Herr Veress, ohne Digitalisierung und AI geht heutzutage praktisch nichts mehr. Wie nutzt Liechtenstein Life diese Technologien, um die Produkte in der Vermögensverwaltung effizienter, transparenter und vor allem sicherer zu gestalten?
Wir verfolgen einen 360 Grad-Ansatz, der Kunden, Vermittler und Prozesse berücksichtigt. Für Kunden bedeutet das: Bei allen technologischen Innovationen steht neben einem optimalen Kundenerlebnis die Transparenz im Mittelpunkt: Unsere Apps, Webseite und digitalen Tools ermöglichen ihnen, Informationen zu jeder Zeit zu erhalten, oder Fragen oder Herausforderungen digital zu adressieren. Anfragen zu aktuellen Portfolioentwicklungen, zur Einsicht aller Versicherungsunterlagen, Leistungsansprüche oder der Bedarf nach fachlicher Beratung können ohne Verwaltungsaufwand innerhalb kürzester Zeit beantwortet werden.
Bei allen technologischen Innovationen steht neben einem optimalen Kundenerlebnis die Transparenz im Mittelpunkt.
Aron Veress, CEO Liechtenstein Life.
So stellen wir sicher, dass Missverständnisse oder Fehlinformationen in der Beratung vermieden werden. Aus unserer Sicht ist dies die effektivste Massnahme, um zu gewährleisten, dass die Beratung tatsächlich den Bedürfnissen der Kundschaft entspricht. Maximale Transparenz gegenüber unserer Kundschaft ist für uns zentral und viele positive Rückmeldungen unserer Kunden bestärken uns darin.
Vermittler unterstützen wir mit digitalen Tools bei ihrer Arbeit, um Kunden effizienter und passgenauer zu beraten. Diese können beispielsweise Veränderungen in der Lebenssituation der Kundschaft besser nachvollziehen, individuelle Lösungen anbieten und so dafür sorgen, dass das Anlageportfolio die Ziele des Kunden und aktuelle Entwicklungen widerspiegelt. Wir halten uns bewusst aus dem Kommunikationsprozess heraus und agieren primär als eine Plattform. Darüber können Kundinnen und Kunden ihre Anliegen direkt an den Vermittler senden, der es in Echtzeit einsehen kann.
Zudem optimieren wir kontinuierlich unsere internen Prozesse. Durch die Digitalisierung können wir Kosten senken, was wiederum den Kundinnen und Kunden zugutekommt. Unternehmen, die sich nicht weiter digitalisieren, werden es langfristig schwer haben, wettbewerbsfähige und innovative Produkte für den Privatkunden anzubieten – davon bin ich überzeugt.
Und abschliessend konkret zur Vermögensverwaltung: Mit der St. Galler Kantonalbank SGKB verbindet uns eine langjährige Zusammenarbeit, sie ist eine unserer wichtigsten Depotbanken. Da ist der gesamte Prozess vollständig digitalisiert. Wenn ein Kunde beispielsweise von einem ETF-Portfolio in ein anderes wechseln möchte, läuft die Transaktion automatisch ab, und die Bank führt sie bereits am nächsten Tag aus. Diese Automatisierung ist für uns essenziell – wir könnten sonst keine so breite Fondsauswahl anbieten könnten.
Wie unterstützen Sie Ihre Kunden, ihre Finanzplanung optimal zu gestalten und dabei typische Fehler zu vermeiden?
Tatsächlich entstehen die meisten Fehler nicht bei der Produktauswahl, sondern bei der Einschätzung der persönlichen Situation, der individuellen Bedürfnisse und durch Wissenslücken zu den Stärken und Schwächen von Vorsorgeinstrumenten. Häufig wird beispielsweise die Relevanz der Langfristigkeit von Investitionen in die eigene Vorsorge falsch eingeschätzt. Vielen ist nicht bewusst, dass es sich oft um eine gebundene, aber immer um eine langfristige Vorsorge handelt und daher eine Einzahlung einer durchdachten Planung bedarf. Deshalb setzen wir auf drei zentrale Massnahmen: Das sind einerseits verständliche juristische Dokumente. Klar: Kaum jemand liest die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB), aber wir kennen die strengeren Transparenzvorgaben aus Deutschland und wenden diese freiwillig auch in der Schweiz an.
Vor eineinhalb bis zwei Jahren war das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde. Heute scheint es tatsächlich etwas von der Agenda verschwunden zu sein, obwohl sich an seiner Relevanz nichts geändert hat.
Aron Veress, CEO Liechtenstein Life.
Die vorvertragliche Informationen bilden den zweiten Bestandteil unserer Massnahmen. Die Schweiz führt nun Basisinformationsblätter ein, die in Europa bereits Standard sind. Dennoch verstehen viele Kunden diese nicht vollständig. Deshalb bieten wir in unserer App eine umfassende Übersicht. Wo ist der Kunde investiert? Wie hoch ist das Fondsvermögen? Welche Ablaufleistung oder potenzielle Rente kann er erwarten? Auf all diese Fragen findet der Kunde präzise Antworten. Die dritte Massnahme umfasst unsere Beratung, die ausschliesslich über unabhängige Vermittler erfolgt. Für sie bewährt sich unsere digitale Antragserfassung, um die finanzielle Situation und Bedürfnisse der Kunden besser zu analysieren und gezielte Empfehlungen auszusprechen.
