Gerüchte über den Verkauf des Familienunternehmens Breitling kursierten in der Schweiz schon Ende 2016. Insofern kam der Erwerb durch die 1981 gegründete CVC Capital Partners, Zürich, in diesem April nicht unbedingt überraschend.

Blick zurück: Willy Breitling hatte den 1884 gegründeten Betrieb 1979 in dritter Generation wegen der Quarzkrise geordnet liquidiert. Die eingeführten Namen Breitling und Navitimer verkaufte er an den Ingenieur Ernest Schneider. Nach der Registrierung der Breitling Montres SA am 30. November 1982 sowie der Verlegung des Firmensitzes nach Grenchen begann ein Aufstieg wie Phönix aus der Asche. Breitling erhob sich in ungeahnte Höhen. Unter der Ägide von Ernests Sohn Théodore «Theddy» Schneider als Chief Executive Officer (CEO) mussten alle Uhrwerke mit der traditionsreichen Signatur vor dem Einbau ins Gehäuse die offizielle COSC-Chronometerprüfung bestehen.

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Wachsendes Sortiment

Pünktlich zum 125-Jahr-Firmenjubiläum im Jahr 2009 präsentierte sich Breitling mit der Vorstellung des Automatikchronographen B01 erstmals als echte Manufaktur. Seitdem ist die Palette hauseigener Uhrwerke Jahr für Jahr gewachsen. Per annum entstehen in den Ateliers in La Chauxde-Fonds und Grenchen rund 140’000 Uhren mit und ohne Stoppfunktion.

Die Veräusserung trotz blendenden Zahlen ist der Tatsache geschuldet, dass eine der Schwestern von Théodore Schneider ihrer Anteile überdrüssig war. Der Preis für die Manufaktur orientierte sich an Umsatz und Gewinn. Hier die Zahlen:

2014: Umsatz 417 Millionen Franken, operativer Gewinn 45 Millionen Franken.

2015: Umsatz 411 Millionen Franken, operativer Gewinn 49 Millionen Franken.

2016: Umsatz 418 Millionen Franken, operativer Gewinn 58 Millionen Franken.

Insofern erscheinen die von den CVC-Investoren gezahlten 825 Millionen Franken als Kaufpreis durchaus angemessen. Théodore «Teddy» Schneider bleibt künftig nicht nur als Vorsitzender des Verwaltungsrats an Bord, sondern auch als Aktionär mit einem reinvestierten Anteil von 20 Prozent.

Manager mit steiler Karriere

Als wäre der Verkauf nicht schon genug Überraschung gewesen, platzte am Morgen des 14. Juli 2017 die Ankündigung, dass Georges Kern (52) ebenfalls Anteile und dazu die Aufgabe des Breitling-CEO übernehmen werde, wie eine Bombe ins Geschehen. Schliesslich war der agile Top-Manager von Johann Rupert mit Wirkung ab 1. April 2017 zum Oberchef aller spezialisierten Uhrenmarken seines Richemont-Konzerns bestellt worden.

Der in Düsseldorf geborene Kern startete seine Bilderbuchkarriere nach seinem Studium in Strassburg bei Kraft General Foods. 1992 wechselte er zu TAG Heuer in die Uhrenindustrie. Als der Politikwissenschaftler und Betriebswirt Anfang 2002 in Schaffhausen die Leitung der Marke IWC übernahm, durfte er sich jüngster Marken-CEO bei Richemont nennen. Dementsprechend hoch waren die in ihn gesetzten und im Laufe der Jahre auch erfüllten Erwartungen.

Klare Strategie

Neben einer klar strukturierten Marken-, Modell-, Marketingund Werbepolitik entwickelte der MBA eine gezielte Globalisierungsstrategie. Anfang des 21. Jahrhunderts erwirtschafteten die Schaffhauser mit jährlich circa 40’000 IWC-Uhren rund 100 Millionen Franken Umsatz. 80 Prozent der Produktion fanden ihre Käufer im deutschsprachigen Raum. Sukzessive sank dieser Anteil auf rund einen Drittel. Ohne die Expansion in neue Märkte wie Greater China wäre ein Wachstum auf heute deutlich mehr als 100’000 Uhren und 700 Millionen Franken Umsatz schlicht unmöglich gewesen.

Als Katalysatoren wirkte viel Prominenz aus der Welt des Films oder des Sports. Darüber hinaus setzte der Sohn eines Düsseldorfer Nobeljuweliers auf die Manufakturkarte. Kern: «Als ich anfing, generierte IWC aus der eigenen Werkefertigung nur 5 Prozent Wertschöpfung.» Inzwischen sind es mehr als 50 Prozent mit steigender Tendenz.

500 Millionen als Zwischenziel

Wie bei IWC erzählt auch im Hause Breitling jede Uhrenfamilie ihre eigene Geschichte. Weitere Parallelen zwischen der alten und neuen Marke: Fliegeruhren spielen eine wichtige Rolle, Männer absorbieren den grössten Teil der Produktion und Manufaktur wird grossgeschrieben. Ferner eröffnen sich für Breitling in China bislang ungenutzte Chancen.

