Aus der jüngsten Prognose für die britische Wirtschaft geht eine gesalzene Rechnung hervor, welche die Regierung der Zentralbank zahlen muss: 133 Milliarden britische Pfund sind für Verluste der Bank of England fällig.

Die hohe Summe geht auf eine vor zehn Jahren getroffene Vereinbarung zurück. Diese sieht vor, dass der britische Haushalt von allen Gewinnen aus Anleihen profitiert, die von der Bank of England im Rahmen ihres Programms zur quantitativen Lockerung gekauft wurden. Gleichzeit muss die Regierung aber auch für künftige Verluste aufkommen.

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Verluste sollen über sechs Jahre hinweg beglichen werden

Das Finanzministerium hat bisher mehr als 120 Milliarden Pfund Gewinn aus der Ausweitung der Geldmenge gezogen. Nun gibt es aber einen Backlash, weil das Ministerium nun für Verluste aufkommen muss, nachdem die höheren Zinssätze die Kosten für den Schuldendienst in die Höhe getrieben haben und die Zentralbank aufgrund des Kursverfalls der Staatsanleihen damit begonnen hat, die Bestände zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen, als sie sie gekauft hat.

Die Behörde «Office for Budget Responsibility» teilte am Donnerstag mit, dass das Finanzministerium die 133 Milliarden Pfund bis 2028 zahlen will, um die Verluste zu decken. Damit  werden die Gewinne der letzten 13 Jahre zunichte gemacht.

Die Zahlungen werden zu den Schwierigkeiten des Vereinigten Königreichs beitragen, seine Bücher auszugleichen. Finanzminister Jeremy Hunt hat ein 55 Milliarden Pfund schweres Paket von Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen angekündigt, um das Loch in den Staatsfinanzen zu stopfen und das Vertrauen der Anleiheinvestoren wiederherzustellen. 

Unter anderem sollen laut dem Budgetplan Übergewinnsteuern für Öl- und Gaskonzerne erhöht und künftig auch Stromversorger zur Kasse gebeten werden. Auch die Steuerlast für Besserverdiener steigt. Die Schwelle für die Zahlung des Spitzen-Einkommensteuersatzes sinkt von 150'000 auf 125'140 Pfund pro Jahr. Es gehe darum, von denjenigen, die mehr besässen, auch mehr zu verlangen, betonte Hunt. «Heute stellen wir einen Plan vor, um die Krise der Lebenshaltungskosten anzugehen und unsere Wirtschaft wieder aufzubauen.» Die öffentlichen Ausgaben würden langsamer wachsen als die Wirtschaft, aber die Gesamtausgaben für öffentliche Dienstleistungen in den nächsten fünf Jahren preisbereinigt steigen.

Hunt hatte «harte, aber notwendige» Entscheidungen angekündigt, die auch zur Eindämmung der zuletzt auf 11,1 Prozent gestiegenen Inflation auf der Insel beitragen sollen. Der Sparkurs ist ein drastischer Kursschwenk nach der kurzen Regierungszeit von Sunaks Amtsvorgängerin Liz Truss, die mit finanziell nicht abgesicherten Steuersenkungsplänen Turbulenzen an den Anleihemärkten ausgelöst hatte. Diese legten sich erst nach einer Intervention der Notenbank.

Britische Wirtschaft wird 2023 schrumpfen

Grossbritannien sitzt auf einem Schuldenberg von 2,45 Billionen Pfund (rund 2,8 Billionen Euro). Hunt will mit seinem Sanierungskurs dafür sorgen, dass die Finanzierungskosten des Staates damit im Zaum gehalten werden. Das Vertrauen der Anleger sei nicht selbstverständlich, betonte Hunt: «Wir Konservativen überlassen die Schulden nicht der nächsten Generation.» Der Finanzminister sagte, laut der unabhängigen britischen Haushaltsbehörde stecke die Wirtschaft im Vereinigten Königreich bereits in einer Rezession. 2023 soll die Wirtschaftsleistung demnach um 1,4 Prozent schrumpfen. Die Notenbank befürchtet, dass sich die Rezession über Jahre hinziehen könnte.

Zugleich ist die Regierung gefordert, den Bürgern in Zeiten stark steigender Energiekosten weiter Entlastung zu verschaffen. Laut dem Statistikamt ONS wäre die Inflation im Oktober sogar auf 13,8 Prozent geklettert, wenn die Regierung die Energiekosten der Haushalte nicht gedeckelt hätte. Diese staatlich verordnete Obergrenze für die Energierechnungen der Haushalte auf durchschnittlich 2500 Pfund pro Jahr läuft im April aus. Hunt kündigte nun an, die Deckelung danach um zwölf Monate zu verlängern und zugleich um 500 Pfund aufzustocken.

Zudem kündigte der Finanzminister an, dem Vorschlag der Niedriglohnkommission zu folgen und den Mindestlohn ab April um 9,7 Prozent auf 10,42 Pfund anzuheben. Kritik kam umgehend von Gewerkschaftsseite: Gary Smith, Generalsekretär der Gewerkschaft GMB, erwartet, dass den Arbeitern trotz der Erhöhung preisbereinigt weniger in der Lohntüte bleibt: «Die Konservativen haben die Wirtschaft an die Wand gefahren und jetzt sollen die Arbeiter die Rechnung begleichen.»

(bloomberg/reuters/mth)