Sie haben die knackige Schlagzeile vermutlich gelesen – Immobilien sind attraktiver als Aktien. Das ist das Fazit einer Befragung von Moneypark. 80 Immobilienexperten nahmen an der Untersuchung des Finanzdienstleisters teil. Attraktiver seien Immobilien wegen der höheren Rendite und der geringeren Volatilität, meinten mehr als 40 Prozent der Befragten.

Ein erwartungsgemässes Resultat, wurden doch Immobilienexperten angegangen. Renditeliegenschaften wird grossmehrheitlich Preissteigerungspotenzial zugetraut, skeptischer sind die Fachleute bezüglich Geschäftsliegenschaften und Luxusanwesen. Bei Letzteren sind Preisnachlässe von 30 Prozent mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme.

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Renditeliegenschaften avancieren zu begehrter Anlageklasse

Das klingt nicht unbedingt wie eine schwankungsarme Anlageklasse, aber blicken wir auf historische Zeitreihen, so sollte die Frage nach dem attraktiveren Investment rasch geklärt sein: Wüest & Partner hat die Gesamtrendite von Mehrfamilienhäusern und Aktien zwischen 1930 und 2010 in der Schweiz eruiert. Insgesamt standen für diesen Zeitraum 1700 Freihandtransaktionen zur Verfügung. Die Mieten wurden mit dem Zürcher Index der Mietpreise modelliert. Das Resultat? Real betrug das jährliche Plus der Mehrfamilienhäuser 5,7 Prozent, bei Aktien waren es 4,9 Prozent. Eins zu null für die Immobilien, genauer für Mehrfamilienhäuser.

Ein anderes Bild zeigen Untersuchungen von Pictet. Die Finanzmarktspezialisten veranschlagen die jährlich mit Schweizer Aktien erzielte Rendite zwischen 1926 und 2015 auf 7,6 Prozent. Immobilien sind in diesen Zeitreihen nicht berücksichtigt, und auch der Zeitraum unterscheidet sich, was die Vergleichbarkeit einschränkt. Über den Daumen gepeilt steht es aber eins zu eins.

Malus der Illiquidität

Adrian Wenger vom VZ Vermögenszentrum, unser Immobilienexperte im Geldberatungsteam der Handelszeitung, spricht von Glück, wenn eine Immobilie mit einer Bruttorendite von 4 Prozent gekauft werden kann. Realistischerweise liegt die Nettorendite eines Mehrfamilienhauses zurzeit bei rund 2 Prozent, zumindest dann, wenn Rückstellungen und Abschreibungen umsichtig vorgenommen werden.

Hinzu kommt der Malus der Illiquidität. Ob der angenommene Wert oder bezahlte Preis im Fall eines Zwangsverkaufs erzielt wird, ist zumindest in Frage zu stellen. Den Immobilienexperten der eingangs erwähnten Befragung bereitet das jedoch keinen Kummer. Im Fall einer selbstbewohnten Liegenschaft zu Recht – aber im Fall eines Renditeobjekts?

Eine Krise darf nicht sein, also gibt es keine Krise

Überhaupt scheint die Erinnerung an die hiesige Immobilienkrise von Anfang der 1990er-Jahre verblasst zu sein. Kategorisch bestreiten die Experten eine Überhitzung des Marktes. Das macht hellhörig, insbesondere, weil vermehrt Anbieter mit übertriebenen Renditeversprechen in den Buy-to-let-Markt drängen. Immobilien haben ihren berechtigten Platz im Portfolio, Aktien aber auch. Beide sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden – man sollte nicht alle Eier in denselben Korb legen.