweise auch den Einsatz von Szenarioanalysen prüfen.

Reputation und Profitabilität stärken

Durch einen proaktiven Umgang mit Klimarisiken und die Stärkung der eigenen Umweltverantwortung kann der Klimawandel für Unternehmen auch eine Chance darstellen. Die Studienergebnisse zeigen, dass sich Firmen dieser Chance durchaus bewusst sind. Vier von fünf erwarten durch das Management von Klimarisiken eine Verbesserung beziehungsweise Stärkung ihrer Reputation, was sich auch auf die finanzielle Performance auswirken kann. Immerhin sieht noch fast jedes zweite Unternehmen die erhöhte Attraktivität am Arbeitsmarkt und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit als Chance, ausgehend vom Management der Klimarisiken. Weitere Vorteile sind verbesserte Möglichkeiten zur Kapitalaufnahme, gestärkte Energieautarkie oder auch die «sauberere» Umwelt an sich. Grossunternehmen in der Schweiz nehmen die Vorteile insgesamt etwas ausgeprägter wahr als KMU.

Verbesserung der Unternehmensreputation

Insgesamt zeigt die Studie, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der unternehmerischen Umweltverantwortung und der wahrgenommenen Möglichkeit zur Ausnutzung von Vorteilen besteht. Grundsätzlich sehen Unternehmen den grössten Vorteil, sich der Umwelt gegenüber verantwortlich zu zeigen, in der Verbesserung der Unternehmensreputation und der Erhöhung der Profitabilität. Obwohl von den befragten Unternehmen die erhöhte Profitabilität weniger relevant als der Reputationsgewinn eingeschätzt wurde, zeigt die Korrelationsanalyse klar auf, dass die unternehmerische Umweltverantwortung signifikant von der Profitabilitätserwartung abhängt – stärker als von der erwarteten Reputationsverbesserung.

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Wichtig anzumerken scheint jedoch, dass Korrelation keine Kausalität bedeutet: Vielleicht könnte es auch andersherum sein, dass sich eher profitable Unternehmen eine höhere Umweltverantwortung leisten können.