Der Ständerat hat am Mittwoch die letzten Differenzen in der entsprechenden Vorlage bereinigt. Er beschloss stillschweigend, dass säumige Versicherte nicht in ein alternatives Versicherungsmodell, wie etwa in ein Hausarztmodell, eingeteilt werden. Wer die Prämie, die Franchise oder den Selbstbehalt trotz Betreibung nicht zahlt, wird künftig in einem Modell mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer versichert.

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Ebenfalls einverstanden war die kleine Kammer damit, dass die laufenden Kosten für die Prämien über das Betreibungsamt bezahlt werden können, wenn der Lohn einer versicherten Person gepfändet wird. Schliesslich können die Prämien vom Lohn abgezogen und an den Versicherer überwiesen werden, um neue Schulden aufgrund bestehender Betreibungen zu vermeiden.

Neue Notfalldefinition

Damit ist das Geschäft bereit für die Schlussabstimmungen. Lanciert worden war die Revision des Krankenversicherungsgesetzes mit einer Standesinitiative des Kantons Thurgau. Diese vor bald sechs Jahren eingereichte Initiative wollte die Vollstreckung der Prämienzahlungspflicht der Versicherten ändern.

Am heftigsten gestritten wurde in der Folge über die Frage, ob es für Kantone weiterhin möglich sein soll, Listen zu führen für Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlten. Nur äusserst knapp sprachen sich National- und Ständerat gegen die Abschaffung solcher Listen säumiger Prämienzahlender aus.

Personen auf den Listen erhalten nur in Notfällen medizinische Behandlungen. Eine Notfallbehandlung liegt nach neuer Definition dann vor, wenn die Behandlung nicht aufgeschoben werden kann. Dies ist der Fall, wenn die versicherte Person ohne sofortige Behandlung gesundheitlichen Schaden oder den Tod befürchten muss oder die Gesundheit anderer Personen gefährden kann.

Kein Verbot von schwarzen Listen

Rund 160'000 Personen bezahlen ihre Krankenkassenrechnungen nicht. Aktuell gibt es schwarze Listen in den Kantonen Aargau, Luzern, Tessin, Thurgau und Zug. In Graubünden, Schaffhausen, Solothurn und St. Gallen wurde das Instrument wieder abgeschafft. Der Bundesrat, 19 Kantone und die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) wollten die Listen abschaffen.

Die Mehrheit im Parlament wollte es den Kantonen jedoch insbesondere aus föderalistischen Überlegungen weiterhin ermöglichen, Listen zu führen. Der Kanton Thurgau beispielsweise zeige, dass die Listen funktionierten, sagte Nationalrat Christian Lohr (Mitte/TG). Dort sei die Zahl der säumigen Prämienzahlenden seit Einführung zurückgegangen. Die Gemeinden seien mit den betroffenen Personen im Gespräch. "Das Case Management funktioniert."

Konsens herrschte im Parlament darüber, dass Minderjährige nicht auf solchen schwarzen Listen geführt werden sollen. Seit Anfang 2021 hat kein Kanton mehr Minderjährige in die Listen aufgenommen.

Junge Erwachsene von Haftung befreit

Schnell einig waren sich die Räte auch darin, dass die Zahl der Betreibungen auf zwei pro Jahr begrenzt werden soll. Die Kantone, die dies möchten, sollen die Verlustscheine für neunzig Prozent der Forderung von den Versicherern übernehmen und selber bewirtschaften können. Damit wird die ursprünglich einzige Forderung der Thurgauer Standesinitiative umgesetzt.

Schliesslich sollen junge Erwachsene nicht mehr für die Prämien haften, die von ihren Eltern nicht bezahlt wurden, so lange sie minderjährig waren. Zudem wurde im Gesetz verankert, dass Minderjährige für Krankenkassenprämien und Kostenbeteiligungen nicht mehr belangt werden können. (sda/hzi/kbo)