- Die BVG-Reform wird aufgrund der Einführung von Rentenzuschlägen zu einem erheblichen administrativen Aufwand führen.
- Rafael Lötscher, CEO von Pensexpert, kritisiert, dass ohne zentralisiertes Register ein ineffizientes System entsteht, das hohe Verwaltungskosten verursachen könnte.
- Er fordert digitale Lösungen und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für Versicherte, um die Reformen sinnvoll zu gestalten.
Wenn die BVG-Reform angenommen wird: Wie sollen die Rentenzuschläge in der Praxis berechnet und ausgezahlt werden?
In der praktischen Umsetzung würde man mit dieser Reform ein weiteres administratives Monster kreieren. Vieles ist noch unklar, was die Umsetzung angeht. Wir wissen noch nicht genau, wie die Rentenzuschläge berechnet werden sollen, wer die Voraussetzungen für den Zuschlag bekommt, also wie genau ein Versicherter oder eine Versicherte unter oder über die Schwellenwerte von 220’500 respektive 441’000 Franken an Vorsorgekapital kommt, ob und wie irgendwelche Vorbezüge oder freiwillige Einzahlungen berücksichtigt werden sollten, und noch vieles mehr.
Wie werden die Zuschläge ermittelt, wenn jemand mehrere 1e-Verträge bei verschiedenen Anbietern hat und das Pensionskassenvermögen bei wieder einer anderen Kasse liegt?
Um das effizient handhaben zu können, muss ein zentrales Register entstehen, wo man die Vorsorgeguthaben der Versicherten einsehen kann. Aber davon redet man in der Schweiz schon seit 30 Jahren, doch nach wie vor findet kein automatisierter Datenaustausch unter den Pensionskassen statt.
Ohne ein solches Register muss jeder Einzelfall individuell geprüft werden?
Im Moment ist es so vorgesehen, dass jemand, der diesen Zuschlag bekommen möchte, von sich aus einen Antrag stellen und alle erforderlichen Daten zur Prüfung seines Anspruchs beibringen muss. Daran werden viele Versicherte, die sich mit der Thematik gar nicht auseinandersetzen wollen oder können, möglicherweise bereits scheitern. Am Ende haben wir dann gar einen grossen, über Lohnbeiträge gefüllten Topf für die Auszahlung der Zuschläge, und dieser wird nicht von allen Berechtigten abgerufen. So oder so: Die Pensionskassen müssen ihrerseits natürlich jeden Einzelfall prüfen, was einen enormen Aufwand bedeutet und sicher nicht dazu beitragen wird, dass die Verwaltungskosten sinken.
Es klingt, als wären Sie nicht traurig, wenn die Reform vom Volk abgelehnt würde?
Jein, aber für mich ist das halt keine wirkliche Reform, sondern vielerorts ein Nachjustieren an bereits geschaffenen Realitäten. Das Hauptziel, die Umverteilung von Erwerbstätigen zu Rentnern zu reduzieren, wird mit den drohenden Lohnbeiträgen ja gleich wieder erhöht.
Wie können sinnvolle Reformen aussehen?
Drei Themen müssten unbedingt vorangetrieben werden: Als Erstes die Digitalisierung und der automatisierte Datenaustausch. Dieser Papierkrieg, der beispielsweise mit einem Arbeitsplatzwechsel einhergeht, ist anachronistisch! Da ist die AHV deutlich weiter, und ich weiss nicht, warum das die Pensionskassen nicht hinkriegen. Da könnte die Effizienz enorm gesteigert werden, was auch Kosten spart. Zweitens wünsche ich mir etwas mehr Mitbestimmung rund um die Anlage meines Pensionskassengeldes. Für viele ist dies einer der grössten persönlich erarbeiteten Vermögenswerte überhaupt, aber ohne konkrete Mitbestimmungsmöglichkeit. Und drittens wäre die Einführung des Splittings der BVG-Vermögen eine sinnvolle Reform. Auch davon spricht man schon seit Jahren, doch niemand packt es an.
Was würde das für Vorteile bringen?
Wenn man die Gelder zwischen Eheleuten bei Renteneintritt analog der AHV entsprechend aufteilen würde, hätte das enorme Nebeneffekte, denn dann verfügen beide Ehepartner über einen gewissen Anteil des Vorsorgegeldes. Dann müsste man den Umwandlungssatz eigentlich gar nicht mehr senken, denn dort ist ja ein gewisser Teil für Ehegatten- und Waisenrenten eingerechnet, der dann wegfiele oder zumindest deutlich schrumpfen würde.
Dieser Beitrag erschien erstmals am 27. Juni 2024 im HZ Insurance Print Special Pensionskasse.