Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) um ihren Chef Jerome Powell (72) senkt den Leitzins um weitere 25 Basispunkte auf 3,75 bis 4 Prozent. Die Massnahme folgt auf die erste Leitzinssenkung in diesem Jahr im September 2025. Damals entschied sich die Notenbank ebenfalls für eine Senkung um 0.25 Prozentpunkte.

Powell dürfte mit seinem jüngsten Entscheid bei Donald Trump (79) weiterhin für einen roten Kopf sorgen: Seit Monaten setzt sich der US-Präsident für eine drastischere Leitzinssenkung ein, um die US-Wirtschaft anzukurbeln und Jobs zu schaffen. Am Dienstagabend während seiner Asienreise nahm er Powell erneut ins Visier und betitelte diesen bei einem Abendessen vor Wirtschaftsvertretern als «schlechten Fed-Mann».

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Die Senkung war von den Märkten in dieser Höhe erwartet worden. Und damit nicht genug: Eine Befragung vom Oktober des amerikanischen Senders CNBC unter Ökonomen zeigt, dass nach dieser Zinssenkung 84 Prozent mit einer weiteren im Dezember rechnen. Laut Gerüchten könnte kurz vor Weihnachten gar eine doppelte Zinssenkung auf dem Tisch sein. 54 Prozent erwarten zudem eine dritte Senkung im Januar 2026.

Ein empfindlicher Balanceakt

Zu den zentralen Aufgaben der US-Notenbank gehören Preisstabilität und Vollbeschäftigung. Mit einer Leitzinssenkung hilft sie zwar dem schwächelnden Arbeitsmarkt und schafft Preisstabilität. Doch tiefe Zinsen sind auch ein Inflationstreiber. Und viele Ökonomen erwarten, dass die Teuerung in den USA weiter zulegen wird – derzeit liegt sie mit drei Prozent leicht über der kritischen Marke von zwei Prozent.

Die Notenbank hat einen Wert von zwei Prozent zum Ziel. Mit den aktuellen Leitzinsentscheiden bewegt sich Powell also auf einem schmalen Grat zwischen wirtschaftlicher Stabilisierung und dem Risiko einer erneut anziehenden Inflation. In der Mitteilung zum Entscheid betont die Bank: «Der Ausschuss achtet auf die Risiken für beide Seiten seines Doppelmandats und ist der Ansicht, dass die Abwärtsrisiken für die Beschäftigung in den letzten Monaten zugenommen haben.» Der Zentralbankrat bewertet die Situation am US-Arbeitsmarkt also als gewichtiger als die steigende Inflation.

Trumps Abgeordneter stimmte für eine stärkere Senkung

In der Mitteilung wird auch offengelegt, wie die involvierten Personen zu einer Leitzinkssenkung abgestimmt haben. Die einzigen, die sich quer stellten, waren einerseits Jeffrey R. Schmid (66) von der regionalen Fed aus dem Bundesstaat Kansas, der den Leitzins unverändert belassen wollte. Für eine drastischere Senkung um einen halben Prozentpunkt setzte sich Stephen Miran (42) ein.

Im September hatte Tump seinen loyalen Wirtschaftsbrater als Fed-Gouverneur installiert. Dies stellte ein Versuch Trumps dar, die politische Unabhängigkeit der Notenbank zu untergraben und wurde als eine gefährliche politische Einflussnahme gewertet.

Bei einer anschliessenden Pressekonferenz im Hauptsitz der Bank in Washington D.C. liess sich Powell – wie vom langjährigen Notenbank-Chef gewohnt – nicht in die Karten blicken. Eine Frage, die die anwesenden Journalisten brennend interessiert, ist wie es um eine weitere Leitzinssenkung im Dezember steht. Powell erwähnt, dass der Bankrat diesbezüglich noch keine Entscheidung getroffen habe. Im Gegenteil: Davon sei man noch weit entfernt. Man werde sich die verfügbaren Daten anschauen und anschliessend bewerten, wie man weiter verfährt.

Doch wegen des derzeitigen Shutdowns in den USA hatte es die Notenbank bei ihrer Bewertung der Konjunktur schwerer als auch schon: Powell erklärt, dass dieses Mal aufgrund des Regierungsstillstandes wichtige Dokumente gefehlt hätten, die der Zentralbankrat normalerweise für eine Entscheidung zum Leitzins heranziehe. Eine Journalistin der «New York Times» möchte wissen, was die Notenbank tun wird, wenn der Shutdown weiter anhält und auch im Dezember zentrale Daten fehlen würden. Powell gab sich gelassen: Die Fed erhält stets «einige Daten», sagt er. Man bewege sich nie gänzlich im Dunkeln. Und gäbe es grössere Verschiebungen in der US-Wirtschaft, würde ihnen das nicht entgehen, so der Notenbank-Chef.