Die IPO-Flaute war lang, und dann war auch der letzte – und gleichzeitig auch erste – Börsengang in der Schweiz in diesem Jahr, konkret jener der IT-Firma Wisekey, alles andere als ein Erfolg. Die Aktie des Spezialisten für Internetsicherheit ist seit dem Börsengang vor drei Wochen im Sinkflug und notiert nur noch bei einem Drittel ihrer Erstnotiz.

Jetzt allerdings scheint mit der Emission von VAT-Group vor einer Woche ein neuer Highflyer am Start zu sein. Nicht nur, dass die Emission des Herstellers von Vakuumventilen mit einem Börsenwert von rund 1,4 Milliarden Franken bisher eine der grössten in Europa in diesem Jahr gewesen ist – auch die Kursentwicklung kann sich sehen lassen. Die Aktie des Konzerns aus Haag im Rheintal, nur wenige Kilometer vom liechtensteinischen Vaduz entfernt, hebt ab und notiert schon um 20 Prozent über dem Emissionspreis von 45 Franken.

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Aktie war mehrfach überzeichnet

Der Kursverlauf überrascht nicht. War die Aktie doch schon vor dem IPO bei einem Platzierungsvolumen von 12,0 Millionen Aktien mehrfach überzeichnet, und jetzt, am Mittwoch, ist zudem die Mehrzuteilungsoption aus dem Börsengang von weiteren 1,8 Millionen Anteilen vollumfänglich ausgeübt worden.

Aber anfängliche Kursgewinne hat es auch schon im vergangenen Jahr gegeben, beispielsweise in den ersten Wochen nach dem IPO von Sunrise. Die Aktie des Telefonunternehmens kletterte schnell um 10 Prozent, fiel dann aber in den folgenden Monaten um 50 Prozent zurück und notiert auch jetzt noch meilenweit unter ihren Hochs. Droht VAT am Ende nach dem schnellen Spurt ein ähnliches Schicksal? Sollten Anleger der ersten Stunde nicht besser Gewinne mitnehmen? Oder lohnt sich vielleicht trotz der schnellen Steigerungen immer noch der Einstieg?

Unternehmen ist stark aufgestellt

Zuerst einmal: VAT hat eine starke Marktstellung, und es gibt hohe Eintrittsbarrieren für mögliche Wettbewerber. So sieht sich das Unternehmen mit seinen mehr als 10'000 Produkten und einem Marktanteil von 41 Prozent als weltweit führender Hersteller in seiner Nische. Immerhin liegen die nächstfolgenden Konkurrenten mit Marktanteilen von 4 und 5 Prozent tatsächlich weit zurück. Dabei konnte VAT den Marktanteil in den letzten Jahren sogar ausbauen. Dieser lag 2012 erst bei 37 Prozent.

Die grösste Kundengruppe von VAT kommt mit einem Anteil von 61 Prozent aus dem Bereich der Halbleiterindustrie. Auf Industrie und Forschung entfallen 25 Prozent, 11 Prozent werden von Herstellern aus dem Bereich der Displays abgerufen und 3 Prozent werden in die Solarbranche geliefert. In der Halbleiter- oder auch in der Solarindustrie beispielsweise werden die Leiterplatten und Solarzellen im Vakuum gefertigt – die hohe Nachfrage aus diesen Sektoren nach VAT-Ventilen ist so leicht erklärt. Zu den Kunden der Haager zählen bekannte Firmen wie Applied Materials, Samsung, Intel, LG und Bosch.

Vakuumventile sind stark gefragt 

75 Prozent des Umsatzes von 411,0 Millionen Franken sind dabei im vergangenen Jahr mit Vakuumventilen erzielt worden, 16 Prozent entfielen auf Dienstleistungen, der Rest auf verwandte Produkte. Und der Export spielt eine grosse Rolle. So erzielte VAT im vergangenen Jahr 40 Prozent der Erlöse in Asien und 37 Prozent in Nordamerika. Produziert wird dabei überwiegend im Rheintal, weitere Fabriken hat das Unternehmen in Malaysia und in Rumänien.

Dabei zeigt VAT ein hohes Wachstum, und das Unternehmen arbeitet zudem hochprofitabel – 2015 stiegen die Umsätze um 13,0 Prozent, und auch 2014 kletterten die Erlöse schon um 8,6 Prozent. Die Gewinnspanne vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sowie Wertberichtigungen (Ebitda-Marge) liegt bei 30,8 Prozent und damit auch weit über den Margen der Konkurrenten.

Hohes Wachstum bei den Kunden

VAT profitiert auch von einem vergleichsweise jungen Produktangebot. So erzielte das Unternehmen im vergangenen Jahr 28 Prozent der Umsätze mit Produkten, die erst in den letzten drei Jahren auf den Markt gekommen sind. Mit einem Anteil von 20 Prozent ist die Zahl der Mitarbeiter, die in der Produktentwicklung tätig sind, entsprechend hoch.  

Auf jeden Fall sind Neuerungen gefragt in der Branche, und die Perspektiven sind sehr vielversprechend. So soll im wichtigsten Kundensegment, in der Halbleiterindustrie, das Wachstum in den nächsten fünf Jahren jährlich um 7,0 Prozent zunehmen, und auch in Industrie und Forschung sowie in den anderen Absatzmärkten Solar und Displays wird bis 2020 mit jährlichen Zuwächsen von 4,7 bis 6,7 Prozent gerechnet. VAT will zusätzlich auch vom generellen technologischen Fortschritt, beispielsweise hin zu immer mehr Nanotechnologie, profitieren.

Weitere Steigerungen bei VAT

In diesem Jahr scheint sich das Wachstum fortzusetzen. Bezüglich der ersten zwei Monate berichtet VAT über Umsätze von 74 Millionen Franken – das sind rund 20 Prozent der Erlöse des Gesamtjahres. Bei einem geschätzten Umsatzanstieg im 2016 in den Bereich von 450 Millionen Franken und einer Ebitda-Marge um 30 Prozent könnten das Ebitda bei etwa 140 Millionen Franken und das operative Ergebnis bei rund 100 Millionen Franken liegen. Bei 30 Millionen VAT-Aktien wäre ein Ergebnis, geschätzt irgendwo im Bereich von 2.50 Franken je Aktie, drin.

Mit einem 20er-KGV wäre der Titel dann allerdings nicht mehr ganz günstig. Immerhin: Für 2016 wird eine Dividende von 65 Millionen Franken – also rund 2.20 Franken oder 4,0 Prozent Rendite – in Aussicht gestellt. Und auch künftig ist mit attraktiven Zahlungen zu rechnen. Das heisst per Saldo: VAT ist ein vielversprechender Wachstumswert mit starker Marktstellung, doch aktuelle KGVs um 20 bergen Risiken. Mittel- bis langfristig orientierte Anleger steigen ein, eher kurzfristig und Trading-orientierte Anleger warten ab, ob es dort vielleicht nicht auch wieder günstigere Einstiegslevels geben wird.