Rund um den Globus jagen die Aktienbörsen Rekord um Rekord. Besonders bemerkenswert ist der aktuelle Höhenflug an der Technologiebörse Nasdaq. Am Montag notierte der Index Nasdaq Composite, der die Entwicklung von rund 3000 kleinen Techfirmen aber auch von Grössen wie Apple, Google, Microsoft oder Intel zusammenfasst, knapp über 5000 Punkte. Es ist erst das dritte Mal in seiner Geschichte, dass der Index diese Marke knackt.
Damit nähert sich der Nasdaq Composite seinem Allzeithoch vor genau 15 Jahren an – und weckt entsprechende Absturzängste. Im März 2000 platzte die berüchtigte Tech- oder Dotcom-Blase. Der Index notierte damals bei 5132 Zählern, und rauschte bis zum Oktober 2002 um knapp 80 Prozent auf nur noch etwa 1110 Punkte in die Tiefe. Viele Firmen verschwanden, Anleger verloren Milliarden.
Twitter und Tesla massiv überbewertet
Nicht einmal in der Boomphase vor der Finanzkrise 2009 konnte die Technologiebörse nur annähernd jene Höhen vom Anfang des Jahrtausends erreichen. Erst in den vergangenen fünf Jahren hat sich der Index kräftig erholt und legte um fast 4000 Punkte zu. Eine Frage drängt sich daher auf: Ist die Erholung nachhaltig oder wiederholt sich das Desaster von damals?
Tatsächlich gibt es heute einige erschreckende Parallelen zur damaligen Dotcom-Blase. So waren im Jahr 2000 viele Technologie-Unternehmen drastisch überbewertet. Teilweise überstieg die Bewertung das 100-fache der Gewinn-Prognosen. Die Anleger steckten Milliarden in meist blutjunge Internet-Firmen. Dass diese oftmals keine Gewinne schrieben, schien keine Rolle zu spielen. Die Idee war alles, was zählte.
Tiefe Zinsen begünstigen eine Blase
Ähnliche und prominente Beispiele gibt es auch jetzt. So ist der Kurznachrichtendienst Twitter mit mehr als das 125-fache der Ertragsprognosen für das laufende Jahr bewertet. Doch der Konzern steckt tief in den roten Zahlen und häufte 2014 einen Verlust von über einer halben Milliarde Dollar an.
Auch der Boom-Konzern Tesla ist nicht profitabel. Im letzten Quartal erhöhte sich der Verlust beim US-Elektroautobauer im Jahresvergleich von 16 auf 108 Millionen Dollar. Tesla-Chef Elon Musk rechnet damit, dass seine Firma frühestens 2020 in die Gewinnzone kommt. Den Anlegern scheint das egal zu sein. Schon jetzt liegt der Wert des Konzerns bei rund dem 200-fachen der Gewinn-Aussichten.
Investoren schauen auf Zahlen
Ähnliche überschwängliche Tendenzen zeichnen sich auch bei nicht kotierten Firmen ab. Boomende Startups wie etwa der Fahrdienst-Vermittler Uber sind mit mehr als 40 Milliarden Dollar bewertet. Auch junge Firmen wie Snapchat, Dropbox oder Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX bringen unterdessen mehr als 10 Milliarden Dollar auf die Waage. Investoren pumpen bei Finanzierungsrunden immer mehr Millionen in die Unternehmen.
Für den Analysten Jesse Colombo war bereits vor einigen Monaten klar: Der derzeitige Wahnsinn bei den Technologie-Aktien sei zweifelslos eine weitere Blase. In einer «Forbes»-Kolumne schrieb er, dass die niedrigen Zinsen weltweit die Kurse auf immer neue Rekordhöhen treiben würden. Die Tech-Blase 2.0 werde wahrscheinlich platzen, wenn die gesamte Aktienmarkt-Blase platzt.
Ohne die ultralaxe Geldpolitik gebe es den Nasdaq-Boom nicht, sagt auch Peter Schiff, Leiter der Investmentfirma Euro Pacific Capital. Entsprechend könnten einige Firmen zunehmend Schwierigkeiten bekommen, sollte die US-Notenbank Fed bald die Zinsen erhöhen. Dann könnten viele Aktien an Attraktivität einbüssen.
Viele weisen auf Unterschiede hin
Andere Experten winken jedoch ab. Die Party bei den Tech-Aktien werde keinesfalls so enden wie vor 15 Jahren. Und zwar aus einem einfachen Grund: Im Gegensatz zu früher schauten Anleger heute viel genauer auf die Profitabilität einer Firma, wird argumentiert. Scott Kessler, Technologie-Analyst bei S&P Capital IQ, sagt laut «CNN» denn auch: «Bei den Tech-Aktien gibt es keine Blase.»
Früher hätten die Investoren mit einem Blick auf die Firmen-Webseite entschieden, ob sie investieren sollen oder nicht. Damals hätten die Investoren nicht verstanden, wie wichtig es gewesen wäre, die Vision der Unternehmen in reale Zahlen zu übersetzen, sagt Kessler.
Apple und Co. mit gigantischen Reserven
Viele Tech-Firmen von heute sind zudem besser aufgestellt und verfügen über einen durchdachten Businessplan. Nicht zuletzt verdienen vor allem die Topshots der Tech-Branche wie Apple, Google, Facebook oder Intel viel Geld – und verfügen über gigantische Bar-Reserven.
So hat etwa der iPhone-Hersteller Apple knapp 180 Milliarden Dollar auf der hohen Kante. Vor 15 Jahren hatten viele Tech-Firmen hingegen kaum bis gar keine Ressourcen. «Wenn auf die Firmen eine Katastrophe zukam, hatten sie nicht die nötigen Mittel, um dem Sturm zu entrinnen», so Analyst Kessler.
Risiko Privatmarkt
Er sieht den neuen Höchständen im Nasdaq denn auch gelassen entgegen. Anleger sollten sie als Zeichen sehen, dass wir das Internet und seine Möglichkeiten heute besser verstehen würden. Wenn es eine Blase gebe, dann am wahrscheinlichsten auf dem privaten Markt, so Kessler. Die Risiken sieht er vor allem bei den vielen boomenden Startups wie Uber, Shazam oder Snapchat.