Dividenden sind bei Aktienanlagen ein grosses Thema – immer mehr Stimmen werden laut, die Höhe der Dividende sei am freien Cashflow und nicht am Gewinn festzumachen. Einverstanden?
Nick Clay*: Ja, vollkommen. Der Free Cash Flow dürfte viel eher die Wirklichkeit abbilden als der Gewinn, der einfach eine Auslegungsfrage ist. Unternehmen bezahlen aus dem Cash Flow ihre Dividende und deswegen ist er ausschlaggebend. Dennoch sollte sich ein Unternehmen, das im Wesentlichen auf Cash-Flow-Generierung fokussiert ist, auf die Rentabilität des investierten Kapitals (ROIC) konzentrieren und wie sie diese erhält und verbessert. Die Kapitalallokation ist das wichtigste Element des Business Modells. Das führt dann schlussendlich wieder dazu, dass bei einer Ausrichtung des Managements auf Kapitalallokation Cash-Überschüsse an Aktionäre verteilt werden können.  

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Wieso gibt es in Europa eigentlich so wenige Unternehmen, die mehrmals jährlich eine Dividende zahlen?
Ich denke nicht, dass quartalsweise Dividendenzahlungen etwas an der obigen Aussage ändern würden. Im Gegenteil, wenn man dem Management ein realistischeres Zeitfenster erlaubt (nicht von einem Quartal zum nächsten), dann dürfte es besser auf das Zeitfenster der Kapitalallokation angepasst sein. Kürzere Abstände unterstützen sicherlich Aktienrückkäufe als eine Form der Ausschüttung an den Aktionär, dies geschieht aber häufig zum für den Investor schlechtesten Zeitpunkt.

Können Sie sich vorstellen, dass sich das ändern wird? So etwa, dass eine quartalsweise bezahlte Dividende zum neuen Standard wird? Unternehmen sollten ja eigentlich froh sein, wenn Sie Mittel an die Eigner zurückführen können – unter anderem wegen der Negativzinsen oder weil sie so keine Dummheiten anstellen können wie unsinnige Übernahmen zu tätigen…
Nochmals: Die Entscheidung, Gelder wieder an Aktionäre zu verteilen, sollte nicht von Zeitfenstern, sondern von der Kapitalallokation getrieben werden. Negative Zinssätze und niedrigere Kapitalkosten dürften darauf hinweisen, dass nun der richtige Zeitpunkt für Unternehmensinvestitionen ist. Wenn Unternehmen auf «Pump» Dividenden bezahlen, nur weil es gerade günstig ist, dürfte dies weder richtig noch nachhaltig sein. Trotzdem ist es definitiv ein Trend, vor allem bei US-Unternehmen (hauptsächlich bei Aktienrückkäufen mit geliehenem Geld).

Dividendenfondsmanager betonen oft, wichtig sei nicht in erster Linie die Höhe der Dividende, sondern das Dividendenwachstum. Auf welchen anderen Kriterien schauen Sie sonst noch?
Die Dividende und ihr Wachstum sollten das Ergebnis einer guten Unternehmensführung sein und nicht andersherum. Disziplin bei der Kapitalverteilung wird für einen guten Cash Flow und eine nachhaltige Dividende sorgen. Wenn ein Unternehmen nur auf die Dividende abzielt – dies kann über verschiedene Wege wie zum Beispiel über Kredite passieren – ist dies nach einer Zeit nicht mehr nachhaltig. Die erstgenannten Unternehmen dürften gute Investments machen, die zweiten schlechte. Wie gut und wie schlecht, das entscheidet der Bewertungszeitpunkt, und das absolute Renditeniveau kann ein Indikator dafür sein (einer von vielen), ob die Aktie günstig oder teuer ist. Man sollte nicht vergessen, dass eine hohe Rendite häufig ein Anzeichen für heraufziehende Probleme ist. Wir halten den Free Cash Flow für einen guten Bewertungs-Indikator.

Wenn Sie sich auf drei Einzeltitel beschränken müssten, welche Aktien würden Sie aktuell empfehlen und aus welchem Grund?
Microsofts potenzieller Markt für neue Kunden wächst; mit höheren durchschnittlichen Umsatz pro Nutzer und anhaltender Kundenbindung an die traditionellen Produkte des Unternehmens. Das Enterprise Business macht bei Microsoft 80 Prozent aus, mit einer Kundenbindung und einem ROIC, die sich über viele Jahre als stabil erwiesen haben. Dies führt zu einer FCF-Rendite von 6 Prozent, einer historischen 2,7 Prozent Dividendenrendite und 19 Prozent ihres Kurs-Free-Cashflow-Verhältnisses. Die Aktie von Western Union wird mit einem wenig beeindruckenden Multiplikator des aktuellen FCFs gehandelt, was die weit verbreitete Annahme widerspiegelt, dass das Geschäft von neuen Online-Zahlungsdiensten bedroht wird. Wir glauben, dass Western Union besser als allgemein angenommen positioniert ist, die Gewinne beibehalten oder steigern kann und insgesamt einen guten Wert widerspiegelt. Diageo ist ein globales Spirituosenunternehmen, dessen Geschäftsmodell sehr langlebig ist. Kurzfristige Inventarprobleme wurden nun angegangen und die Gruppe bietet einen guten Wert mit einer 5 Prozent FCF-Rendite.

Hedgen Sie sich als Dividendenfondsmanager gegen sinkende Ausschüttungen eigentlich zum Teil ab, etwa mit Dividendenfutures, die an der Eurex gehandelt werden?
Nein, weil wir aktiv unsere Strategie verfolgen, in circa fünfzig Aktien zu investieren, bei denen wir das Gefühl haben, dass diese langfristig die Dividenden halten oder erhöhen können.

*Portfoliomanager bei BNY