Seine Freizeit hat Hannes Bühler als Bub vor allem in einer Lehmgrube nahe dem zürcherischen Albisgüetli verbracht. Ein Albtraum für jede Mutter. Wer sich in solchen Arealen tummelt, kommt mit Kleidern nach Hause, die vor Dreck stehen.

Heute steht Hannes Bühler an der Spitze der Vebego, ist Herr über 5300 Mitarbeitende, die dafür sorgen, dass Hunderttausende von Arbeitsplätzen in der Schweiz blitzblank und tiptop gewartet sind. Aus dem kleinen Schmutzfink von damals ist ein picobello präsentierender Mister Saubermann geworden.

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Hang zum Understatement

Nach einer Lehre als Elektromonteur, zahlreichen Weiterbildungen und einem Abschluss als Betriebsökonom wurde Bühler als gut 30-Jähriger Leiter des Luwa- Profitcenters Haustechnik für verschiedene Regionen in der Schweiz.

An seinen ersten Arbeitstag erinnert er sich, als ob es gestern gewesen wäre: «Ich stand da vor den Mitarbeitenden, die allesamt älter und erfahrener waren als ich. Ich sagte ihnen, dass sie viel mehr von ihrem Job verstünden als ich und dass sie dafür verantwortlich seien, dass ich keine technischen Fehler mache.» Dieser Auftritt hat offenbar hingehauen. Im Lebenslauf von Bühler hätte jeder nachlesen können, dass er bis dahin weit mehr Erfahrungen gesammelt hatte, als er vorgab.

Woher stammt dieser Hang zum Understatement, der während des ganzen Gesprächs immer wieder durchschimmert? Die Antwort ist rasch gefunden, wenn man auf den richtigen Knopf drückt - nicht auf den fachlichen, sondern auf den familiären. «Mein Vater war ein echter Sozialdemokrat und Gewerkschafter der alten Schule, ein Büetzer, der stolzerfüllt in seiner Arbeit aufging. Das ist nicht im abschätzigen Sinn gemeint. Er verkörperte für uns Kinder Tugenden, die heute zum Glück wieder vermehrt gefragt sind: Bescheidenheit, Wertschätzung, Arbeitswillen, Anstand und Loyalität.»

Start mit einem Handwerk

Die Arbeit seines Vaters - er war Leiter der SBB-Fundzentrale - gibt auch einen Hinweis auf weitere vererbte Gene. Die Institution, die er managte, ist ein Unikum. «Hier wird aufbewahrt und später versteigert, was Leute im Zug alles liegen lassen. Es ist einfach unglaublich», sagt Bühler und beschreibt, wie eine Gant von jenen Stücken ablief, für die sich auch nach langer Zeit kein Eigentümer finden liess. Da gab es von A wie Armbanduhren über Brillen, Klei- der, Kosmetika bis hin zu Spielsachen und Z wie Zahnputzzeug alles, was Menschen im Zug vergessen. Die vier Bühler-Kinder durften jeweils mitbieten. «Am liebsten ersteigerten wir uns grosse Schirme, aus denen wir Zelte basteln konnten.» Die Bühlers wohnten in einer Siedlung am Friesenberg, die für kinderreiche Familien erstellt wurde. «Meine Geschwister und ich haben alle zunächst einen handwerklichen Beruf erlernt», sagt er. Seine Ausbildung als Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechniker kommt ihm heute zugute. Die Kombination von umfangreichen Weiterbildungsprogrammen und Praxiserfahrungen hat ihm geholfen, die harte Auslese für den CEO-Posten bei Vebego in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld zu bestehen. «Es zeichnet sich aufgrund der Auftragslage ab, dass wir nicht nur dieses, sondern auch nächstes Jahr unsere Entwicklungsziele gut erreicht werden.»

Wer ihm jetzt entgegenhält, es sei doch absehbar, dass der Kundenstamm vor allem deshalb grösser wird, weil sich immer mehr Firmen lieber auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren - wozu Reinigung, Unterhaltsaufgaben oder die Betreuung von Pflanzen und weitere unzählige Dienstleistungen normalerweise nicht gehören -, bekommt eine überraschende Antwort. «Man muss unterscheiden. Zum einen trifft das zu. Aber weil der Kunde immer besser informiert ist, wird er nicht nur anspruchsvoller, sondern vermag auch zu unterscheiden. Was kann ich selbst erbringen und welche Leistungen kann ich genauso gut beim spezialisierten Dienstleister einkaufen.»

