Gleiche Arbeit – gleicher Lohn: Das wünschen sich viele Angestellte, die Realität sieht aber auch 2017 oft anders aus. Im aktuellen Lohnbuch zeigt Helena Trachsel von der Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau des Kantons Zürich auf, wovon der Lohn abhängt und warum Ungleichheit noch verbreitet ist.

Wer mit seiner Arbeit viel zur Wirtschaftsleistung beiträgt, verdient auch entsprechend viel. Diese Rechnung erklärt, warum ein Coiffeur weniger Lohn erhält als ein Ingenieur, ein Klavierbauer weniger als ein Pilot. Verhältnismässig wenig wirtschaftlichen Mehrwert schafften sogenannte «softe» Tätigkeiten und dementsprechend schlechter würden diese auch bezahlt, so Trachsel.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Unterschiedliche Geschwindigkeiten

Eine bessere Ausbildung und mehr Erfahrung hingegen werden belohnt. Welchen Unterschied die Ausbildung macht, wird am Beispiel des Software-Entwicklers aus dem kürzlich veröffentlichten Lohnbuch 2017 deutlich. Ein Informatiker mit Lehre ohne Berufsmatur kann beim Einstieg in die Arbeitswelt 4556 Franken pro Monat erwarten. Sein Kollege, der ein Masterstudium an der Universität vorweisen kann, fängt bei 6754 Franken an.

Wie das Lohnbuch zeigt, steigt der Verdienst je nach Beruf unterschiedlich schnell. Eine Arztgehilfin etwa soll in der Grossregion Zürich im ersten Berufsjahr 4200 Franken verdienen. Nach zehn Jahren steigt ihr empfohlener Lohn schrittweise auf 5370 Franken. Deutlich schneller geht es für Wirtschaftsprüfer aufwärts: Aus 5962 Franken Einstiegslohn werden nach sechs Jahren bereits 9481 Franken. Während Wirtschaftsprüfer also auf ein Plus von 60 Prozent spekulieren können, muss sich eine Arztgehilfin mit knapp 28 Prozent mehr begnügen.

Geschicktes Verhandeln

Für den persönlichen Lohn ist ein weiterer Faktor ausschlaggebend: die Lohnverhandlung. Information ist dabei zentral. Als potenzieller Angestellter sollte man sich im Vorfeld also über die üblichen Löhne in der Branche oder im Unternehmen informieren. Weiter schlägt Helena Trachsel vor, mit festen Lohnvorstellungen ins Gespräch zu gehen und die Verhandlung im Spiegel oder mit Freunden und Familie zu üben.

Damit mögliche Versprechen des Arbeitgebers über die weitere Lohnentwicklung nicht vergessen gehen, empfiehlt die Expertin, alle Punkte schriftlich festzuhalten. Ebenfalls sollte man sich über Weiterbildungsangebote und Nebenleistungen erkundigen. Doch auch der Arbeitgeber ist gefragt: Es liegt in seinem Interesse, faire Löhne zu zahlen – die Mitarbeiter werden es ihm danken. Zumal Kollegen untereinander im Gespräch schon mal über ihre eigenen Löhne sprechen.

Von 280 auf eine halbe Million Franken

Doch gleiche Qualifikation, identische Ausbildung und ein gutes Gespür in der Lohnverhandlung ändert nichts daran, dass Frauen bereits beim Berufseinstieg rund 7 Prozent weniger verdienen als Männer. Diese Differenz beträgt laut der im Lohnbuch zitierten Studie Belodis etwa 280 Franken pro Monat. Das scheint zwar nicht alle Welt, aber hochgerechnet auf die Dauer eines Arbeitslebens kann die kleine Anfangsdifferenz jedoch auf eine halbe Million Franken anwachsen. Deutlich sind hier auch die jüngsten Zahlen des Bundesamt für Statistik: Die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern lag in der Privatwirtschaft 2014 durchschnittlich bei fast 20 Prozent.

Bereits die Berufswahl stellt für viele Frauen die Weiche: Sie entscheiden sich überdurchschnittlich häufig für eine «softe» Tätigkeit mit eher tiefem Lohn. Wie die Bildungsstatistik des Kantons Zürich 2015/16 deutlich macht, sind etwa Dentalassistentinnen weitaus häufiger als Dentalassistenten. Gleiches gilt für Fachfrau beziehungsweise Fachmann Gesundheit oder Betreuung.

Lohnfalle Teilzeitarbeit

Verstärkt wird der Effekt durch die Teilzeitarbeit, die bei «soften» oder «weiblichen» Berufen weiter verbreitet ist. Viele Frauen werden in diese gedrängt, weil sie aus Familiengründen gezwungen sind, weniger als 100 Prozent zu arbeiten, so Trachsel. Doppelt gestraft werden sie, weil Teilzeitarbeit noch dazu schlechter bezahlt wird.

Eine Vielzahl an Faktoren bestimmt also, wie viel Geld am Zahltag auf Ihrem Konto landet. Die meisten lassen davon sich mehr oder weniger gut beeinflussen. Doch obwohl der Faktor «Frau» gesetzlich keinen Unterschied machen dürfte, ist er real weiter – deutlich – spürbar.