Die Ausgangslage könnte für Pensionskassen kaum besser sein. Bei den privatrechtlichen Kassen ist der Deckungsgrad in den ersten drei Quartalen 2021 gemäss Swisscanto-Monitor auf über 122 Prozent geklettert. Gleichzeitig sind die Reserven reichlich dotiert. Das würde es erlauben, bei der Vermögensanlage im kommenden Jahr etwas höhere Risiken einzugehen. Für Ariane Dehn, Head BNP Paribas Asset Management Schweiz, gilt es allerdings zu differenzieren: «Die Struktur jeder einzelnen Pensionskasse ist für die Anlagestrategie ausschlaggebend.» Eine regelmässige Asset-Liability-Analyse gibt Aufschluss über die Risikofähigkeit einer Vorsorgeeinrichtung. Trotzdem bleibt es für die Verantwortlichen einer Pensionskasse schwierig, die richtige Balance zwischen einer aggressiven Anlagestrategie und der nötigen Sicherheit für die Versicherten zu finden. Aus der Sicht von Anastassios Frangulidis, Head Multi Asset bei Pictet Asset Management, kann im Rahmen der definierten Risikofähigkeit in ertragsorientierte Bausteine investiert werden: «Es ist aber auch wichtig, dass genügend Investitionen in Anlagen getätigt werden, welche eine negative Korrelation zu den meisten Risikoanlagen ausweisen und in Stresszeiten dafür sorgen, die Verluste zu minimieren.» 

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Weniger Liquidität – mehr Rendite

Nachdem die Pensionskassen jüngst von den guten Börsen profitiert haben, geht es jetzt in der Praxis darum, die Stabilität des Portfolios zu sichern und gleichzeitig mit einer gezielten Diversifikation die Ertragsquellen zu erweitern. Um die zukünftigen Renten zu finanzieren, müssen die Vorsorgeeinrichtungen langfristig eine angemessene Rendite erzielen. Das ist im anhaltenden Tiefzinsumfeld keine einfache Aufgabe. Allerdings: Eine übermässig vorsichtige Anlagestrategie kann die finanzielle Gesundheit der Kasse gar schwächen. Für José Antonio Blanco, Head Investment Management bei Swiss Life Asset Manager, haben die Pensionskassen meist einen langfristigen Anlagehorizont und können ihren Liquiditätsbedarf weit im Voraus planen: «Sie sind damit nicht gezwungen, nur kurzfristig liquidierbare Anlagen zu halten, und können auch in Anlageklassen investieren, die zwar kurz- bis mittelfristig wenig Liquidität aufweisen, dafür aber attraktive Erträge ermöglichen.» 

Run auf Infrastrukturanlagen

Zahlreiche Pensionskassen haben in den letzten Jahren auf die veränderten Marktbedingungen reagiert und Anlageklassen mit ungünstigem Risiko-Ertrags-Profil vermindert. So beobachtet Pictet-Chefstratege Frangulidis, dass beispielsweise der Anteil an Staatsanleihen zugunsten von anderen Segmenten des Anleihenmarktes reduziert wurde. Für Swiss-Life-Finanzexperte Blanco gibt es zwar kein Patentrezept für Veränderungen im Portfolio, aber besonders Kassen mit einer gewichtigen Allokation zu Obligationen «sollten überprüfen, ob ein höherer Anteil von weniger liquiden realen Vermögenswerten das Rendite-Risiko-Profil verbessern könnte.» Derzeit nehmen vor allem die Infrastrukturanlagen an Fahrt auf. Seit einem Jahr fallen diese Investments bei den Anlagerichtlinien für Pensionskassen nicht mehr in die Kategorien der alternativen Anlagen. Die Vorsorgeeinrichtungen können jetzt bis zu 10 Prozent ihrer Vermögen in die neue Anlagekategorie investieren. «Beim Private Debt als Alternative zu den traditionellen Obligationen sehen wir eine starke Bewegung», sagt Ariane Dehn von BNP Paribas Asset Management. Covid-19 hat jedoch auch bei den Infrastrukturanlagen zu einer gewissen Verunsicherung geführt. Während etwa Flughäfen momentan leiden, bieten erneuerbare Energien aus Wind, Sonne und Abfällen gute Chancen, ebenso wie Telekommunikation und soziale Einrichtungen. 

Private Equity neu als eigene Anlageklasse

Im Bereich Private Equity eröffnen sich den Pensionskassen ab 1. Januar 2022 zusätzliche Möglichkeiten für Investments in nicht kotierte schweizerische Anlagen, mit einer Limite von 5 Prozent des Anlagevermögens. Damit werden politische Bestrebungen erfüllt, die schon vor Jahren auf einen Zukunftsfonds Schweiz zielten, der zukunftsträchtige Technologien fördert. Wie stark diese neue Kategorie künftig genutzt wird, hängt von der Risikofähigkeit einer Pensionskasse ab. Finanzexperten stufen die Erweiterung des Anlageuniversums um nicht traditionelle Anlagen wie etwa vorrangige Darlehen (Senior Loans) oder Infrastruktur als sinnvoll ein. «Alternative Anlagen haben in der jüngeren Vergangenheit an Kreditwürdigkeit deutlich zugelegt und den Nimbus des Obskuren abgelegt», sagt Franz Wenzel, Anlagestratege für institutionelle Kunden bei Axa Investment Managers. Für ihn liegt das nicht nur an den erwarteten höheren Erträgen, sondern insbesondere auch daran, dass diese Investitionen über längere Laufzeiten verfügen. Das ermöglicht eine stabilere Rendite und kompensiert damit den Malus der geringeren Liquidität. Axa-IM-Anlagestratege Wenzel gibt sich für das kommende Jahr optimistisch: «Die wirtschaftliche Erholung, die sich 2022 mit einem Wachstum um den langfristigen Trend fortsetzen wird, spricht im Allgemeinen für Aktieninvestitionen.» Aus seiner Sicht sollte das Augenmerk in der aktuellen Investitionsphase auf Titel mit stabiler Dividendenrendite gerichtet werden.