Die Schweizer Olympia-Pläne sorgen für Unmut: Die vom Bundesrat in Aussicht gestellte Milliarde Franken für die Olympischen Winterspiele in Sitten im Jahr 2026 stösst rechts und links auf Kritik. SP und Grüne fordern zwingend eine Volksabstimmung. Für die SVP stehen andere Ausgaben – etwa die Landesverteidigung – höher auf der Prioritätenliste. Vielerorts wächst die Angst, die Kosten sind heute viel zu konservativ veranschlagt.

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Tatsächlich zeigen Beispiele aus der Vergangenheit, dass Olympische Spiele oftmals für gute Laune während des Events sorgen und langfristig das Image einer Stadt aufpolieren können. Auch wirkt der Bau von Spielstätten und Unterkünften im Vorfeld der Veranstaltung wie ein Mini-Konjunkturpaket. Doch langfristig kann eine Olympia-Bewerbung vor allem ein potenzielles Milliardengrab bedeuten.

Legendär sind die Bilder der verwilderten Bob-Bahn in Sarajevo, wo die Spiele im Jahr 1984 stattfanden. Auch viele Athener Spielstätten, wo die Sommerspiele 2004 ausgetragen wurden, sind mittlerweile zu Ruinen verkommen. Und erst ein Jahr nach Rio droht den brasilianischen Anlagen das gleiche Schicksal (siehe Bildergalerie oben).

Kalkulation der Kosten kann massiv variieren

Umso überraschender scheint, dass sich bis heute oft hartnäckig der Mythos hält, dass die ausrichtenden Städte wirtschaftlich oder finanziell von Olympia profitieren würden. Für den amerikanischen Sportökonomen Andrew Zimbalist vom Smith College in Massachusetts ist die Sache klar: So führten etwa die Spiele von Rio zu einer aufgeblähten öffentlichen Infrastruktur in der Millionenstadt. Grundsätzlich übertreffen die Kosten für eine Bewerbung und das Errichten der Anlagen mit strengen Auflagen und steigenden Sicherheitsvorkehrungen die Einkünfte deutlich, ist Zimbalist überzeugt.

Zudem, so führte er in einem Interview im vergangenen Jahr aus, seien die Ausgaben für ein solches Grossevent nur schwer zu beziffern. Welche Kosten müssen in der Aufstellung berücksichtigt werden? Rio etwa zahlte allein 3 Milliarden Dollar für eine neue Metrolinie von Ipanema nach Barra, so Zimbalist. Für manchen Kritiker wurde diese Strecke ausschliesslich für die Spiele gebaut, für andere hingegen war sie angesichts der stattfindenden Stadtentwicklung ohnehin notwendig. So kommt es denn auch, dass die kalkulierten Kosten für Rio stark schwankten – von 4,6 Milliarden (Uni Oxford) über knapp 12 Milliarden (Brasiliens Regierung) bis zu 20 Milliarden Dollar (Zimbalist).

Für die Grünen stellen die Spiele ein finanzielles Hochrisiko dar

Entsprechend schwer ist es für die Schweizer Offiziellen, die tatsächlichen Kosten zu beziffern: Anfang August hatten Swiss Olympic und das Bewerbungskomitee «Sion 2026» das Dossier zur Machbarkeit von Olympischen Winterspielen im Wallis beim Bund und den beteiligten Kantonen eingereicht: Sie schätzen die Aufwendungen für die Organisation der Spiele auf 1,86 Milliarden Franken – und kalkulieren unterm Strich mit einem Minus. Das Komitee hofft darauf, dass der Bund 0,8 bis 1 Milliarde Franken beisteuern wird.

Dass die Aufwendungen am Ende durchaus höher ausfallen können, liegt auf der Hand und war in der Vergangenheit wohl eher die Regel als die Ausnahme. So kosteten die Spiele von Athen umgerechnet über 12 Milliarden Franken statt der ursprünglich anvisierten 5 Milliarden Franken. Für die Grünen stellen die Olympischen Spiele in Sion denn auch ein finanzielles Hochrisiko dar: Die Kosten für die öffentliche Hand allein für die Durchführung der Spiele seien nach weniger als einem Jahr Planung bereits um rund 650 Millionen Franken gestiegen, hiess es Ende vergangener Woche.

Tirol stimmte gegen Olympia 2026

«Die Spiele werden Schulden hinterlassen, die von der Öffentlichkeit bezahlt werden müssen», sagte der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor in der «Sonntagszeitung». Bezweifelt wird insbesondere, dass 300 Millionen Franken für die Sicherheit ausreichen. Der frühere SBB-Chef Benedikt Weibel, Delegierter des Bundesrates für die Fussball-EM 2008, erklärte: «Die Erfahrungen mit der Euro 08 und die Beispiele anderer Winterspiele zeigen klar: Die 300 Millionen sind eine völlig unrealistische Schätzung und viel zu tief.»

Tatsächlich scheint es für viele Städte inzwischen kaum noch attraktiv, als Austragungsort von Olympischen Spielen in Erscheinung zu treten. Mitte Oktober stimmten die Tiroler mit 53,4 Prozent Nein-Stimmen gegen die Bewerbung für Olympia 2026. In Hamburg votierten die Bürger 2015 in einem Referendum gegen die Sommerspiele im Jahr 2024. Und vor einem Jahr zog auch Italien die römische Bewerbung fürs gleiche Event zurück: Die regierende Bürgermeisterin der Hauptstadt, Virginia Raggi, hatte sich vehement dagegen positioniert – die Übernahme der Kosten hielt sie für unverantwortlich.

(mit Material der SDA)