Kürzlich wurden einem leitenden Arzt am Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich zwei falsche Doktortitel aberkannt. Der Akademiker hatte seine Abschlüsse, die er an einer südafrikanischen Schule erwarb, kurzerhand in Dr.med. und Dr.med.dent. umgewandelt. Bei solch einem Schwindel ist die Rechtslage klar. Doch was geschieht, wenn ein Inhaber eines universitären Lizenziats im Lebenslauf einen Master angibt?

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Die Schweiz hatte sich verpflichtet, bis 2010 die Ziele der Bologna-Deklaration umzusetzen und ein zweistufiges Studium mit Bachelor als Erstabschluss und Master als Zweitabschluss einzuführen. Damit wurden Struktur und Bezeichnung der Titel national sowie international vereinheitlicht. Um die Absolventen der alten Lizenziats- und Diplomstudiengänge durch die Bologna-Reform nicht zu diskriminieren, wurde 2006 die Gleichwertigkeit dieser Abschlüsse mit dem konsekutiven Master-Titel offiziell festgehalten.

Universitäre Gleichwertigkeit

In der Begründung heisst es, Lizenziate und Diplome der universitären Hochschulen seien zwar in einem anders ausgestalteten Studiengang erworben worden als der Master-Abschluss, seien diesem gegenüber aber ebenbürtig. Folgerichtig müssten die Universitäten die Absolventen aller drei Studiengänge gleich behandeln. Sie dürften beispielsweise für die Zulassung zum Doktorat an die Inhaber eines Lizenziats keine zusätzlichen Anforderungen stellen, die nicht auch für die Träger eines Master-Titels gelten würden.

Die universitären Hochschulen hätten die Gleichwertigkeit der Abschlüsse auf schriftliches Gesuch hin zu bescheinigen, allerdings ohne eine fachliche Präzisierung des Titels vorzunehmen. Denn die alten Studiengänge sind zwar von demselben Niveau, aber inhaltlich oft nicht deckungsgleich mit den neuen. Eine offizielle Bescheinigung in Englisch und Deutsch kostet je nach Universität 0 bis 50 Franken. Formulare findet man auf den Websites.

Doch auch wer ohne Bescheinigung sein Lizenziat in einen konsekutiven Master umwandelt, handelt legal. Ausgeschlossen ist lediglich das gemeinsame Führen des alten sowie neuen Titels auf demselben Schriftstück. Statistiken, wie viele Äquivalenzbestätigungen seit der Bologna-Reform ausgestellt wurden, gibt es keine. Von vier angefragten Universitäten verfügt nur Bern über entsprechende Zahlen. Denen zufolge wurden vom Vizerektorat Lehre bis heute rund 700 Gleichwertigkeitsbescheinigungen verschickt.

Sonderfall Fachhochschulen

Etwas anders sieht es bei Fachhochschul-Abschlüssen aus. Da im Rahmen der Bologna-Reform einige Höhere Fachschulen (HF) zu Fachhochschulen (FH) umstrukturiert wurden, hat der Bund für Inhaber altrechtlicher Titel einen nachträglichen Erwerb des FH-Titels (NTE-FH) eingerichtet. Gemäss Toni Schmid, Geschäftsführer des Absolventen-Dachverbands FH Schweiz, gibt es diese Möglichkeit seit 2000, als die ersten Studiengänge mit einem FH-Diplom abschlossen.

Allerdings darf sich ein Betriebsökonom HWV nicht einfach Betriebsökonom FH nennen. «Für eine Titelumwandlung müssen fünf Jahre Berufserfahrung nach Abschluss oder eine Weiterbildung auf Hochschulstufe nachgewiesen werden», erklärt Schmid. Diese Regel gilt für Inhaber von Diplomen folgender Vorgängerinstitute der Fachhochschulen: Ingenieurschule HTL, Höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschule HWV, Höhere Fachschule für Gestaltung HFG, Höhere Hauswirtschaftliche Fachschule HHF sowie die Hotelfachschule Lausanne.

Seit 2005 nimmt das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) auch Titelumwandlungen von Absolventen mit einem von der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) anerkannten Diplom in den Fachbereichen Soziale Arbeit, Musik, Theater und andere Künste, Angewandte Psychologie oder Angewandte Linguistik vor. Der nachträgliche Erwerb eines FH-Titels für Abschlüsse in Physiotherapie, Ergotherapie, Ernährungsberatung und Hebamme ist seit 2009 möglich.

Eine Titelumwandlung beim SBFI kostet 100 Franken. Schmid schätzt, dass bis heute weit über 10 000 Gesuche für den nachträglichen Erwerb behandelt wurden. Auch hier ist eine doppelte Titelführung nicht möglich, laut Schmid löst das FH-Diplom die alte Bezeichnung ab, etwa Betriebsökonom FH statt Betriebsökonom HWV. FH Schweiz empfiehlt jedoch, den Betriebsökonom FH mit einer Klammer (HWV) zu ergänzen, sodass der Adressat gleich sehe, was dahinterstecke.

Seit 2009, als die ersten Bachelor-Diplome abgegeben wurden, dürfen Inhaber altrechtlicher Titel zusätzlich die Bezeichnung Bachelor of Arts (BA) respektive Bachelor of Science (BSc) tragen. «Verfügt jemand über den nachträglichen Titelerwerb – zum Beispiel Betriebsökonom FH –, kann er sich ohne weiteres Verfahren zusätzlich auch Bachelor of Science FH in Business Administration nennen. Nicht aber mit dem HWV-Titel», sagt Schmid. Wer einen geschützten Fachhochschulabschluss führe, ohne die entsprechenden Voraussetzungen zu erfüllen, könne strafrechtlich verfolgt werden.