Herr Müller-Brunner, in Ihrem Vorwort zum eigenen Asip-Weiterbildungsprogramm sprechen Sie davon, dass längst nicht alle Angebote im Markt den Qualitätsansprüchen genügen. Das wirkt etwas schulmeisterlich. 

Überhaupt nicht. Zum Glück gibt es ein sehr breites Angebot mit verschiedenen Kanälen, über die diese Aus- und Weiterbildungsangebote verbreitet werden. Sorge bereitet uns einfach, dass gewisse Veranstaltungen für Stiftungsrätinnen und -räte, die zwar als Weiterbildung deklariert werden, tatsächlich eher einen Marketing-Charakter aufweisen und den Veranstaltern auch als Verkaufsplattform dienen können. 

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Und diese sortieren Sie aus.

Exakt. Aufgrund unserer Abstützung als Branchenverband sind wir in der Lage, den Mitgliedern des obersten Organs etwas durch diesen Dschungel zu helfen und darauf hinzuweisen, worauf man achten sollte.

«Das ist keine Frage der Fitness.»

Lukas Müller-Brunner, Direktor Asip.

Unsere Broschüre verstehen wir als Weiterbildungsprogramm mit Filterfunktion.

Haben Sie grundsätzlich das Gefühl, dass die Stiftungsrätinnen und Stiftungsräte zu wenig fit sind auf ihrem Gebiet in der beruflichen Vorsorge?

Ganz im Gegenteil, denn bereits im Gesetz ist sowohl eine obligatorische Aus- als auch eine Weiterbildungspflicht verankert. Im Rahmen dieser Pflicht gehört es zu einer guten Governance des obersten Organs einer Vorsorgeeinrichtung, sich mit neuen Inhalten, mit Denkanstössen, vielleicht auch mal mit einem kritischen Votum auseinanderzusetzen. Das ist keine Frage der Fitness. 

Die berufliche Vorsorge stützt sich stark auf das Milizsystem. Mit diversen Kursen unterstützen Sie dieses gezielt. Warum braucht es hierfür spezialisierte Kurse?

Ich sehe das Milizsystem als eines der Erfolgsgeheimnisse der zweiten Säule. Es stellt sicher, dass wir die richtigen Leute in diesen Funktionen haben. Als Branchenverband wollen wir sicherzustellen, dass diese Personen sich kompetent weiterbilden und ihr Wissen auffrischen können. Gleichzeitig sollen sie sich kritisch mit Entwicklungen in der zweiten Säule auseinandersetzen. Deshalb haben wir spezialisierte Bildungsangebote ins Programm aufgenommen. Das ist auch nach Ansicht unserer Mitglieder sehr wertvoll und für die Praxis relevant. 

Sie führen auch Kurse für Governance auf. Ist hier eine stärkere Sensibilisierung spürbar? 

Um die Beschäftigung mit Governance kommt man nicht herum, wenn man sich als Stiftungsrätin oder Stiftungsrat weiterbildet. Das Spektrum ist aber breiter: Es reicht vonAnlagethemen über die Rolle des technischen Zinssatzes bis zu neuen Regulierungsrichtlinien, die in der föderal organisierten beruflichen Vorsorge von unterschiedlichen Aufsichtsorganen erlassen werden. Insofern sind Governance-Fragen ein wichtiger, aber kein allein dominierender Teil der Weiterbildung.

Einzelne Kurse richten ihren Fokus auf Weisungen der Oberaufsichtskommission. Wie gelingt es, diese Themen so zu vermitteln, dass sie den Stiftungsrätinnen und Stiftungsräten eine solide Entscheidungsbasis ermöglichen?

Regulierung soll in erster Linie dort zur Anwendung kommen, wo überhaupt Probleme bestehen und eine Selbstregulierung nicht möglich ist. Sonst wird die Entscheidungsfreiheit des obersten Organs ungebührlich eingeschränkt. Als Branchenverband stehen wir aber regelmässig im Austausch mit verschiedenen Akteuren und können uns in Vernehmlassungen direkt einbringen . Ich sehe darin einen grossen Nutzen für Stiftungsrätinnen und Stiftungsräte . Darum erachte ich es als eine zentrale Aufgabe, unsere Mitglieder bei dieser Übersetzungsarbeit von Regulierung in praktische Anwendung mit massgeschneiderten Angeboten intensiv zu unterstützen.

Man hört oft, Onlineformate sollen für Milizorgane die Schwelle für Weiterbildung senken. Sehen Sie das auch so?

Ein gutes und breit abgestütztes Aus- und Weiterbildungsprogramms enthält sowohl ein digitales wie auch ein physisches Angebot. Es gibt einerseits Themen, beispielsweise ein Update auf der Anlage- oder auf der Passivseite, die in ein Onlineformat passen und miliztauglich sind. Anderseits funktioniert etwa in Erfahrungsaustausch unter Präsidentinnen und Präsidenten von Stiftungsräten, bei dem Kennenlernen, Kontaktpflege und der informelle Austausch im Zentrum stehen, als Präsenzanlass besser. Deswegen achten wir bewusst auf dieses Nebeneinanderund schöpfen alle Möglichkeiten aus. 

«Wie bei der Governance geht es darum, neue Trends und Entwicklungen aufzuspüren und einzubringen.»

Lukas Müller-Brunner, Direktor Asip.

Ein Erfahrungsaustausch unter Präsidentinnen und Präsidenten von Stiftungsräten etwa, bei dem es um Kontaktpflege und ums Kennenlernen geht und wo auch ein informeller Austausch stattfinden kann, würde als Onlineangebot schlecht funktionieren. Deswegen achten wir bewusst auf eine Breite, um möglichst alle Interessen und Möglichkeiten von Stiftungsrätinnen und Stiftungsräten abzuholen.

ESG-Kriterien werden für Pensionskassen immer relevanter. Wie begegnen Sie diesem Umstand mit Ihrem Weiterbildungsangebot?

Der Asip hat die Bestrebungen der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen hin zum nachhaltigen Anlegen sehr früh begleitet und intensiv unterstützt. Mit der Veröffentlichung einer ESG-Wegleitung und dem «ESG-Reporting Standard für Pensionskassen» haben wir ein Mass an Transparenz, Qualität und Standardisierung erreicht, für das wir von vielen Seiten gelobt werden. Gerade vor ein paar Tagen hat PwC Schweiz in einer ESG-Marktstudie den Schweizer Pensionskassen gute Noten erteilt und wesentliche Fortschritte gemessen. Diesen erfolgreichen Weg der Selbstregulierung wollen wir weiterverfolgen, denn es geht noch besser. 

Der Asip arbeitet eng mit Partnern wie der Fachschule Personalvorsorge sowie der VPS-Epas-Academy zusammen. Wie trägt diese Kooperation zur Professionalisierung der zweiten Säule bei?

Die zweite Säule ist schon stark professionalisiert. Wie bei der Governance geht es darum, neue Trends und Entwicklungen aufzuspüren und einzubringen. Dabei achten wir darauf, Organisationen auswählen, die das richtige Gespür und die notwendige Unabhängigkeit bei der Auswahl und Aufbereitung der Themen haben. Darüber hinaus arbeiten wir auch sehr partnerschaftlich mit anderen Akteuren zusammen. Insofern ist unser Programm keine Black- oder Whitelist. 

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