«Gott sei Dank rettet jemand die Credit Suisse». Das war der erste Gedanke von Joachim Klement, Investmentstratege bei Liberium Capital in London, als er von der Übernahme der zweitgrössten Schweizer Bank durch die UBS hörte. Denn ein unkontrollierter Untergang der Credit Suisse hätte zu einer europäischen Bankenkrise führen können, wie Klement im Video-Interview mit «Cash» erzählt. Es wurde am Rande des Institutional Money Kongresses in Frankfurt geführt.  

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Das Vermeiden einer solchen Krise ist für Klement nicht der einzige Grund, weshalb er einigermassen optimistisch für die Entwicklung der Börsen bis Ende Jahr ist. Die Inflation falle rapide, und die Leitzinserwartungen an den Märkten sänken, so Klement.

Dabei beobachtet er eine relativ «komische» Situation an den Aktienmärkten. «Der erwartete Gewinnrückgang bei den Unternehmen sollte eigentlich für einen Rückgang der Börsen sprechen», so der Investmentstratege, der früher unter anderem Chefstratege und Partner bei Wellershoff & Partners in Zürich war und auch bei der UBS arbeitete. Er erwartet für den europäischen Gesamtdurchschnitt 12 bis 15 Prozent tiefere Unternehmensgewinne im 2023 im Vergleich zum Vorjahr. Doch viel davon sei an den Börsen schon eingepreist.

Klement hält auch an seiner im letzten August im Cash-Interview getätigten Prognose fest, dass die USA zu 95 Prozent in eine Rezession treten werden – obwohl sich die konjunkturelle Entwicklung besser entwickelt habe als erwartet. In Europa beobachte man bereits negative Quartale beim Bruttoinlandprodukt. «Daher denken wir, dass die Rezession schon hier ist», so Klement. Und daher empfiehlt Liberium Capital nebst defensiven Titeln und Versorgern für die nächsten Monate nur einen Bereich aus dem Aktienuniversum.

Lindt & Sprüngli hat Pricing Power 

«Für zyklische Konsumgüter sind die Aussichten besonders positiv», sagt Klement. Denn sinkende Inflation und damit mehr verfügbares Geld für die Haushalte liessen die Nachfrage nach Konsumgütern steigen. «Wir verbinden also unsere eher defensive Haltung von Pharmaunternehmen und Versorgern mit zyklischen Konsumgütern», so Klement.

Lindt & Sprüngli hat es ihm besonders angetan. «Das Unternehmen hat so genannte Pricing Power, das heisst, es ist in der Lage, die Schokoladenpreise und die Gewinnmargen hochzuhalten, obwohl die Rohwarennotierungen gerade etwa für Kakao gestiegen sind.»

Während bei manchen Lebensmittelunternehmen wegen der steigenden Preise der Verkauf abnahm oder zumindest stagnierte, weil die Konsumenten zu günstigeren Produkten griffen, sieht Lindt dieses Problem in der Tat kaum. «Die Menschen gönnen sich auch in inflationären Zeiten Premium-Schokolade», sagte Lindt-CEO Adalbert Lechner Anfang März an der Jahresmedienkonferenz. Das Unternehmen hat im letzten Jahr die Preise um gut 4 Prozent erhöht. 

Klement schränkt zwar ein, dass die Bewertung von Lindt hoch ist. «Trotzdem sind wir optimistisch für die Titel». Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Lindt beträgt 44, dasjenige des vergleichbaren Konkurrenten Hershey aus den USA 30. Die Lindt-Aktie ist in diesem Jahr bereits 16 Prozent gestiegen, verglichen mit 12 Prozent bei Hershey.