S trukturierte Produkte stellen Kombinationen aus Optionen mit traditionellen Anlagen wie Obligationen oder Aktien dar, die massgeschneidert auf die Bedürfnisse der Anleger zugeschnitten werden können. Die grosse Anpassungsfähigkeit dieser Produktklasse rührt aus dem Einsatz von Optionen, welche gleichzeitig für die erhöhte Komplexität im Verständnis der strukturierten Produkte sorgen. Für deren Preisbildung ist damit auch die Bewertung von Optionen von entscheidender Bedeutung.

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Geschätztes Schwankungsmass

Grundlage der Bewertung von Aktienoptionen ist üblicherweise das Black-Scholes-Modell. Es liefert einen Preis basierend auf sechs Eingangsgrössen: Dem risikolosen Zins, der Dividende, der Laufzeit, dem Basis- sowie dem Aktienpreis und der Volatilität der Aktie. Im Gegensatz zu den anderen Grössen lässt sich die Volatilität, die ein Schwankungs- bzw. Risikomass darstellt, nicht direkt am Markt beobachten, sondern muss geschätzt werden.

Zum einen lässt sie sich historisch aus einer Zeitreihe vergangener Aktienkursrenditen schätzen, was als historische Volatilität bezeichnet wird. Ein Problem bei dieser Methode besteht in der Unklarheit, inwieweit historische Daten tatsächlich Aufschluss über die zukünftige Volatilität einer Aktie zulassen. Beispielsweise könnten kürzliche gravierende Änderungen im Unternehmen die Volatilität einer Aktie nachhaltig beeinflussen und die Aussagekraft alter Daten mindern.

Implizite Volatilität ist relevant

Eine zweite Schätzmethodik ist die sogenannte implizite Volatilität. Sie wird indirekt aus dem Marktpreis einer Option berechnet. Dabei wird in der Bewertungsgleichung der Optionspreis als gegeben angenommen, und die gesuchte Grösse ist die Volatilität. Die implizite Volatilität ist nun diejenige Volatilität, für die das Modell zur Berechnung des Preises einer Option den Marktpreis liefert. Sie ist damit hinsichtlich des Informationsgehalts gleichwertig zum Optionspreis, weshalb die Begriffe Preis und Volatilität einer Option oft gleichbedeutend verwendet werden. Die implizite Volatilität wird in der Regel der historischen Volatilität vorgezogen, da sie vorausschauend ist und die aggregierten Erwartungen der Marktteilnehmer widerspiegelt. Sie ist zudem Grundlage für jeden Volatilitätsindex wie zum Beispiel den VIX. Ermittelt man die implizite Volatilität für zwei bis auf den Basispreis identische Optionen, so würde man erwarten, dass diese für beide identisch ist. In der Realität ist es jedoch so, dass die implizite Volatilität steigt, je weiter die Option «out of the money» ist.

Somit sind «Out of the money»-Optionen am Markt teurer, als es die Bewertungsmodelle voraussagen. Dieses Phänomen wird auch als «Volatility Smile» bezeichnet und wurde zuerst nach dem Aktiencrash am «schwarzen Montag» im Jahre 1987 wahrgenommen. Als Grund lässt sich aufführen, dass das Black-Scholes-Modell extreme Aktienrenditen (oder Verluste) unterschätzt. Dieses führt dazu, dass eine «Out of the money»-Option häufiger als erwartet «im Geld» verfällt. Dafür verlangt der Stillhalter, der die Option verkauft, eine Prämie, die sich in einem relativ höheren Preis widerspiegelt und folglich in einer höheren impliziten Volatilität resultiert.

Abhängigkeit von der Laufzeit

Die implizite Volatilität variiert jedoch nicht nur in Abhängigkeit des Basispreises, sondern auch in Abhängigkeit der Restlaufzeit, wobei dieser Zusammenhang tendenziell schwächer ausgeprägt ist. Der Verlauf der impliziten Volatilität in Abhängigkeit von der Maturität, auch als Laufzeitstruktur der Volatilität bezeichnet, hängt in der Regel vom aktuellen Volatilitätsniveau ab. Es wird davon ausgegangen, dass die implizite Volatilität über die Zeit zu einem Durchschnittswert zurückkehrt.

So wird in Zeiten ruhigerer Märkte ein Ansteigen der impliziten Volatilität mit zunehmender Laufzeit erwartet, wohingegen sich dieser Sachverhalt in unruhigen Marktphasen umkehren sollte. Zur Beurteilung eines strukturierten Produktes ist ein fundiertes Verständnis der Volatilität vorteilhaft, da sie den Preis der Produkte mit Optionsanteil direkt beeinflusst. Zum Beispiel sind in Phasen geringer Volatilität Kapitalschutzprodukte besonders attraktiv, da der Preis der Call-Option, die das Gewinnpotenzial über den Kapitalschutz hinaus ermöglicht, entsprechend niedrig ist.