Analystinnen und Analysten rechnen zwar in den kommenden Jahren mit einem Rückgang, doch das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte aber demnach frühestens ab 2025 erreicht werden. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW.

Die befragten 181 Finanzexperten erwarten insbesondere, dass steigende Löhne zu Druck auf die Inflation im Euroraum führen. Gefallene Energiepreise und die straffere Geldpolitik der EZB mit Zinserhöhungen in Serie sorgten hingegen bei einigen Experten für sinkende Inflationserwartungen.

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Inflationsraten bis 5,8 Prozent erwartet

Die Finanzmarktexpertinnen und -experten rechnen in der Umfrage vom Mai für die Jahre 2023, 2024 und 2025 im Schnitt mit Inflationsraten von 5,8 Prozent, 3,5 Prozent beziehungsweise 2,5 Prozent. Im Februar hatten die Experten die Inflationsrate für dieses Jahr etwas höher auf 6 Prozent geschätzt. Zum Vergleich: Die EZB sieht ihr Ziel stabiler Preise mittelfristig bei einer Inflationsrate von zwei Prozent erreicht.

«Erstmalig seit Beginn der Erhebung sinken die Inflationserwartungen der Finanzmarktexpertinnen und -experten leicht», sagte Ökonom Frank Brückbauer vom ZEW-Forschungsbereich Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte. Sie stabilisierten sich aber auf hohem Niveau.

EZB gibt sich optimistischer

Mit ihren Schätzungen sind die befragten Finanzexperten pessimistischer als die EZB, die dieses Jahr eine Inflationsrate von im Schnitt 5,3 Prozent erwartet. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist die hohe Inflation ein grosses Problem: Sie zehrt an ihrer Kaufkraft, die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten.

Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen hat die EZB mit einer Serie von sieben Zinserhöhungen seit Juli 2022 auf die hartnäckig hohe Inflation im Euroraum reagiert - aus Sicht ihrer Kritiker zu spät. Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Zentralbankgeld besorgen können, liegt nun bei 3,75 Prozent.

Inflation bei 7 Prozent im April

Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohe Teuerungsraten dämpfen kann. Bis der Mechanismus der Geldpolitik wirkt, vergeht aber Zeit. Im April hatte die Inflationsrate im Euroraum laut Statistikbehörde Eurostat bei 7 Prozent gelegen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat sich zuletzt entschlossen im Kampf gegen die Inflation gezeigt.

In der ZEW-Umfrage gab eine Mehrheit von 70 Prozent der Finanzexperten an, dass sie ihre Inflationsprognosen seit Februar wegen der Lohnentwicklung erhöht haben. Auch die grüne Transformation der Wirtschaft wird überwiegend als Inflationstreiber betrachtet. Knapp die Hälfte der Experten haben ihre Vorhersage daher angehoben. Die Entwicklung der Energiepreise sowie die Geldpolitik der EZB wirkt nach Ansicht von 48 beziehungsweise 39 Prozent indes dämpfend auf die Inflation.

Für die Studie wurden im Mai 1181 Finanzexperten befragt aus Banken, Versicherungen, Investmentgesellschaften und Finanzabteilungen von mittelgrossen bis grossen deutschen Unternehmen. Diese meisten waren dem ZEW zufolge Ökonomen oder Analysten.

(sda/rul)

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