Am Flughafen Zürich ist die Welt noch in Ordnung. Wer hier durch einen Duty-Free-Shop des Reise-Detailhändlers Dufry schlendert, um sich kurz vor dem Flug noch mit zollfreien Kosmetika, Spirituosen oder Schweizer Schokolade einzudecken, würde keine Flaute im Tourismusgeschäft vermuten. Andernorts brummt das Dufry-Geschäft allerdings weniger, das Unternehmen leidet unter der weltweit gedämpften Reise- und Konsumlust.

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Das schlug sich auch in der Halbjahresbilanz nieder. Dufry konnte ihren Umsatz in den ersten sechs Monaten 2016 dank der Übernahme von World Duty Free (WDF) gegenüber dem Vorjahr zwar um 62 Prozent auf 3,61 Milliarden Franken steigern und der Gewinn vor Steuern und Abschreibungen stieg um knapp 11 Prozent, unter dem Strich verbuchte der Konzern aber aufgrund hoher Abschreibungen trotzdem einen Verlust von 75 Millionen Franken.

«Kursabsturz ist nicht gerechtfertigt»

Analysten zeigten sich von der Halbjahresbilanz wenig begeistert und bemängelten vor allem das Schrumpfen der organischen Wachstumsraten. Jon Cox von Kepler Cheuvreux etwa sprach von einer überraschenden Verschlechterung bei den organischen Umsatztrends, also bei den aus eigener Kraft entstandenen Umsatzzahlen. Nach der ernüchternden Bilanz sackte die Dufry-Aktie zunächst um fast 4 Prozent ab und verlor in den darauffolgenden Tagen noch stärker. Sich genau diesen Kursverfall nun zunutze zu machen, um günstig einzusteigen, raten Analysten. Denn trotz der durchwachsenen Halbjahreszahlen scheint die Kurskorrektur übertrieben zu sein.

«Der Kursabsturz ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt», sagt René Weber, Analyst der Bank Vontobel. Der Rücksetzer der Aktie hat ihm zufolge vor allem etwas mit dem Brexit zu tun, weil Dufry 18 Prozent ihres Umsatzes in Grossbritannien mache.

Auch UBS und CS empfehlen die Aktie zum Kauf

Das Buy-Rating für den Dufry-Valor behält Weber bei – nicht zuletzt, weil die WDF-Übernahme weiterhin das Geschäft beleben dürfte. Auch die Credit Suisse und die UBS empfehlen die Aktie weiterhin zum Kauf. Die kommenden Monate dürften für das Unternehmen wieder besser verlaufen – das bekräftigte im Juli auch Dufry-Chef Julian Diaz.

So wie Dufry haben auch andere Aktien der Reisebranche zuletzt gelitten. Sie haben aber wesentlich weniger Erholungspotenzial als der Valor des Schweizer Reise-Detailhändlers. Anleger sollten also genau hinschauen, wenn sie in diese Branche investieren wollen. Vor allem die Aktien von Fluggesellschaften und Reiseveranstaltern sind in den vergangenen Monaten zunehmend unter Druck geraten. Angst vor Terroranschlägen und die angespannte Lage in der Türkei sorgen dafür, dass viele Touristen ihre Urlaubspläne ändern oder lieber in Heimatnähe Ferien machen. Dazu kommt der Brexit, der einige Reise-Unternehmen empfindlich treffen könnte.

Belastete Tourismuskrise

Unter der Tourismuskrise leidet besonders der britische Reiseanbieter Thomas Cook, der in der Türkei stärker vertreten ist als die Konkurrenz. Die deutlich gestiegene Nachfrage nach Urlaubsreisen auf spanische Inseln konnte das schwächelnde Türkei-Geschäft im ersten Halbjahr nicht ausgleichen. Die Aktie von Thomas Cook befindet sich seit Monaten im Sinkflug – wer sie kaufen will, geht ein hohes Risiko ein.

Ähnlich sieht es beim Konkurrenten Tui aus, auch dessen Aktie musste Verluste hinnehmen. Bei Tui konnte die gestiegene Nachfrage nach Spanienreisen die Türkei-Flaute allerdings ausgleichen. Analysten bewerten den Tui-Valor wesentlich positiver als die Thomas-Cook-Aktie.

Auch die Fluggesellschaften leiden

Brexit und Tourismus-Flaute plagen auch die meisten Fluggesellschaften: Lufthansa, Easyjet, Turkish Airlines, Ryanair, Air Berlin – sie alle mussten zuletzt Kursverluste hinnehmen. Ryanair kassierte bereits die Prognose für das laufende Quartal, Air Berlin schreibt seit Jahren rote Zahlen. Der Aktienkurs des Unternehmens liegt derzeit bei 0,68 Euro (0.73 Franken) und somit auf Penny-Stock-Niveau. Nur sehr optimistische Anleger mit langem Atem sollten bei diesem Billigflieger einsteigen.