Das meint Alexander Dibelius vom Finanzinvestor CVC – und das glaubt auch Kern mit seinen einschlägigen Erfahrungen. Ein Umsatzsprung auf 500 Millionen Franken sollte ergo nicht lange auf sich warten lassen. Der bemerkenswerte Unterschied zum bisherigen Berufsleben besteht darin, dass sich Kern fortan auch unternehmerisch betätigt. «Das war und ist», wie der neue Breitling-Chef bekennt, «für mich eine wahrhaft einzigartige Chance.»

Begrenztes Engagement

Das Engagement von CVC Capital Partners erstrecke sich, wie Dibelius im «Handelsblatt» erklärt, «nur über eine begrenzte Zeitspanne». Dann soll das Unternehmen Breitling wieder auf den Markt. «CVC hat immer wieder demonstriert, dass wir das ‹Eigentümer auf Zeit›-Motto flexibel handhaben. Normalerweise halten wir ein Unternehmen zwischen vier und fünf Jahren, aber manche unserer besten Investments haben wir über acht Jahre gepflegt.

Wir werden uns wie in ähnlichen Fällen für die Entwicklung des Unternehmens ausreichend Zeit nehmen.» Dann, so steht zu vermuten, soll Breitling mindestens 1 Milliarde Franken Verkaufserlös und allen finanziell Beteiligten eine ordentliche Rendite bringen. Kern dürfte im Zuge eines Management Incentive Program (MIP) angemessen beteiligt sein. Warum sonst hat er den Chefsessel beim Richemont-Konzern in Genf verlassen?

Überdies setzt Kern Zeichen: Sein engeres Managementteam wird neu nicht mehr von Grenchen, sondern von Zürich aus tätig sein. Auch personell zeichnen sich Änderungen ab, zumal Kern den einen oder anderen früheren Begleiter aus Schaffhausen oder Genf für ein Engagement bei Breitling begeistern konnte. Allerdings nicht mit Büros in Grenchen, sondern im weltgewandten Zürich.

Flugzeug_Breitling_Sponsoring

Die DC-3 von Breitling: Der Uhrenkonzern verzichtet auf den Werbeträger.

Quelle: Keystone

Breitling verzichtet auf Sponsoring

HB-RSC

Seit 2004 war die Hotel-Bravo Romeo-Sierra-Charlie (HB-RSC) – besser bekannt als Lockheed Super Constellation, kurz Super Connie – das fliegende Aushängeschild der Uhrenmarke Breitling und ihrer «Instruments for Professionals». Auf Ende 2017 läuft der Sponsoringvertrag mit der Inhaberin und Betreiberin des Nostalgieflugzeuges, der Super Constellation Flyers Association (SCFA) mit Sitz in Basel, aus. Begründet wird der Ausstieg seitens Breitling mit «Neuorientierung und Strategieanpassung». Für die Betreiber kommt der Ausstieg des langjährigen Partners zu einem denkbar ungünstigen Moment.

Der Super Connie, 1955 mit der Werknummer 4175 gebaut und am 1. November 1955 dem Military Air Transport Service (MATS) übergeben (dort flog sie bis 1961), stehen massive Erneuerungen und Überholungen bevor. In diesem Jahr konnte sie keine einzige Stunde in die Luft, unter anderem auch wegen eines Brandes im Fahrwerk auf dem Flughafen Zürich. Geschätzt werden die Sanierungskosten für den 44-Plätzer auf rund 2 Millionen Franken; rund 1,1 Millionen Franken des Betrags konnte mit Spenden und Darlehen hereingeholt werden. Daher gibt sich Markus Weishaupt, Präsident der Super Constellation Flyers, zuversichtlich, dass 2018 – auch ohne Breitling als Hauptsponsor – der Flugbetrieb weitergeführt werden kann. Weishaupt: «Ziel ist es, den Flugbetrieb am 1. Mai 2018 wieder aufzunehmen.» Der Vorstand habe sich für die Realisierung der rund 10'000 bis 11'000 Arbeitsstunden entschieden.

HB-IRJ

Ebenfalls für Breitling unterwegs war die Douglas DC-3A Hotel-Bravo India-Romeo-Juliette (HB-IRJ). Seit Frühling 2009 war die klassische Schweizer Luftfahrt um diesen Oldtime-Airliner reicher. Ein Team mit Francisco Agullo an der Spitze hatte es geschafft, den 1940 gebauten 33-Plätzer von Florida in die Schweiz zu überfliegen und hier zu immatrikulieren.

Breitling nutzte die DC-3 als Werbe- und Sympathieträger, erst im September dieses Jahres war die HB-IRJ nach einer mehrmonatigen Weltumrundung mit Endziel Sitten wieder in die Schweiz zurückgekehrt. Auch hier ist der Zusammenarbeitsvertrag mit den Betreibern der DC-3, im März 1940 von American Airlines in Betrieb genommen worden und später zwischen April 1941 und April 1944 im Dienste der US-Air Force stehend, durch Breitling nicht mehr erneuert worden.

Red Bull Air Race

Bereits vor einem Jahr war Breitling als offizieller Zeitmesser der Pylonenrennen ausgeschieden. Neuer Timekeeper ist die Swatch-Tochter Hamilton. Einzelne Piloten wie Mika Brageot werden aber durch Breitling unterstützt.