Eine insolvente Spirituosenkette, die nichts ausser Schulden hinterlässt, und ein Handelsunternehmen mit fragwürdigen Geschäftsmethoden. In diese zwei Firmen pumpte das englische Königshaus offenbar über Offshorestrukturen einige Finanzmittel.

Die gerade veröffentlichen Paradise Papers, ein Leak aus den Unterlagen der Anwaltskanzlei Appleby, spezialisiert auf Offshoregeschäfte, zeigen, dass die englische Königin und ihre Familie im Jahr 2005 knapp 7,5 Millionen Pfund aus ihrem Vermögen an den Dover Street VI Cayman Fund L.P. übergeben haben. Dieser Fonds hat nach Informationen der BBC und des «Guardian», in die Beteiligungsfirma Vision Capital Partners investiert, welche wiederum unter anderem Geld in die Spirituosenkette Threshers und den Einzelhändler BrightHouse angelegt hat.

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Hinweise ohne Belege

Die komplexe Struktur des Unternehmens gibt einen Hinweis darauf, was sie eigentlich bezwecken soll: nämlich Steuern zu vermeiden. Belege dafür gibt es im Fall des britischen Königshauses bisher nicht. Die Investitionen in die Beteiligungsfirma auf den Cayman Islands und Bermuda erfolgten über die Duchy of Lancaster, quasi der Vermögensverwalter der Queen und ihrer Familie.

Zwar ist die Duchy von der Steuer befreit, die Queen bezahlt aber freiwillig Steuern auf alle Einkünfte, die sie daraus bezieht. Die Beteiligungen seien legal und es gebe keine Hinweise, dass die Queen und ihre Vermögensberater mit der Struktur versucht haben, Steuern zu vermeiden. Die Leaks bieten aber zum ersten Mal einen Einblick in Offshoreinvestitionen des englischen Königshauses.

500 Millionen Pfund

«Unsere Investmentstrategie basiert auf der Beratung und den Empfehlungen von unseren Investmentberatern und einer geeigneten Asset Allocation», sagte Chris Addock, Finanzchef der Duchy of Lancaster, der BBC. Die Duchy habe nur in sehr angesehene Private-Equity-Fonds investiert, die von Beratern mit einer speziellen Empfehlung versehen worden seien. Die Duchy of Lancaster umfasst ein Vermögen im Wert von 500 Millionen Pfund. Die Optimierung von Steuern gehöre nicht zu den Zielen des Vermögensverwalters.

Der Fonds Vision Capital, der zu dem Konstrukt gehört, erwarb 100 Prozent an BrightHouse und 75 Prozent an Treshers. Letztere Spirituosenkette wurde unter den neuen Eigentümern so mit Schulden überfrachtet, dass sie zwei Jahre lang keine Steuern mehr zahlte. Als Folge der Pleite 2009 verloren 6000 Angestellte ihren Job.

Gefriergerät zu Wucherzinsen

BrightHouse, dessen Eigentümerschaft den Unterlagen zufolge inzwischen nach Luxemburg verschoben wurde, um so die Steuerlast zu reduzieren, ist in den vergangenen Jahren wegen des Verdachts unlauterer Geschäftspraktiken auch ins Visier der Finanzaufsicht geraten. Das Unternehmen verkauft Elektronik wie Kühlschränke, Fernseher und Mobiltelefone per Ratenkauf an Verbraucher.

Laut eines Berichts für das britische Parlament würden bei den Kreditdeals Zinsen von bis zu 94 Prozent fällig. Ein Gefriergerät von Samsung, das beim Warenhaus John Lewis für 644 Pfund im Angebot war, kostete über den fünfjährigen Zahlungsplan mit 1716 Pfund weit mehr als das Doppelte. Vergangenen Monat verpflichtete die Aufsicht Financial Conduct Authority BrightHouse zu einer Entschädigungszahlung von 14,8 Millionen Pfund an 249'000 Kunden, weil sich das Unternehmen nicht als «verantwortungsvoller Kreditgeber» verhalten habe.

Über die Beteiligungen an BrightHouse und Threshers sei der Vermögensfonds der Queen sich nicht im Klaren gewesen, sagte ein Sprecher. Die Beteiligung am Einzelhändler beläuft sich derzeit auf 3208 Pfund. In die Investitionsentscheidungen des Private-Equity-Fonds sei die Duchy nicht eingebunden.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der «Welt» unter dem Titel: «So seltsam investiert die Queen ihr Geld».