Es war zweifelsohne der gewichtigste Sesselwechsel des Jahres: Der Anfang Oktober verkündete Rücktritt von Fabrizio Petrillo als CEO der Axa Schweiz. Mit 56 Jahren, im besten Alter, hätte er es seinem Vorgänger gleichmachen können. Dieser war innerhalb des Konzerns aufgestiegen und übernahm beim französischen Versicherungsgiganten als Europachef eine noch prestigeträchtigere Funktion. Doch der Physiker wollte nicht mehr. «Wachstum, Profitabilität, Kundenzufriedenheit: Praktisch überall sind wir im Markt unter den Top drei, oft Nummer eins», liess er sich in der BILANZ zu seinem Rücktritt zitieren. Ja, Petrillo hat die Axa Schweiz zu einem Juwel geformt. Daran wird sein Nachfolger, Patric Deflorin, gemessen werden. Doch warum jetzt, fragte sich die Branche – gerade bei jenem Mann, der mit dem Aus- und Wiedereintritt der Axa Schweiz beim Schweizerischen Versicherungsverband SVV für Wirbel sorgte. «Ich bin offen für alles, will Neues lernen und machen und Aktivitäten starten, die ich noch viel länger als über das ordentliche Pensionsalter hinaus betreiben kann.» Fair enough. Wie es für Petrillo weitergeht, der mittlerweile auch ein Engagement im 15-köpfigen Stiftungsrat der ETH Zürich Foundation innehat, wird sich weisen. Das gilt freilich auch für Philomena Colatrella, die beim Krankenversicherer CSS per Ende 2025 nach fast zehn Jahren an der Spitze von Bord geht.

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Bald an Grösse verlieren

Eine Topfunktion beim fusionierten Versicherer Helvetia Baloise scheint es weder für Petrillo noch für Colatrella vorerst zu geben. Denn die Karten sind dort längst gemischt und die Positionen verteilt. Das Amt des Verwaltungsratspräsidenten wird der frühere Baloise-Präsident Thomas von Planta ausüben. Fabian Rupprecht amtet fortan als CEO der fusionierten Helvetia Baloise, und Martin Jara steht dem Schweizer Geschäft vor. Die Fusion, die grösste ihrer Art in der Schweizer Wirtschaftsgeschichte, hatten Helvetia und Baloise nach Ostern angekündigt. Im Mai gaben die Aktionäre beider Firmen grünes Licht. Schenkt man den Berechnungen der neuen Firma Glauben, steigt sie im Heimmarkt Schweiz mit über zwei Millionen Kunden und einem Marktanteil von rund 20 Prozent zum grössten Allbranchenversicherer auf und notiert gar in der Top-Ten-Liste der börsenkotierten Versicherungen Europas. Gemessen an der Mitarbeiterzahl dürfte die Gesellschaft allerdings bald an Grösse verlieren, denn es werden bis zu 2000 Jobs abgebaut. «Wir werden die Effizienz weiter erhöhen», sagte Rupprecht dazu unlängst. Offen ist auch, welche Pläne Helvetia Baloise etwa mit der eigenen Hausbank oder im Auslandgeschäft verfolgen wird.

Anteil am Kuchen

Das Zusammengehen der beiden Versicherer ist nicht bloss aus Sicht des Aktionariats folgerichtig, sondern auch mit Blick auf den Erhalt des Werkplatzes Schweiz: Es gibt immer weniger Versicherer in Europa – und doch wachsen die Märkte. Der Grund dafür ist die Konsolidierung, die seit einigen Jahren voranschreitet. Die Fusionen und Übernahmen haben den Markt laut dem Beratungsunternehmen Zeb deutlich verändert. Einer kleinen Zahl an grossen Versicherern steht laut dem Berater Deloitte eine Vielzahl an kleinen, oftmals stark fokussierten Versicherern gegenüber. Wie gross der Anteil am Kuchen für das fusionierte Gebilde Helvetia Baloise sein wird und ob es sich unter dem Strich auszahlt, muss sich dann erst weisen. Gerade in Zeiten, wo andere ihre Auslandexpansionen zurückfahren und sich aufs Kerngeschäft zurückbesinnen, wie etwa die Mobiliar.

Neue rechtliche Rahmenbedingungen

Und trotzdem: Trends wie die Internationalisierung und die Konsolidierung haben sich wie vorhergesagt entwickelt. Andere hingegen zeigen laut einer aktuellen Studie von HSG-Professor Martin Eling einen langsameren oder unterschiedlichen Verlauf. Die digitale Transformation bleibt von zentraler Bedeutung, doch rücken zunehmend auch Faktoren wie der demografische Umbruch, veränderte Kundenerwartungen und neue rechtliche Rahmenbedingungen im Bereich der KI und von ESG in den Fokus der Branche.

Mehrere Transformationen

Wer in diesem Umfeld auch in den nächsten Jahren bestehen will, muss folglich nicht nur technologisch mithalten – sondern vor allem die Fähigkeit entwickeln, mehrere Transformationen gleichzeitig zu meistern.

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Andrea Hohendahl, Chefredaktor von HZ Insurance, und sein Versicherungsexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die nationale und internationale Versicherungswelt bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt kostenlos zum Newsupdate für Insurance-Professionals anmelden.
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