Ein Tausendstel Millimeter: Das ist so viel wie ein 50-mal aufgespaltenes Haar. So präzis kann der elektrische Linearmotorschlitten technische Komponenten positionieren. So sauber und elegant wie die Teile des Kompaktmotors sich bewegen, hatte die Nachfolgeregelung der Firma Jenny Science zu Beginn nicht ausgesehen – auch wenn sich Inhaber Alois Jenny, Elektroingenieur und Gründer des Innerschweizer Hightech-Unternehmens, früh genug mit dem Thema auseinandersetzte: «Sie müssen das tun, solange Sie noch bei Kräften sind», hiess es.

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Vor fünf Jahren stellte er sich dieser Frage erstmals, als sich erste gesundheitliche Belastungsgrenzen bemerkbar machten. Damals war eine Übergabe an die vier Söhne jedoch kein Thema, da sie teilweise noch in der Ausbildung waren. Also begann er, die Möglichkeit eines Verkaufs an einen Mitbewerber im In- oder Ausland abzuklären. Ein passabler Kandidat aus Taiwan, der im gleichen Segment tätig war, zeigte grosses Interesse. Alois Jenny war allerdings nicht vollends überzeugt vom Deal und legte das Thema auf Eis. Stattdessen setzte der heute 59-Jährige seiner Familie – einer klassischen Patchwork-Familie – gegenüber ein Zeichen. Alois Jenny schenkte seinen vier Söhnen und den beiden Stieftöchtern einige Aktien. Er ging davon aus, dass die Firma langfristig so oder so an die Kinder verschenkt werden würde, da sie das Unternehmen nie würden kaufen können.

Doch manchmal muss man getroffene Entscheidungen revidieren. Dies realisierte der engagierte Unternehmer, als er 2017 in einem Gespräch mit seinem UBS-Bankberater auf das Thema Nachfolge zu sprechen kam. Jenny erfuhr, dass Nachfolger erfahrungsgemäss bessere Resultate mit der Firma erzielen, wenn sie Verantwortung und Risiken tragen müssen. Der Patron begann, in eine neue Richtung zu denken. Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. «Rückblickend kann ich sagen, dass es ein Fehler gewesen wäre, die Aktien zu verschenken», sagt der passionierte Erfinder, der in den 1990er-Jahren mit der Erfindung des Fahrraddynamos mit Standlicht den De-Vigier-Preis zur Förderung von Jungunternehmern gewonnen hatte.

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Foto: René Ruis
Foto: René Ruis
Mit 64 ist schluss

Sein Lebenswerk sollte weiter erfolgreich bestehen. Jenny wusste nun, was der richtige Weg war: Er würde seinen Söhnen die Firma verkaufen – und nicht schenken. Die Kinder müssen dafür bei der Bank kreditwürdig sein und sich privat verschulden. «Den Kredit sollten sie über wenige Jahre komplett zurückzahlen können, wenn das Unternehmen künftig so erfolgreich wirtschaftet wie bisher», so Alois Jenny. Mit diesem Dreh soll der Motor am Laufen bleiben – und die Söhne am Ball.



«Ein Glücksfall, dass nicht alle die gleichen Stärken haben und jeder auf seinem Gebiet die Verantwortung übernehmen kann.»

Alois Jenny


Die radikale Kehrtwende bei der Nachfolgeplanung war nur möglich, weil die Söhne im Alter zwischen 26 und 34 Jahren aus freien Stücken entschieden, sich für die väterliche Firma zu engagieren. Sie bilden sich derzeit fokussiert in den Bereichen Verkauf, Entwicklung und Konstruktion weiter. So können sie die anspruchsvollen Aufgaben untereinander aufteilen und abdecken. Drei Söhne sind bereits im Unternehmen tätig, der älteste Sohn stösst im August als Supply Chain Manager hinzu. Alois Jenny: «Ein Glücksfall, dass nicht alle die gleichen Stärken haben und jeder auf seinem Gebiet die Verantwortung übernehmen kann.»

Sicher ist, dass Jenny im Jahr 2022 nicht mehr in der operativen Verantwortung stehen wird. Sein Abschlussprojekt ist der Neubau des Firmensitzes. Danach hört er auf. «Ich werde sicher noch beratend zur Seite stehen, wenn nötig. Aber mit 64 bin ich draussen», sagt Alois Jenny kurz und bündig. Man glaubt es ihm aufs Wort.

UBS-Tipps

Eine erfolgreiche Nachfolgeregelung braucht Zeit. Wer die nicht hat, gerät unter Druck.

  • Grosszügige Gesten vor der Ausführung hinterfragen: Die Firmenaktien an Familien-
  • mitglieder zu verschenken, ist nicht unbedingt der beste Weg. Es lohnt sich, Alternativen zu prüfen.
  • Privates und Geschäftliches nach
  • Möglichkeit trennen.
  • Know-how genug früh weitergeben – am besten ein paar Jahre vor der Übergabe.
  • Die private Vorsorge nicht vernachlässigen und sie nicht vom Firmenerlös abhängig machen.