Im vergangenen Jahr verlor ein Standard-Investmentportfolio - 60% Aktien und 40% Anleihen - ungefähr ein Fünftel seines Werts. Laut der üblichen Verfahren zur Depotstrukturierung passiert das ein Mal in 111 Jahren. Wegen der Jahrhundertfluten, die scheinbar nun alle paar Jahre ins Land schwappen, hecken Finanzdienstleister von JP Morgan Chase & Co. bis MSCI Barra neue Methoden aus, um Anleger vor solch enormen Verlusten zu schützen.

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Obwohl Mathematiker und viele Investoren schon lange wissen, dass das Marktverhalten kein schönes Bild bietet, wird beim Aufbau eines mustergültigen Depots angenommen, dass die Verteilung der Jahresrenditen an den Aktienmärkten einer sogenannten Normalverteilung, also einer ordentlichen gaussschen Glockenkurve, folgt. Mit diesem Ansatz würde ein 5- bis 6%iger jährlicher Kursgewinn in der Kurvenmitte liegen. Je weiter eine negative oder positive Jahresrendite davon entfernt läge, desto seltener müsste sie sein.

Anleger zuletzt stark strapaziert

Ein Abschwung vom Typ 2008 würde am dünnen linken Ende liegen. Die jüngste Vergangenheit lässt aber vermuten, dass eine solche Schmelze nicht ganz so selten ist. In etwas mehr als zwei Jahrzehnten wurden Investoren ziemlich strapaziert: Vom Börsenkrach von 1987, der Implosion des Hedge-Fonds Long-Term Capital Management, vom Platzen der Blase bei Technologieaktien und von anderen Krisen. Investoren, die eine Standard-Portfoliostrukturierung wählten, wurden arg getroffen. Vergangenes Jahr gingen all ihre angeblich diversifizierten Investments im Gleichschritt den Bach runter. Kurz gesagt: Die Basishypothese war falsch.

Viele der neuen Instrumente an der Wall Street nehmen nun an, dass die Verteilungsfunktionen der Börsengewinne «fat tailed» sind, die Kurvenenden also häufiger besetzt sind als in den bisherigen Verteilungsannahmen unterstellt.

Risikobild ändert sich radikal

Morningstars Tochtergesellschaft Ibbotson Associates haben Fat-Tailed-Annahmen in ihre Instrumente einbezogen. Die neuen Annahmen zeichnen ein komplett anderes Risikobild. Für das Standardportfolio liegt die Wahrscheinlichkeit eines Jahresverlusts von 20% in einem Jahr bei ein Mal in 40 Jahren. Und nicht wie bei der Glockenkurve angenommen ein Mal in 111 Jahren.

Allianz SEs Pacific Investment Management (Pimco) sichern ihre verschiedenen, im vergangenen Jahr aufgelegten Investmentfonds systematisch gegen extreme Marktereignisse ab. Das kostet die Investoren 0,5 bis 1% ihres Fondsvermögens pro Jahr. Pimco benutzt zur Fondsabsicherung verschiedene Derivate und andere Strategien.

Neue Risikomasse wie etwa Value at Risk (VaR) konzentrieren sich auf die sogenannten Downside-Risiken von Investments. VaR gibt etwa an, wie hoch die Verlusthöhe ist, die eine Aktie mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% in einem bestimmten Zeitraum nicht überschreitet.

Um extreme Abstürze abzubilden, haben einige Unternehmen wie etwa JP Morgan begonnen, ihre Portfolios auch noch anhand der Risikokennzahl Conditional Value at Risk zu steuern. Die Kennzahl soll helfen, den Verlust an einem sehr schlechten Tag abzuschätzen, wenn die VaR-Schranke gerissen ist.