DWS arbeitet mit Pensionskassen, Versicherungen und anderen institutionellen Anlegern zusammen. Welchen Stellenwert haben diese für DWS im Verhältnis zu Privatkunden, Roman Knipprath?
Der Ursprung unseres Geschäfts hier in der Schweiz, aber auch insgesamt, ist sehr stark durch das Versicherungsgeschäft geprägt.
DWS hat bereits zu Beginn der Nullerjahre eine wichtige Transaktion durchgeführt, die den Grundstein gelegt hat, um einen signifikanten Asset-Pool zu akquirieren. Das zieht sich bis heute durch und macht aktuell rund einen mittleren zweistelligen Prozentsatz unserer globalen Assets under Management aus.
Welche Herausforderungen muss DWS in der Schweiz nach dem Start des US-Handelskriegs meistern, Sven Württemberger?
Nach dem Liberation Day ergeben sich zwar Herausforderungen, aber auch gute Chancen.
Die DWS Group (DWS) ist mit einem verwalteten Vermögen von 1010 Milliarden Euro (Stand 31. März 2025) ein führender Vermögensverwalter in Europa mit globaler Reichweite. Mit rund 4700 Mitarbeitenden an Standorten in der ganzen Welt bietet DWS Privatpersonen, Institutionen und grossen Unternehmen Zugang zu Anlagelösungen und massgeschneiderten Portfolios über das gesamte Spektrum der Anlagedisziplinen hinweg.
Sven Württemberger ist Chief Executive Officer der DWS CH AG und Head of Client Coverage für die Schweiz und Israel. Zudem ist er als Switzerland Country Officer tätig und Mitglied der Geschäftsleitung der DWS CH AG. Er leitet ein Team von rund vierzig Mitarbeitenden.
Roman Knipprath ist Head Insurance Clients bei DWS. Er hat bereits auf HZ Insurance als Gastautor gewirkt. (pd/ajm).
Die hohe Volatilität hat zuallererst das passive Geschäft, das ETF-Geschäft, beeinträchtigt. Dies aus einem einfachen Grund: Hier kann sehr schnell agiert werden. Das haben viele private Investorinnen und Investoren aus verschiedensten Gründen für sich genutzt. Private haben sich vor allem von ihrem US-Exposure getrennt, aber auch zeitnah wieder allokiert, nachdem die Erholung nicht auf sich hat warten lassen.
Und die institutionellen Anleger?
Württemberger: Institutionalisierte Kunden haben generell Ruhe bewahrt und weitestgehend wenig taktische Reallokationen vorgenommen.
«Als europäisches Haus ist es für uns natürlich interessant gewesen, zu sehen, wie sich die Asset-Volumen in Richtung europäischer Werte verlagerten.»
Sven Württemberger, CEO DWS Schweiz
Wohin haben sie sich bewegt?
Württemberger: Wir sahen Zuwachs auf der Fixed-Income-Seite, in kurzläufige Anleihen, in Treasuries, aber auch Umorientierung in den Euro-Raum. Und selbstverständlich stellten wir bei DWS auch ein weiterhin starkes Interesse an Gold fest.
Und wie sah es bei Pensionskassen und Versicherungen aus?
Württemberger: Viele nahmen eine Wait-and-see-Position ein und haben das ausgesessen. Bei diesen Kunden haben wir eigentlich nicht sehr viele Transaktionen wahrgenommen.
Aber es gab selbstverständlich auch Opportunitäten, zum Beispiel bei Real Estate. Dieser Bereich wurde wieder neu entdeckt. Ausserdem kam es auch bei Versicherungen und Pensionskassen zu einer Bewegung, weg von den USA, hin zu Europa.
Als europäisches Haus ist es für uns natürlich interessant gewesen, zu sehen, wie sich die Asset-Volumen in Richtung europäischer Werte verlagerten. Dieser Trend nach Europa hält auf den Märkten weiter an.
Aber dieser Trend hatte eigentlich schon vorher eingesetzt …
(Nickt) Klar – aber er hat sich noch weiter akzentuiert.
«Zugegeben, wir haben eine turbulente Zeit, aber wir reden nicht von Crash-Verhältnissen wie zum Beispiel während der Finanzkrise 2007/08»
Roman Knipprath, Head Insurance Clients bei DWS
Wie geht es nun weiter?
