Es ist ein Leben, von dem viele Frauen träumen. Ein, zwei, drei Kinder und doch die Möglichkeit einer eigenen Karriere. Vielleicht in Teil-, vielleicht in Vollzeit, auf jeden Fall aber mit Aussichten auf einen beruflichen Aufstieg und spätestens nach dem Ende des ersten Lebensjahres der Kinder.  Mit Sicherheit ist dieses Leben möglich. In meinem persönlichen Umfeld kenne ich nur keinen einzigen Fall.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Das mag daran liegen, dass ich keine Frauen im Freundeskreis habe, die wirklich das durchlaufen, was landläufig als Karriere anerkannt wird. Also Studium, unbefristete Festanstellung in einem grossen Unternehmen, dickes Gehalt, schicke Klamotten. In meinem direkten Umfeld tummeln sich vor allem Freiberuflerinnen, die kaum Chancen auf eine Festanstellung haben oder diese vielleicht auch gar nicht wollen. Kinder kriegen sie trotzdem alle. Und sie arbeiten weiter. In der Regel haben sie auch keine andere Chance. Irgendwie müssen sie schliesslich die Miete zahlen und supergutverdienende Ehemänner kennen sie auch nur aus Erzählungen anderer. Trotzdem hat mir eine von ihnen schon vor der Geburt meiner Kinder gesagt: Überlege dir das gut, ob du wirklich nach einem Jahr schon wieder arbeiten willst.

Plötzlich war der Rahmenvertrag futsch

Ihre Argumente sind stichhaltig und durch ihre eigene Erfahrung belegt. Denn trotz einer sehr guten (journalistischen) Ausbildung und jahrelangem Einsatz als sogenannte Feste Freie bei öffentlich-rechtlichen Sendern ist sie mit Ende 40 immer noch da, wo sie mit Mitte 20 war. Der Grund: ihre Kinder.

Bis vor einigen Jahren galt bei ihrem letzten Auftraggeber die ungeschriebene Regel: Wer eine bestimmte Zeit als Freier dort tageweise arbeitet, mit einem Rahmenvertrag, der hat gute Chancen auf eine Festanstellung. Darauf arbeitete sie hin, das war ihr Ziel. Aber nachdem die Kinder kamen, war der Rahmenvertrag futsch. Den brauche sie ja nicht, denn die wenigen Tage, die sie im Monat komme, könne sie auch ohne bewältigen, sagte ihr Vorgesetzter. Sie setzte sich weiter ein, pendelte an etwa zehn Tagen im Monat zwischen Redaktion und Kita beziehungsweise Schule hin und her.

Belohnung für Einsatz blieb aus

Jeder Schnupfen, jede Mittelohrentzündung, jeder Kitaschliesstag war ein Hindernis, das sie bewältigen musste. Natürlich nahm sie lieber Frühdienste an, dann konnte sie nachmittags mit den Kindern noch auf den Spielplatz gehen. Wenn sie diese abends ins Bett gebracht hatte, sank sie ermattet aufs Sofa. Dienstbeginn morgens um vier, halb fünf und ohne Pause Kinderbespassung bis in die Abendstunden – das sei wie Marathonlauf mit anschliessendem Siebenkampf, sagte sie einmal. Entlastung vom liebenden Ehemann? Fehlanzeige. Der musste nämlich Vollzeit schuften. Das wirklich Demotivierende daran: Die Belohnung bleibt bis heute aus. Sie ist weiterhin Freie und übernimmt die gleichen Aufgaben wie Kollegen, die deutlich jünger und deutlich schlechter ausgebildet sind. Einen Rahmenvertrag hat sie inzwischen zwar wieder. Aber höher hinaus wird es für sie vermutlich nicht gehen.

Und genau deshalb lautet ihr Fazit: Sie bereut zwar nicht, Kinder bekommen zu haben. Aber hätte sie vorher gewusst, wie gering ihr Einsatz als arbeitende Mutter honoriert wird, hätte sie sich mehr Zeit mit dem Wiedereinstieg gelassen. Hätte sich zumindest drei Jahre voll auf die Kinder konzentriert, sich das Gehampel zwischen Auftraggeber, Kita und Kinderarzt geschenkt.

Karriere kann mehr sein als Aufstieg in Hierarchien

Die Freundin hat natürlich Recht. Trotzdem werde ich arbeiten gehen, sobald die Zwillinge es mir erlauben. Und ja, auch ich werde notgedrungen das Gehampel zwischen Redaktionen und Kita, zwischen Kinderarzt und Spielplatz mitmachen. Zum einen aus einer rein finanziellen Notwendigkeit. Zum anderen aber, weil ich gerne arbeite. Ich schreibe gerne, ich spreche gerne, ich zerbreche mir gerne den Kopf darüber, wie ich den Ukrainekonflikt, Nahost, Gerichtsurteile, was-auch-immer wem-auch-immer vermitteln kann. Für mich ist es Lebensqualität, diese Kolumne hier zu schreiben, während meine Jungs ihren Mittagsschlaf halten. Mal mit ganzen Wörtern zu jonglieren und nicht mit ein bis zwei Silben (auch wenn das seinen ganz eigenen Reiz hat!).

Wenn ich damit am Ende des Lebens nicht in einer Vorstandsetage lande? Gut, dann ist das eben so. Vielleicht habe ich aber spannende Recherchen zu Ende geführt. Aufträge erhalten von Redaktionen, die angeblich schwer zu überzeugen sind. Wieder einmal in einer Blitzaktion die Radionachrichten, die in fünf Minuten auf Sendung gehen sollen, um eine Eilmeldung ergänzt. Und dazu meine Kinder beim Fussball gefeiert. Oder beim Ballett. Das wäre mir – aus heutiger Sicht – das Gehampel wert.

 

Dieser Artikel erschien zuerst auf Bizzmiss – das Business-Magazin für Frauen mit den Schwerpunkten Karriere und Work-Life-Balance.