Unter den Finanzexperten und in den Medien mehren sich die Bedenken, wonach überhitzte Anlagemärkte – Immobilien, Aktien und langfristige Anleihen – zu einer grösseren Korrektur und einer weiteren Wirtschaftskrise führen könnten. Die breite Öffentlichkeit scheint das gelassen zu sehen: Bei Google Trends zeigt sich zwar ein mässiger Anstieg des Suchbegriffs «stock market bubble» (Aktienblase). Allerdings wurde der Spitzenwert aus dem Jahr 2007 nicht erreicht. Der Ausdruck «housing bubble» (Immobilienblase) wird relativ selten gesucht.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Internationale Institutionen warnen vor spekulativen Exzessen

Doch die Sorge der Experten ist in ihrem Ausmass beträchtlich und auch vernünftig. Denn der Glaube, dass Märkte stets effizient seien, kann nur bestehen, wenn manche Menschen nicht daran glauben und meinen, sie könnten von zeitlich gut geplanten Ein- und Ausstiegen auf den Märkten profitieren. Gleichzeitig bringt diese zunehmende Besorgnis auch Gefahren mit sich, da wir nicht wissen, ob diese Entwicklung zu einer allgemeinen Überreaktion im Abwärtsbereich führt.

Internationale Institutionen warnten kürzlich vor spekulativen Exzessen auf Anlagemärkten und deuteten an, dass wir uns hinsichtlich einer möglichen Krise Sorgen machen sollten. Kürzlich argumentierte der stellvertretende geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds, Min Zhu, dass die Immobilienmärkte in mehreren Ländern in Europa, Asien sowie Nord- und Südamerika «Anzeichen einer Überhitzung aufweisen». Im Jahresbericht der Bank für den Internationalen Zahlungsausgleich heisst es, dass derartige «Anzeichen besorgniserregend» seien.

Es ist nicht ganz klar, warum die Alarmglocken ausgerechnet jetzt schrillen – nach fünf Jahren der allgemeinen Expansion auf den Märkten seit dem Tiefpunkt Anfang 2009. Warum erwarten die Menschen nicht frohen Herzens weitere Jahre der Expansion?

Das Problem besteht darin, dass es keine sichere Erklärung gibt, wie die Menschen auf Anzeichen einer Überhitzung oder eines Rückgangs der Preise oder auf Nachrichten reagieren, die als irgendwie bedeutsam eingestuft werden. Wir verfügen schlicht über keine gut dokumentierte Geschichte grosser Finanzkrisen, um diese zu erforschen. Aus diesem Grund sind die Berechnungen der Ökonometriker trotz den Untersuchungen von Zeitreihen, die in der Regel allerdings nicht über mehr als ein paar Jahrzehnte gehen, anfällig für gravierende Fehler.

Bis zur jüngsten Krise priesen die Ökonomen die «grosse Mässigung»: Konjunkturschwankungen sollen angeblich milder ausgefallen sein, woraus viele den Schluss zogen, dass die Politik der wirtschaftlichen Stabilisierung neue Höhepunkte der Wirksamkeit erreicht hätte. Im Jahr 2005, also kurz vor Ausbruch der Finanzkrise, gelangten die Harvard-Ökonometriker James Stock (mittlerweile Mitglied des wirtschaftlichen Beraterstabes von US-Präsident Barack Obama) und Mark Watson zu dem Schluss, dass in den Industrieländern im Lauf der vorangegangenen 40 Jahre sowohl die Volatilität als auch deren Korrelation untereinander rückläufig waren.

Diese Schlussfolgerung müsste im Lichte der seit der Finanzkrise erhobenen Daten wohl substanziell modifiziert werden. Der wirtschaftliche Abschwung im Jahr 2009, dem schlimmsten Jahr der Krise, kam einer Katastrophe gleich.

Tatsächlich hatten wir es im letzten Jahrhundert lediglich mit drei wirklich eklatanten Krisen zu tun: Nämlich in den Jahren 1929–1933, 1980– 1982 und 2007–2009. Diese Ereignisse scheinen mehr als nur die stärker ausgeprägten Versionen häufiger kleiner Fluktuationen zu sein, die wir oft beobachten und die Stock und Watson untersuchten. Aber auf Grundlage von nur drei Beobachtungen ist es schwierig, die Ereignisse auch zu verstehen.

Am Anfang stehen Blasen der Vermögensbildung

Alle diese Krisen schienen etwas mit spekulativen Preisbewegungen zu tun zu haben, von denen die meisten Beobachter überrascht wurden und die man nie wirklich erklärte. Ausserdem hatten sie auch etwas mit den Fehlern der politischen Entscheidungsträger zu tun. So wurde beispielsweise die Krise der Jahre 1980–1982 durch eine dramatische Ölpreissteigerung aufgrund des Krieges zwischen dem Iran und dem Irak ausgelöst. Alle Krisen standen jedoch im Zusammenhang mit Vermögenspreisblasen, die platzten und zum Finanzkollaps führten.

Diejenigen, die vor gravierenden Gefahren warnen, wenn sich die spekulativen Preissteigerungen ungehindert fortsetzen, haben also recht, auch wenn sie nicht beweisen können, dass es Grund zur Sorge gibt. Diese Warnungen könnten einen Beitrag leisten, zu verhindern, dass die derzeit beobachtbaren Booms noch länger anhalten und gefährlichere Dimensionen annehmen.