Erdöl steht seit Juli 2014 im Zeichen einer sinkenden Preiskurve. Inzwischen nähert sich der Ölpreis wieder der Marke von 50 Dollar, ja sogar dem im Januar erreichten Tief von 46 Dollar. Zum Vergleich: Vor einem Jahr wurde ein Barrel (159 Liter) noch zu 110 Dollar gehandelt.

Angesichts einer weltweiten Überproduktion ist kein Ende der Talfahrt in Sicht. Die Ölförderer bemühen sich zwar, ihre Betriebe zu rationalisieren und wettbewerbsfähiger zu gestalten, ohne dass sich jedoch am Markt eine entsprechende Wirkung eingestellt hätte.

Während Saudi Arabien den Markt mit billigem Erdöl überschwemmt, bemüht man sich anderswo darum, den Ausstoss von Erdöl einzuschränken und gleichzeitig die Produktionskosten zu senken. Shell will etwa die Zahl der Mitarbeiter drastisch kürzen und weniger lukrative Unternehmensbeteiligungen abbauen. Ähnliche Schritte werden bei British Petroleum, Total, Royal Dutch und Eni ins Auge gefasst.

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Streit zwischen Amerikanern und Saudis

Beobachter werten den aktuellen Preiszerfall als die Folge einer Auseinandersetzung zwischen Saudi Arabien und den USA. Die amerikanischen Ölgesellschaften sind die wichtigsten Partner des Königreichs und tragen dazu bei, das Öl des Landes zu gewinnen und zu verkaufen.

Trotz des Schieferöl-Booms benötigen die USA zudem nach wie vor das Öl der Saudis, und umgekehrt benötigt Saudi Arabien die amerikanische Technologie. Gleichzeitig fusst die Zusammenarbeit auf der militärischen Kooperation, die trotz religiöser und ethisch unterschiedlicher Grundwerte die Bande enger knüpfen liess.

Während des letzten Jahres verzeichnete diese Allianz jedoch Risse im Gebälk. Saudi Arabien beansprucht eine Förderquote von 12,5 Millionen Barrel pro Tag innerhalb des Ölkartells der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC). Das ist eine grössere Menge, als die vier nächst grössten Produzenten in der Lage sind zu erzeugen.

Kontrollverlust der OPEC

Heute kontrolliert aber die OPEC nicht mehr den Weltmarkt. Die wachsende Produktion der USA, Russlands und anderer Exporteure ausserhalb der OPEC erobern einen steigenden Marktanteil. Unter Inkaufnahme von Verlusten versucht Saudi Arabien nun mit einer unvermindert hohen Förderung von Erdöl die weniger kostengünstige Produktion der Rivalen am Markt in Schranken zu halten.

Dies funktionierte im Fall der USA aber nicht wirklich. Zwar wurden zunächst bei einer Gewinnschwelle von 70 Dollar pro Barrel zahlreiche Betriebe eingestellt. Doch die amerikanische Ölindustrie reagierte mit effizienteren Abbaumethoden und billigerer Technologie - und es gelang ihr sogar, seit dem letzten Oktober die Erzeugung um eine halbe Million Barrel pro Tag zu steigern.

Gemäss Experten soll für einige Anlagen die Gewinnschwelle auf 27,50 Dollar gesenkt worden sein. Vor allem wurde die Verwendung von Wasser bei der Förderung erheblich gesenkt. Dank dem Erfindungsgeist der US-Industrie könnte es daher leicht möglich sein, dass Saudi Arabien den Kampf mit der amerikanischen Industrie verlieren wird.

(sda/ccr)