Auch wenn es zurzeit nicht mehr gerade en vogue ist: Wie nachhaltig sind Ihre Investments in Vorsorgelösungen?
Vor eineinhalb bis zwei Jahren war das Thema Nachhaltigkeit in aller Munde. Heute scheint es tatsächlich etwas von der Agenda verschwunden zu sein, obwohl sich an seiner Relevanz nichts geändert hat. Dabei kommt es sehr auf die Definition des Begriffs Nachhaltigkeit an. Wir orientieren uns an den Vorgaben der Europäischen Union mit Artikel 6 (nicht nachhaltig), Artikel 8 (nachhaltige Aspekte berücksichtigt) und Artikel 9 (strenge Nachhaltigkeitskriterien). Unsere Anlagen entsprechen grösstenteils Artikel 8. Besonders bei Garantieoptionen investieren wir ausschliesslich nachhaltig gemäss Artikel 8. Artikel 9 ist unseres Erachtens so streng ausgelegt, dass unser Anlageuniversum durch die Einschränkungen eine optimale Diversifikation nicht mehr zulassen würde. Deshalb haben wir uns beim überwiegenden Angebot für unsere Kunden bewusst für Artikel 8 entschieden.
Sie können mittlerweile weit über 100’000 Kunden ausweisen. Was war der Schlüssel zu diesem Erfolg?
Unser Wachstum basiert auf drei entscheidenden Faktoren. Erstens, Fokus: Wir haben uns von vielen Geschäftsfeldern verabschiedet und uns auf die Absicherung für junge Berufseinsteiger und auf Lösungen zur Vermögens- und Nachfolgeplanung vor Renteneintritt spezialisiert. Zweitens, das Hybridmodell: Wir setzen nicht auf einen rein digitalen Vertrieb, sondern sehen den Vermittler als wichtigen Bestandteil der Beratung. Unsere digitalen Prozesse sind jedoch zentral für eine effizientere und schnellere Abwicklung. Und drittens, Unabhängigkeit: Auch wenn das Portfolio eines typischen Kunden definitiv nicht eine Auswahl aus dreihundert Fonds benötigt, erachten wir es als essenziell, den Kunden mit einem umfassenden Fondsuniversum langfristig Wahlfreiheit zu bieten.
Sie sind neben ihrem Heimmarkt in Liechtenstein auch in Deutschland und in der Schweiz aktiv. Wie passen Sie Ihre Lösungen an die gesetzlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Länder an?
Wir passen unsere Produkte in jedem Land individuell an. Beispielsweise unterliegen unsere Schweizer 3a-Lösungen den Vorgaben der Finma und des Schweizer Rechts. Gleiches gilt für unsere deutschen Produkte, die den Bafin-Vorgaben und deutschen Recht entsprechen.
Welche Expansionspläne haben Sie?
Wir wollen vor allem in unseren Kernmärkten mit neuen Produkten und Innovationen weitere Kundensegmente erschliessen. Wir sehen weiterhin grosses Wachstumspotenzial in Deutschland. Vor allem im Bereich Erben und Schenken eröffnet sich in Deutschland in den kommenden Jahren ein Milliardenmarkt für spezielle Versicherungen, die auch für die Nachlassplanung eingesetzt werden können. Liechtenstein Life gehört zu den Pionieren in diesem Segment und ist damit für die kommenden Jahre hervorragend aufgestellt.
Wie steht es um Südeuropa?
In den meisten Ländern Südeuropas gibt es kaum private Vorsorgelösungen, da sich der Staat stark engagiert. Hier stellt sich die Frage nach der Nachhaltigkeit solcher Systeme. Interessanterweise suchen gerade wohlhabendere Personen aus diesen Ländern nach stabileren Anlageorten – eine Entwicklung, die wir genau beobachten.
Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Kunden Totalverluste vermeiden können?
Oft schenken wir dem Status des Vermittlers als unabhängige Instanz wenig Beachtung. Qualifizierte Vermittler führen nicht nur verpflichtende Beratungsgespräche vor dem Abschluss langlaufender Policen durch, sondern stellen auch sicher, dass die Produktwahl und Konfiguration die tatsächlichen Bedürfnisse des Kunden abdeckt. Die Finma und der Gesetzgeber haben gerade seit letztem Jahr wesentliche Änderungen und Verbesserungen zur Überwachung von Versicherungsvermittlern vorgenommen – explizit mit dem Ziel die Qualität der Beratung weiter zu erhöhen. Gerade deswegen betonen wir immer wieder den Wert der unabhängigen Beratung.
Gleichwohl dürfen sich Kunden auch nicht gänzlich aus der Verantwortung nehmen. Vorsorgeprodukte setzten durchdachte langfristige Entscheidungen voraus. Entsprechende Hinweise und Informationen stellen wir mit gutem Grund transparent zur Verfügung. Kunden, die einen kurz-, oder mittelfristigen Liquiditätsbedarf erwarten, sollten keineswegs in einem Vorsorgeprodukt veranlagen.