Württemberger: Die Zahlen des ersten Quartals 2025 waren sehr stabil. Wir werden sehen, welchen Effekt das alles längerfristig hat: Jetzt hatten wir einen V-Shape. Wie es weitergeht, bleibt abzuwarten.
Wie nervös sind die Assetmanager von Versicherungen und Pensionskassen momentan, Roman Knipprath?
Eingeschränkt nervös, würde ich sagen. Zugegeben, wir haben eine turbulente Zeit, aber wir reden nicht von Crash-Verhältnissen wie zum Beispiel während der Finanzkrise 2007/08 oder Corona. Von daher hält sich das in Grenzen.
Im Vergleich mit der Hochzinsperiode vor rund zwei Jahren herrscht heute eine ganz andere Situation: Die jetzigen Marktverwerfungen sind zwar unangenehm, aber langfristige Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen haben eine ausbalancierte strategische Asset-Allocation.
Doch Assetmanager agieren häufiger, oder?
Knipprath: Auf der Pensionskassen-Seite hat man schon hier und dort ein bisschen mehr Aktivität gesehen. Aber das würde ich sehr stark in die Kategorie Rebalancing einordnen und weniger als «hektische Aktivität» aufgrund der Marktereignisse.
Wenn die Aktienquoten sinken, sehen viele die Möglichkeit oder auch die Notwendigkeit, ihre Aktienquote auszubalancieren.
Einige Ökonomen reden von einem Anlagenotstand für Pensionskassen, um die notwendige Rendite zu erzielen. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Württemberger: Ich will es nicht so dramatisch formulieren. In den Dialogen, die wir mit Pensionskassen haben, nehme ich das differenzierter wahr. Und ich glaube auch, dass das gegenwärtige Umfeld eine ganze Reihe von neuen Opportunitäten bietet, die wir vorher gar nicht auf dem Schirm hatten.
Also kein Anlagenotstand?
Württemberger: Wenn ich mir die Ausschreibungslandschaft anschaue: Diese ist sogar stärker als in den letzten Jahren.
Knipprath: Ich glaube, man kann das noch ein bisschen differenzieren, wenn man eine reine «Schweizer-Franken-Brille» aufsetzt. Aufgrund der Hedge-Kosten geht ein erheblicher Teil der Rendite verloren.
Ich habe noch von keiner Pensionskasse gehört, dass sie nicht in der Lage wäre, sich auszufinanzieren und ihre Liabilities zu matchen. Das wäre mir neu.
Sie haben heute digitale Assets thematisiert. Wie gross ist das Interesse von institutionellen Anlegern an Kryptos, Stablecoins und Co.?
Württemberger: Es ist eine Evolution. Wir bei DWS haben digitale Assets seit einigen Jahren als strategisches Thema positioniert. Vom Retailkanal herkommend, verlagert sich das nun sehr stark in die institutionellen Kanäle.
Das Thema interessiert zunehmend: Wir sehen Portfolio-Manager, die innerhalb ihres Multi-Asset-Portfolios eine Allokation in Krypto machen.
Erste Assetmanager wagen den Schritt, Kryptos als Diversifikation einzusetzen. Unterdessen hält ein mittlerer, einstelliger Prozentbereich unserer institutionellen Kunden Kryptowährungen.
Bewähren sich Krypto denn als Diversifikationsmittel?
Natürlich war es während der jüngsten Verwerfungen spannend zu beobachten, wie sich diese digitalen Währungen schlagen: Wenn man sich die Volatilität des S&P 500 versus Bitcoin in der Woche nach dem Liberation Day anschaut, war die Volatilität des S&P 500 deutlich höher.
Kurzum: Es scheint zu einer Etablierung des Kryptogeschäfts zu kommen. Aber es ist noch ein weiter Weg.
Die Assetmanager von Versicherungen und Pensionskassen rechnen also nach dem Liberation Day nicht mit einer grossen Krise?
Knipprath: Am Ende des Tages bewegen wir uns immer noch in einem stabilen Rahmen: Es ist ja nicht gleich alles kollabiert. Vielmehr produzieren die Firmen weiter Gewinne. Falls es zu einer starken Rezession und Gewinneinbrüchen kommen sollte, herrscht selbstverständlich ein anderes Umfeld.
Doch Stand heute sehen das unsere Ökonomen nicht als gegeben. Man ist zwar etwas konservativer und vorsichtiger unterwegs, aber der Liberation Day hat keinen kompletten und fundamentalen Regime-Change hervorgerufen.