Routine zahlt sich bei medizinischen Eingriffen aus. Geübte Ärzte und ihre medizinischen Teams erzielen vor allem bei komplexen Eingriffen bessere Behandlungsergebnisse. Dies ist im Rahmen von wissenschaftlichen Studien belegt.

Der Frage, wie oft ein Eingriff mindestens durchgeführt werden muss, um ein qualitativ gutes Ergebnis zu erhalten, ging eine wissenschaftliche Studie von Dr. Daniel Zahnd im Auftrag der Groupe Mutuel nach. So wurde der Zusammenhang zwischen Routine der Ärzte und dem Sterberisiko der Patienten bei 25 Krankheitsgruppen untersucht. Bei zehn medizinischen Eingriffen stellte die Studie einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Fallzahl und der Sterblichkeit der Patienten fest. Zudem konnte der Autor die Mindestfallzahlen für medizinische Eingriffe herleiten, bei denen gesamtschweizerisch eine mindestens durchschnittliche Behandlungsqualität zu erwarten ist.

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Mindestfallzahlen kaum erfüllt

Die heute gültigen Mindestfallzahlen in der Schweiz, die in den Spitalplanungs-Leistungsgruppen (SPLG) zur Anwendung kommen, basieren auf Literaturanalysen. Dies entspricht dem bisher üblichen pragmatischen Ansatz in solchen Fällen. Zudem kann man Erkenntnisse aus anderen Ländern auch auf die Schweiz übertragen.

Die nun in der vorliegenden Studie erstmals gewonnen Mindestfallzahlen basieren auf Zahlen des Bundesamtes für Statistik der Jahre 2017 bis 2019 mit 258 Datensätzen von Akutspitälern. Vergleicht man die so gewonnenen Zahlen mit den Mindestfallzahlen der Spitalplanungs-Leistungsgruppen (SPLG) der Kantone, zeigen sich grosse Unterschiede. Bloss ein geringer Teil der Spitäler erreicht die von der vorliegenden Studie berechneten Mindestfallzahlen. Es sind vor allem Regional- und Bezirksspitäler, welche die Fallzahlen nicht erreichen. «Das Problem ist grösser als bisher angenommen wurde», sagt Studienautor Zahnd. 

In der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2020 ging man noch davon aus, dass im Jahr 2018 gut 46 Prozent der Spitäler die geforderten Mindestfallzahlen der SPLG nicht erreicht hatten. Die Studie kommt zum Schluss: Mit den ermittelten Mindestfallzahlen liessen sich bei den zehn untersuchten medizinischen Eingriffen jedes Jahr mehr als 270 Todesfälle verhindern. Der grösste Unterschied zwischen den wünschbaren und den heute in den Spitälern angewendeten Mindestfallzahlen findet sich bei der Entfernung der Harnblase. 40 Spitäler erreichen die von der Studie erhobenen Mindestfallzahlen nicht. Lediglich drei Spitäler erreichen die Mindestzahl von 26 Operationen pro Jahr.

Reformen im Spitalbereich vorantreiben

Bei Hüft- und Kniegelenkersatz fordern die SPLG mindesten 50 Behandlungen pro Jahr. Die empirisch berechneten Werte der Studie liegen beim Hüftgelenk-Ersatz bei mindestens 303 und beim Kniegelenkersatz bei 225 pro Jahr. «Aufgrund der gefundenen Zusammenhänge und dem grossen Unterschied zu den in der Spitalplanung vorgegebenen Mindestfallzahlen wäre es wünschenswert, die strukturellen Reformen im Spitalbereich voranzutreiben», sagt Dr. Daniel Zahnd. «Die Studie zeigt, dass die Routine ein wichtiges Element für einen erfolgreichen Eingriff ist. Zusätzlich braucht es weitere qualitätsfördernde und patientenorientierte Massnahmen. Wir sind unseren Versicherten verpflichtet und möchten, dass diese bestmöglich behandelt werden. Daher fördern wir Studien und Projekte, welche die Qualität der Eingriffe und damit das Patientenwohl ins Zentrum stellen», sagt Thomas Boyer, CEO der Groupe Mutuel. (pm/hzi/sec)