Georges-Simon Ulrich, Direktor des Bundesamts für Statistik in Neuenburg, erwarb im Jahr 2009 an der University of Southern Queensland in Australien seinen Doktortitel. Das Besondere dabei: Ulrich studierte berufsbegleitend, blieb während des Studiums grossteils in der Schweiz und konnte trotzdem eine international anerkannte Ausbildung absolvieren. «Man braucht eine relativ hohe Frustrationsschwelle und darf sich nicht entmutigen lassen», resümiert Ulrich seine Studienerfahrungen. Der Aufwand, alles unter einen Hut zu bringen, sei gross gewesen.

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Der berufsbegleitende DBA, Doctor of Business Administration, machte in den letzten Jahren eine erstaunliche Karriere. Der Abschluss richtet sich an erfahrene Manager und Führungskräfte und unterscheidet sich von dem im angelsächsischen Raum üblichen PhD vor allem durch seine stärkere Praxisorientierung.

«Während beim PhD eine Forschungsfrage meist theoretisch bearbeitet wird, steht beim DBA die praktische Anwendbarkeit im Vordergrund, und die Daten werden oftmals im eigenen Unternehmen erhoben», sagt Thomas Graf vom Informationsportal DBA Compass.

Dementsprechend unterscheiden sich die DBA-Studenten auch deutlich von den jüngeren PhD-Studenten, die meist keine oder nur wenig Berufserfahrung haben. Sie sind deutlich älter, verfügen über langjährige Managementerfahrung und können sich ein teures DBA-Studium leisten. Denn die Studiengebühren liegen teils deutlich über 60 000 Franken. Dafür gibt es allerdings auch ein strukturiertes Programm mit umfangreicher und intensiver Unterstützung.

Boom der DBA-Programme

Weltweit ist die Teilzeitpromotion für Manager sehr beliebt. Das ergab der vor kurzem veröffentlichte «Global DBA Survey», der 46 Programme in 15 Ländern untersuchte. Danach vermelden fast 80 Prozent der Anbieter eine steigende Nachfrage. «Es scheint einen echten Trend zu DBA-Programmen zu geben», sagt Graf, der die Studie durchgeführt hat. So sind die meisten Studiengänge erst in den vergangenen zehn Jahren entstanden – mehr als die Hälfte davon in Europa.

In der Schweiz ist der DBA bisher wenig bekannt. Dabei kooperieren einige Institutionen– wie die HWZ in Zürich, die Private Hochschule für Wirtschaft in Bern und die Kalaidos Fachhochschule mit internationalen Anbietern. Die private Business School Lausanne und die European University Business School in Genf und Montreux bieten eigene Programme an. «Die meisten wollen sich mit dem DBA in ihrem Unternehmen profilieren und so ihre Karriereziele erreichen», sagt DBA-Experte Graf. «Sie möchten zu einer inhaltlichen oder strategischen Frage aus ihrem Unternehmen forschen.» Manche unterrichteten danach auch zusätzlich an Hochschulen oder strebten eine akademische Karriere an.

«Unser DBA-Programm richtet sich primär an Manager, die in der Praxis bleiben wollen», bestätigt auch Emma Parry, Direktorin des DBA-Programms an der Cranfield School of Management in England, wo jährlich zwölf DBA-Studenten beginnen. Einige würden danach befördert oder übernähmen eine neue Position, etliche nutzten ihre Erkenntnisse aus dem DBA auch für ihre eigene Beratungsfirma.

Um zu einem DBA-Programm zugelassen zu werden, braucht man in der Regel einen Masterabschluss im Wirtschaftsbereich und mehrere Jahre Managementerfahrung. «Ideal ist der MBA-Abschluss einer guten Schule», betont Eva Niemann. Notwendig sei aber auch die richtige Motivation. «Wer nur einen Doktortitel möchte, ist bei uns falsch», erklärt die DBA-Direktorin der Bradford School of Management. Es müsse schon eine Passion vorhanden sein, ein Thema wissenschaftlich zu erforschen. Auch eine gut begründete Idee sollte der Bewerber daher bereits haben.

Bevor der DBA-Student mit seiner Doktorarbeit beginnt, muss er jedoch ein zweijähriges strukturiertes Programm absolvieren. So beschäftigen sich DBA-Studenten in vielen Studiengängen in drei- bis fünftägigen Modulen unter anderem mit quantitativen und qualitativen Methoden, dem Thema Philosophie in der Forschung sowie mit der Literaturrecherche. Nach jedem Modul muss zudem eine Hausarbeit verfasst werden.

Erst zu Beginn des zweiten Jahres müssen etwa die DBA-Anwärter in Bradford ein Exposé vorlegen, was sie genau erforschen wollen, warum und mit welchen Methoden. Passend zum Thema sucht DBA-Direktorin Niemann dann den passenden Doktorvater (Supervisor). Meist ist das ein Wissenschafter aus Bradford, er kann aber auch von einer anderen Universität kommen.

«Das war schon spannend, aber auch anspruchsvoll und zeitaufwendig», resümiert Oliver Hoffmann, ein Deutscher, der seinen DBA an der Bradford School of Management in England macht und parallel beim Energiedienstleister RWE arbeitet. Natürlich hätte er gern früher mit der Doktorarbeit angefangen, aber das Studium habe sich gelohnt. «Man geht einfach viel fokussierter an das Thema ran», sagt der 36-Jährige, der nun zum «Geschäftsmodellwandel in der Energiewirtschaft» forscht.

Mit seiner Doktormutter, einer Professorin für Innovationsmanagement, steht er regelmässig in Kontakt. Jeden Monat gibt es eine vierstündige Skype-Konferenz und zudem persönliche Treffen. «Wir haben einen Plan erarbeitet, bis wann welches Kapitel in der Rohfassung fertig sein muss», erzählt Hoffmann.

Die Themen der DBA-Anwärter sind ebenso international wie die Teilnehmer. Da geht es zum Beispiel um den Zusammenhang von Personalmanagement und Unternehmensleistung im Iran, die Rolle von symbolischen Metaphern in der Managersprache bei Veränderungsprozessen in Oman oder die Frage, wie Managemententscheidungen in nicht börsennotierten Firmen zu einem höheren Unternehmenswert führen können.

Oftmals wählen DBA-Studenten die Schule auch nach ihrem Forschungsinteresse aus. «Wir haben ein renommiertes, internationales Forschungszentrum zu Frauen in der Unternehmensführung und daher einige DBA-Studenten, die in dem Bereich forschen», sagt Cranfield-Direktorin Parry. Auch dort gibt es ein strukturiertes Programm mit acht Präsenzmodulen, in denen es unter anderem um die Entwicklung der eigenen Forschungskompetenz geht.

Hohe Abbrecherquote

Dennoch lag die Abbrecherquote in Cranfield bisher bei 40 bis 50 Prozent. Grund dafür seien oft die Anforderungen im Beruf. Schliesslich ist das Studium neben einem anspruchsvollen Managerjob kein Zuckerschlecken.

Inzwischen habe man das Programm neu strukturiert und biete den Teilnehmern zusätzliche Unterstützung, so Parry. Seitdem sinke die Zahl der Abbrecher. «Weltweit werden 80 Prozent der berufsbegleitenden Promotionen abgebrochen», sagt DBA-Direktorin Niemann. Interessenten empfiehlt sie, bei der Auswahl eines DBA-Studiengangs genau auf die Struktur des Programms und die Intensität der Betreuung zu achten. Auch die internationale Akkreditierung des Anbieters sei bei den teilweise sehr unterschiedlichen Programmen ein entscheidendes Kriterium.

Stefan Mair
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