Was plant China mit der «Neuen Seidenstrasse»?

In Anlehnung an die historischen Routen zwischen dem Mittelmeerraum und Ostasien will China neue Handels- und Verkehrsnetze zwischen den Kontinenten aufbauen. Pekings Ziel ist es, seine Absatzmärkte näher an sich zu binden und neue zu erschliessen. Dazu baut die Regierung Eisenbahnlinien, Strassen und Seeverbindungen von China nach Europa und Afrika

Seit wann gibt es die Initiative?

Im September 2013 legte Präsident Xi Jinping den Grundstein für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Kasachstan und weiteren zentralasiatischen Ländern entlang der «Neuen Seidenstrasse». Seither hat China rund 100 Absichtserklärungen («Memorandum of understanding») mit Ländern unterzeichnet, die an der BRI teilnehmen.

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Welches Gewicht hat das Projekt?

Die «Belt and Road Initiative» erreicht rund 65 Prozent der Weltbevölkerung, betrifft ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung und ein Viertel des gesamten Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Langfristig könnten zwischen 4 und 8 Billionen US-Dollar in das Projekt investiert werden – vor allem in Infrastruktur. Der internationale Handel könnte um 12 Prozent wachsen, Handelskosten könnten um die Hälfte reduziert werden, schätzt der Brüsseler Think Tank Bruegel.

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Neue Seidenstrasse: Verbindet China mit Europa auf dem Landweg, Asien mit Afrika auf dem Seeweg.

Quelle: Getty Images

Wieviel investiert China?

Die Volksrepublik wird in den kommenden Jahren schätzungsweise über 1 Billion Dollar in die BRI investieren. Der genaue Betrag ist nicht bekannt.

Woher kommt das Geld?

Das meiste Geld werden chinesische Banken bereitstellen. Zu den grössten Kapitalgebern gehören bisher die vier grössten chinesischen Staatsbanken sowie die chinesische Entwicklungsbank. Die eigens für das Seidenstrassenprojekt 2014 gegründete Asiatische Infrastrukturinvestmentbank soll künftig einen Grossteil der Projekte finanzieren.

Welche Länder machen mit?

Nicht nur Länder aus Asien und Europa sind an BRI-Projekten beteiligt. Auch in Afrika und sogar Lateinamerika wird investiert. Rund 100 Länder sind offiziell an der BRI beteiligt. Mit rund 30 davon hat China auch Freihandelsabkommen.

Mit welchen Staaten kooperiert China?

Im März warb Chinas Staatschef Xi Jinping in Italien für das Projekt. Beide Länder unterzeichneten eine Absichtserklärung. Italien ist das erste G7-Land, das sich dem Projekt anschliesst, um seine Wirtschaftsbeziehungen mit China auszuweiten. Einige EU-Länder haben den Alleingang Italiens kritisiert, denn die Europäische Union ringt um eine gemeinsame Linie gegenüber Peking. Einerseits gilt die Volksrepublik als Rivale, andererseits ist sie der grösste Handelspartner und zweitgrösstes Exportland der EU

Italys Prime Minister Giuseppe Conte (R) and China's President Xi Jinping (L) pose for photographers during a welcoming ceremony upon Xi Jinping's arrival for their meeting at Villa Madama in Rome on March 23, 2019 as part of a two-day visit to Italy. President Xi Jinping is in Italy to sign a memorandum of understanding to make Italy the first Group of Seven leading democracies to join China's ambitious Belt and Road infrastructure project. (Photo by Christian Minelli/NurPhoto via Getty Images)

Staatsbesuch in Rom: Xi Jinping (l.) und Guiseppe Conte besiegeln die Zusammenarbeit in der BRI.

Quelle: Getty Images

Wie wird die Handelsinitiative international aufgenommen?

Die BRI ist in einigen westlichen Länder umstritten, da der Vorstoss als einseitig und zu Chinas Gunsten wahrgenommen wird. Die EU arbeitet gerade an einer gemeinsamen Strategie gegenüber China, einzelne EU-Staaten wie Frankreich und Deutschland sehen Italiens Annäherung daher skeptisch. Auch die USA haben das Projekt immer wieder kritisiert. Einige bereits beteiligte Staaten sind zunehmend unzufrieden: So haben etwa Malaysia, Burma und Thailand einzelne Infrastrukturprojekte wieder gestoppt.

Was wird kritisiert?

Dass in erster Linie die eigenen Unternehmen von der BRI profitieren, denn die meisten der Projekte werden an chinesische Firmen vergeben. Zudem wird Peking vorgeworfen, mit seinen Infrastrukturprojekten die beteiligten Länder politisch gefügig machen zu wollen. Und auch in China selbst gibt es kritische Stimmen, seit es im Land wirtschaftlich nicht mehr so rund läuft.

Welche Bedeutung hat die Initiative für die Schweiz?

Ende April reist Bundespräsident Ueli Maurer mit einer Wirtschaftsdelegation nach China. Dort wird die Schweiz ein «Memorandum of Unterstanding» mit der chinesischen Regierung über die Zusammenarbeit auf der Seidenstrasse unterschreiben. Schweizer Unternehmen dürften sich davon Chancen für neue Investitionsmöglichkeiten ausmalen.