Gold hat sich dieses Jahr massiv aufgewertet. Wie lange wird der Höhenflug des Edelmetalls an der Börse anhalten?
Um die wirtschaftlichen Folgen der Krise abzufedern, sind inzwischen weltweit Billionen von Mitteln in unterschiedlichster Form gesprochen worden. Dieses Helikoptergeld führt unweigerlich zu einer Preiserhöhung aller seltenen Güter.

JacquesStaufferParsumoBoerseninterview

Jacques E. Stauffer ist Gründungspartner und CEO beim Vermögensverwalter Parsumo Capital. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Vermögensverwaltung und in der Beratung institutioneller und privater Anleger, unter anderem bei der Credit Suisse.

Quelle: ZVG
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Da bleiben die Edelmetalle beziehungsweise das Gold selbstverständlich nicht zurück. Diese Entwicklung wird sich so lange fortsetzen, bis sich die expansiven Institutionen weitere Unterstützungsmittel nicht mehr leisten können.

Es ist deshalb jeder gut beraten, sich eine eigene Reserve im Rahmen einer Vermögensplanung aufzubauen. Das gilt sowohl für juristische als auch für natürliche Personen.

Die Kürzung der Erdölförderung der Opec-Staaten und weiterer Länder zeigt kaum Wirkung. Hat das Ölkartell keinen Einfluss mehr auf den Preis – und wie wird er sich entwickeln?
Die Opec-Staaten machen nur gerade das Allernötigste zur Stabilisierung des Ölpreises. Der Grund dafür ist, dass sich die USA zum grössten Ölproduzenten der Welt entwickelt haben.

So widersinnig es klingen mag, hat die Opec möglicherweise gar ein Interesse an tieferen Ölpreisen. Die Produktion der US-Ölindustrie ist weit kostspieliger als diejenige vieler Opec-Staaten, und diese Förderung gilt es zu bändigen.

Wie rasch sich der Ausstoss in den USA reduzieren lässt, konnte beim letzten Preiszerfall auf 20 Dollar pro Fass erprobt werden. Längerfristig werden wir jedoch wieder deutlich höhere Ölpreise sehen.

Die grossen US-Techkonzerne gehen gestärkt aus der Corona-Krise hervor. Rechnen Sie mit einem weiteren Höhenflug der sogenannten FAANG-Aktien – Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Alphabet (Google) – und des Microsoft-Titels an der Wall Street?
Microsoft ist als Anbieter von integrierter Office-Software unbestrittener und flächendeckender Leader bei Unternehmen und Haushalten. Microsoft hat in den letzten Jahren alle Voraussetzungen dafür geschaffen, die Marktführung auch im Segment der Cloud-Services zu erreichen.

OneDrive, Teams, SharePoint und Co. sind Dienste zur Entwicklung einer Vormachtstellung auch in diesem lukrativen und zukunftsorientierten Bereich. Im Vergleich dazu sind FAANG geradezu «Nischenanbieter», die Investoren in Zukunft ebenfalls Freude bereiten werden.

Chinas Exporte sind im März weniger stark gesunken als befürchtet. Ist dies ein Zeichen, dass der globale Handel durch Covid-19 doch nicht so stark Schaden nimmt?
Chinas Wirtschaft hat grossen und noch nicht abschätzbaren Schaden genommen, aber sie dürfte sich in den kommenden Monaten besser entwickeln als erwartet.

Als Ursprungsland der Pandemie hat China der Welt die wenigen Vorzüge einer zentralistischen Regierung vor Augen geführt. Es wäre ein Trugschluss, davon auszugehen, dass die westlichen Industrienationen ebenso rasch aus der Krise herauskommen.

Dazu haben die demokratisch gewählten, aber patriarchalisch anmutenden Führer die zur Bekämpfung der Pandemie notwendigen, drakonischen Massnahmen zu zögerlich umgesetzt. Die Gefahr eines Rückschlags durch eine zu frühe Lockerung der Einschränkungen ist latent vorhanden.

Was beschäftigt die Börsenanleger derzeit nebst diesen Themen besonders?
Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Wiedereinstieg? Zu dieser Frage gibt es keine Standardantwort, da die Umstände jedes einzelnen Investors massgebend sind.

Als Grundsatzregel gilt jedoch: Je länger der Anlagehorizont, desto einfacher kann uneingeschränkt mit «jetzt» geantwortet werden. Je kürzer der Anlagehorizont, desto klarer fällt das «noch nicht» aus.

«So widersinnig es klingen mag, hat die Opec möglicherweise gar ein Interesse an tieferen Ölpreisen»

Wie wird sich die Schweizer Börse kurzfristig entwickeln?
Aktuell möchte ich auf eine kurzfristige Prognose verzichten. Eine solche wäre nicht seriös.

Wo steht der SMI in 12 Monaten?
Auf zwölf Monate hinaus ist eine Prognose zurzeit ausserordentlich schwierig, da die weitere Entwicklung der Pandemie und ihre Konsequenzen auf die Weltwirtschaft einer Wette gleichkommen.

Wegen den riesigen Anstrengungen von Wissenschaft und Forschung dürften innert mittlerer Frist Impfungen und Medikamente gegen Covid-19 gefunden werden. Diese Zuversicht lässt eine nachhaltige Erholung des SMI in den nächsten zwölf Monate erwarten. Die hohe Liquidität könnte dabei als Katalysator wirken.

Das Interview wurde schriftlich geführt.