Bald ein Jahr ist Martin Schlegel Präsident der Nationalbank. Die Stabübergabe von SNB-Langzeitchef Thomas Jordan an seinen Ziehsohn verlief geräusch- und reibungslos, wie man es von der Hüterin der Geldstabilität erwartet. Auch die ersten Monate von Schlegels Amtszeit waren von Kontinuität geprägt.

Er mag im Stil und im Auftreten anders sein, aber sonst blieb vieles beim Alten. Doch jetzt hat er sich in einer Sache klar gegen den Willen seines ehemaligen Chefs entschieden: Schon ab der kommenden Zinssitzung Ende September soll das Publikum mehr darüber erfahren, wie der Entscheid zustande gekommen ist. Die Sitzungsprotokolle werden einige Wochen nach dem Zinsentscheid veröffentlicht, so wie es auch Fed und EZB schon lange machen.

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Die Forderung nach mehr Transparenz stand schon länger im Raum, aber die SNB winkte immer ab. Auch Schlegels Vorgänger war stets dagegen. Er befürchtete, der freie Meinungsaustausch würde darunter leiden. Schlegel geht nun einen neuen Weg. Radikal ist der Öffnungsschritt allerdings nicht. Viel mehr als bisher wird man in den neuen Unterlagen nämlich nicht erfahren. Denn auch Schlegel will die manchmal kontrovers geführten Diskussionen an der Spitze nicht abwürgen. So soll das Protokoll keine Details zu den einzelnen Voten erhalten, sondern nur die Beratungen und den Entscheid des Direktoriums als Kollektiv darlegen. Und es werden wohl auch keine Mehrheitsverhältnisse bekannt gegeben. Es ist ja nur ein Dreiergremium.

Mehr Transparenz ist definitiv zu begrüssen. Und es ist auch richtig, dass sich Schlegel ein Stück weit von seinem Ziehvater emanzipiert. Doch ein Anti-Jordan ist er deswegen noch lange nicht.

Denn in allen anderen wesentlichen Fragen setzt Schlegel den Kurs seines Vorgängers fort, auch wenn bisweilen ein anderer Eindruck entstehen mag. So wird Schlegel mit fallenden Zinsen in Verbindung gebracht. Aber es war Jordan, der diesen Zinssenkungszyklus im März 2024 eingeleitet hat. Auch die Einstellung gegenüber Devisenmarktinterventionen hat sich unter Schlegel nicht wirklich geändert, nur weil unter ihm der Franken weniger Erwähnung findet und die SNB kaum noch Devisen kauft. Lange vor Schlegel hat die SNB aufgehört, in der geldpolitischen Lagebeurteilung die Bewertung des Frankens zu kommentieren. Bis im März 2022 hiess es da noch, der Franken sei weiterhin hoch bewertet. Seither fehlt der Satz, obwohl der reale Franken-Kurs nicht gesunken ist.

Dass seit Schlegel weniger am Devisenmarkt interveniert wird, hat damit zu tun, dass der Franken zumindest zum Euro recht stabil ist und es noch Spielraum bei den Zinsen gab. Jordan hätte es genauso gemacht. Schlegel drückt der SNB seinen Stempel auf, doch unter der Oberfläche ändert sich nicht viel.