Eine Tech-Börse im Nasdaq-Stil sollte ein revolutionärer Schritt für das kommunistische China sein. Stattdessen zeigt die Liste der Aufnahmekandidaten, wie stark der Staat die Geschicke im Aktienhandel kontrollieren will. Von den 111 Firmen, die bis Anfang Woche als Bewerber für das «Sci-tech Innovation Board» aufgenommen wurden, schrieben im letzten Jahr alle bis auf eine Gewinne. Der Börsengang des einzigen Ausreissers, Ninebot, liegt zur Zeit auf Eis.

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Obwohl die Regeln für Börsengänge offiziell gelockert wurden, wollen Chinas Lenker offenbar sichergehen, dass neue Börsen-Firmen erfolgreich und von «guter Qualität» seien, sagt der Fondsmanager Fu Gang laut der Wirtschaftsagentur «Bloomberg». «Das strikte Prüfungsverfahren wird noch einige Zeit angewendet werden, bevor China die Kontrolle der neuen Börse lockert.»

Drei Jahre Gewinne und viele Fragen

So sind die strengen Bedingungen zwar gut für die Qualität der Börsenplatzierungen. Doch für die einzelnen Firmen wird es umso schwieriger. Für eine Platzierung als A-Share (so heissen Aktien welche in Renminbi gehandelt werden) müssen die Kandidaten Gewinne für die letzten drei Jahre ausweisen. Viele Firmen seien zudem bereits in der Antragsphase stecken geblieben, nachdem sie von den Behörden mit Nachfragen zu den gemachten Angaben überhäuft wurden, berichtet Bloomberg. 

Bei der Börse ChiNext, einem früheren Versuch einer chinesischen Tech-Börse, sind die Regeln etwas weniger strikt. Firmen, die an den ChiNext wollen, brauchen zwei Jahre lang Gewinne oder – falls ein gewisser Umsatz erreicht wird – ein Jahr. Doch vor dem Hintergrund des Handelskrieges mit den USA muss die neue Börse aus Sicht der Regulierer offenbar zum Erfolg werden. 

Gewinnwachstum von 76 Prozent im letzten Jahr

Ein Vergleich der Firmen durch «Bloomberg» zeigt, dass die Kandidaten für die neue Börse stärker sind, als im ChiNext oder Shanghai Composite gelistete Unternehmen. Die Kandidaten konnten ihren Gewinn im letzten Jahr im Durchschnitt um 76 Prozent steigern, verglichen mit 25 Prozent Gewinnwachstum im Leitindex Shanghai Composite und 16 Prozent im ChiNext.

Die Aufnahmekriterien sind nicht der einzige Versuch der chinesischen Behörden, einen Crash um fast jeden Preis zu verhindern. Nach den Börsenturbulenzen im Jahr 2015 wurde ein «Circuit Breaker» eingeführt, der den Handel bei einem Kursrückgang von 5 Prozent für 15 Minuten und bei 7 Prozent für den Rest des Tages aussetzt. Tatsächlich ist es damit bisher gelungen, einen Crash durch die diversen Hiobsbotschaften im Handelsstreit zu verhindern.

Unklarheit über das Startdatum

Wann die neue Börse startet, ist noch unsicher. Zwar will die Börse in Shanghai am 5. Juni über drei IPO-Kandidaten aus der Liste befinden, was auf einen baldigen Start hindeutet. Dennoch könnte der Handelsstreit den Start verzögern. So war der ChiNext ursprünglich bereits 1999 lanciert worden, doch der Start erfolgte nach dem Platzen der Dotcom-Blase erst zehn Jahre später Ende Oktober 2009.