Schon die kleinsten Schrottteile im Weltraum können Satelliten ausser Gefecht setzen. Abgesplitterte Lackpartikel, abgefallene Schrauben oder verlorene Werkzeuge verwandeln sich bei Geschwindigkeiten von zehntausenden Kilometern pro Stunde zu zerstörerischen Geschossen. Problematisch ist, dass immer mehr solcher Müll im Orbit herumfliegt. Für die Betreiber von Satelliten sind die Risiken gestiegen - auch weil es kaum noch Versicherer gibt, die die Flugkörper absichern wollen.

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«Für uns Versicherer ist das ein echtes Problem», sagt Richard Parker, Mitgründer von Assure Space, einer Tochter des US-Versicherers AmTrust Financial. «Eine Deckung zu erhalten wird immer schwieriger, da Versicherer zunehmend erkennen, dass sie ein erhebliches Risiko eingehen.» AmTrust Fiancial stieg aus dem Geschäft mit Versicherungen von Satelliten in der niedrigen Erdumlaufbahn mit einer Höhe von bis zu 2000 Kilometern aus. Die wenigen Policen, die AmTrust Financial seither verkauft hat, schliessen Kollisionsschäden aus. Auch die Allianz ist in dem Nischengeschäft tätig. Alleine der zunehmende Weltraumschrott sei aber kein Grund, sich aus dem Markt zurückzuziehen, heisst es bei den Deutschen.

Über 40 Prozent der Satelliten sind nicht aktiv

Mehr als 8000 Satelliten umrunden inzwischen die Erde, um Nachrichten, Karten, Videos und wissenschaftliche Daten an uns Menschen zu senden. Die Zahl der aktiven Satelliten hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Der Milliardär Elon Musk schiesst über seine Firma SpaceX immer mehr solche Flugkörper ins All, um dort ein ganzes Satelliten-Netzwerk zu schaffen für einen umfassenden Internetzugang auf der ganzen Welt. Ob die Geräte im Orbit versichert sind, will SpaceX nicht sagen. Auch grosse Technologie-Firmen wie Google, Apple und Amazon sowie Telekommunikations-Dienstleister nutzen vermehrt Satelliten zur Übertragung von Daten.

Mehr als 40 Prozent der Himmelskörper sind aber laut der Analysefirma Seradata gar nicht mehr aktiv, weil sie zu alt oder kaputt gegangen sind. Aufgeräumt oder abgebaut werden sie nicht. So sammelt sich seit der ersten Weltraummission vor sechs Jahrzehnten immer mehr Müll im Weltall an. Organisationen wie die European Space Agency (ESA) schätzen, dass etwa 8000 Tonnen Weltraumschrott im Orbit herumrasen, die Satelliten beschädigen und Astronauten gefährden. Nicht nur die ESA arbeitet daher mit Hochdruck an Systemen, um den Müll aus der Umlaufbahn zu holen.

Lukrative Nische für Versicherer

Versicherungen von Satelliten bergen zwar hohe Risiken, sie sind aber auch eine lukrative Nische für Versicherungskonzerne. 2020 nahmen diese laut Seradata auf hier 475 Millionen Dollar Prämien ein und mussten Schäden in Höhe von 425 Millionen Dollar abdecken. Die Beiträge seien eben auch zehn bis 20 Mal höher als in der Luftfahrt, sagt Peter Elson, Chef des Maklers Gallagher Aerospace.

In der Vergangenheit schützten Policen die Satelliten während ihres gesamten Orbitlebens vor Verlusten, Misserfolgen oder Schäden, aber nicht vor Umsatzverlusten durch Ausfälle. Zudem gab es Haftpflichtversicherungen, falls ein Flugkörper einen anderen beschädigt oder beim Rückflug in die Atmosphäre Schäden am Boden verursacht. Derzeit haben nur noch etwa die Hälfte der neu ins All beförderten Satelliten solche Versicherungen, wie Axa-Manager Denis Bousquet schätzt. Insider erwarten, dass bei immer mehr Policen Kollisionsschäden ausgeschlossen werden und immer weniger Satelliten überhaupt versichert werden können.

Höhere Kosten für den Steuerzahler

Experten gehen aber auch davon aus, dass neue Spieler in den Markt kommen und die Angebotsknappheit beenden. Bis es soweit ist, könnten Unternehmen, Universitäten und Regierungen und damit der Steuerzahler stärker zur Kasse geben werden. Im Juni genehmigte etwa die Export-Import Bank of the United States (EXIM), die den Aussenhandel mit US-Produkten finanziert und das Kreditrisiko übernimmt, einen Kredite in Höhe von 80,7 Millionen Dollar für einen SpaceX-Start sowie eine Start- und In-Orbit-Versicherung für das spanische Kommunikationsnetzwerk Hispasat.

(reuters/hzi/gku)