Grenzen überschreiten

Bühler hat Visionen, die in eine völlig unerwartete Richtung weisen. Ihn beflügelt offenbar ein unstillbarer Drang nach dem Sprengen von Grenzen. Egal, in welchem seiner Karriereschritte - er hat immer Neues eingebracht.

Beispielsweise während seiner siebenjährigen Tätigkeit bei der MIB AG, wo er in der Produkte-entwicklung startete, dann die Akquisitionsverantwortung übernahm und schliesslich Projektleiter für das gesamte Outsourcing des Unternehmens wurde und es von 60 auf über 820 Mitarbeitende ausbaute.

Seine Aufgaben bestanden auch im Aufbau einer zeitgemässen Infrastruktur oder in der Verantwortung des Reengineering-Prozesses bei der Eingliederung der Gebäudebewirtschaftung der Credit Suisse und der Winterthur Versicherungen. Es ist ein Leichtes, all diese Verantwortlichkeiten, die er vor seinem Antritt bei der Vebego hatte, unter einen Hut zu bringen: Immer ging es um innovative, vorausschauende Lösungen, die den Rahmen des Facility Mangement bei weitem sprengen.

Aber es ist etwas schwieriger, den Menschen hinter all diesen Monsterprojekten zu fassen - zu diesen gehören auch seine Aufgaben als Leiter des Geschäftsbereiches Gebäudemanagement der Post, wo er ebenfalls für die Arbeitsplätze mehrerer Tausend Mitarbeiter zuständig war.

Vielleicht umschreibt sich Bühler am besten selber, indem er sagt, dass er sich immer wieder zum Ziel gesetzt hat, mit Neuerungen der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus zu sein.

Neue «Gastlichkeit» im Spital

Dazu ein aktuelles Beispiel: Um den Mangel an Pflegepersonal in Spitälern beheben zu helfen, verwirklicht Bühler ein Konzept, das den traditionellen Auftrag des Facility Service sprengt. Dabei steht der Patient - oder, wie Bühler ihn nennt, der «Gast» - im Zentrum aller Aktivitäten. Die Leistungen der heutigen Pflege werden aufgeteilt in Leistungen im medizinischen Bereich und in «Gastlichkeitsaufgaben». «Unsere Assist-Mitarbeitenden versorgen den Gast mit Mahlzeiten, helfen beim Ankleiden, machen sauber, bringen auch mal eine Zeitung vorbei oder machen den Gast mit der TV-Fernbedienung und den Hausregeln vertraut. So leisten wir einen substantiellen Beitrag an die nachhaltige Entlastung des Pflegepersonals von repetitiven Routineaufgaben, ohne dabei die medizinische Kompetenz der Pflegenden auch nur ein Jota zu beschneiden», umschreibt Bühler sein Konzept. «Da erwiesen ist, dass dieses Modell in Holland funktioniert, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir auch in der Schweiz einen Beitrag zur Kostenentlastung leisten können.»

Selber auf der Tour

Als er bei der Vebego anfing, ging er mit seinen Leuten mit auf die «Tour», putzte etwa Scheiben bei der ETH oder reinigte Fassaden und Korridore. Das ist mehr als eine Show. «Ich will genau wissen, mit welchen Widrigkeiten unsere Mitarbeitenden kämpfen und wo wir gemeinsam Optimierungspotenzial erschliessen können.»

Und wehe, wenn die Arbeitsleistung von Vebego-Leuten zu Unrecht angegriffen wird. Dann nimmt er Beanstandungen persönlich ins Visier. Bühler erzählt von einem Beispiel, wo er persönlich hinging, sich unter Pulte kniete und nachschaute. In diesem Fall stellte sich pikanterweise heraus, dass ein anderer Putzdienst für die «Unsauberkeiten» verantwortlich war. Wäre es umgekehrt gewesen, hätte er mit seinen Leuten ebenfalls reinen Tisch gemacht. «Aber sie müssen wissen, dass ich hinter ihnen stehe.»