Bis vor kurzem dürfte kaum jemand Lisa Cook gekannt haben, ausser vielleicht dafür, dass sie die erste schwarze Frau auf dem Posten einer Gouverneurin der US-Notenbank Fed ist. Doch seit US-Präsident Donald Trump Cook per Social-Media-Post gefeuert hat, dominiert ihr Name die Wirtschaftsberichterstattung. Aus gutem Grund. Der Hintergrund ihrer Entlassung, die Cook vor Gericht anficht, steht für ein veritables Risiko für die Weltwirtschaft und die internationalen Kapital- und Währungsmärkte.
Juristisch begründet Trump Cooks Entlassung damit, dass sie vor ihrer Zeit bei der Fed falsche Angaben bei einem Hypothekenantrag gemacht habe. Noch nie ist ein Fed-Gouverneur oder eine Fed-Gouverneurin gefeuert worden. Für Trump ist der Hypotheken-Vorwurf aber primär ein Vorwand. Ihm geht es um etwas anderes, und daraus macht er keinen Hehl: Kann er Cook beim Fed ersetzen, haben seine Anhänger die Mehrheit im Führungsgremium der US-Notenbank. Im nächsten Frühling kann Trump auch den neuen Präsidenten der Fed bestimmen. Den aktuellen Fed-Chef Jerome Powell beleidigt der US-Präsident seit längerem öffentlich übel, weil dieser sich seinen Wünschen nach massiv tieferen Zinsen widersetzt. Haben Trumps Anhänger beim Fed das Sagen, ist die Gefahr gross, dass die US-Notenbank ihre Unabhängigkeit verliert.
Die Unabhängigkeit der Notenbanken hat grösste Bedeutung, das gilt erst recht für die wichtigste von allen, die Fed. Denn sie wacht über den Wert der Weltwährung Dollar. Die Geschichte zeigt: Immer wenn Zentralbanken ihre Geldversorgung und ihre Leitzinsen nach den Wünschen der Regierung ausrichten mussten, war eine explodierende Inflation das Ergebnis. Wenn die Leute sehen, dass eine Notenbank stets das Geld neu schöpft, das eine Regierung von ihr haben will, verlieren sie das Vertrauen in den Wert dieses Geldes. Lohn-Preis-Spiralen sind die Folge, weil niemand als Verlierer der Teuerung zurückbleiben will. Dass die Inflation bis zu Covid über Jahrzehnte in den entwickelten Ländern eine Randerscheinung geblieben ist, lag an der Unabhängigkeit der Notenbanken: Sie ist der Garant dafür, dass Notenbanken bei der Zinspolitik vor allem die Geldwertstabilität im Blick haben.
Wenn sich Donald Trump mit seinem Vorgehen gegen Cook und Powell durchsetzt, weiss jedes Mitglied der Notenbank künftig, was bei Entscheiden droht, die dem Präsidenten nicht gefallen: eine Schmähkampagne bis hin zur Entlassung. Gründe dafür wird er immer finden.
Damit wäre es vorbei mit dem Vertrauen in den Dollar und in die US-Staatsanleihen, die weltweit wichtigsten Anlagen der Kapitalmärkte. Das wäre das Letzte, was die Weltwirtschaft angesichts der bereits bestehenden Umwälzungen wegen des Zollkriegs noch brauchen kann. Eine Finanz- und Wirtschaftskrise würde wahrscheinlich. Noch ist es nicht so weit, und noch herrscht Ruhe an den Kapitalmärkten, vielleicht aufgrund der Hoffnung, dass die Gerichte Trump stoppen. Doch sollte jetzt klar sein, warum der Fall Lisa Cook uns alle angeht.