KARL SCHREGLE. Schwabenherzen schlagen für Mercedes. Und Bayernherzen für BMW. Im Normalfall. Karl Schregle aus dem bayerischen Allgäu ist in persona jene Ausnahme, die die Regel bestätigt. Im zarten Alter von fünf Jahren hat er im Fond der väterlichen Limousine zum ersten Mal realisiert, dass er nicht in irgendeinem Auto sitzt, sondern in einem... Mercedes! «Der Wagen hatte keinen Tachometer, sondern eine Tachosäule, die das Tempo wie ein Fiebermesser anzeigte», erinnert sich Schregle, «einfach sensationell war das.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Seit jener Spritztour durch die Strassen von Memmingen hat ihn das Sternen-Fieber nicht mehr losgelassen. Knapp 40 Jahre später hält der weltgewandte Bayer das Steuer selber in den Händen: Sowohl dasjenige seiner blitzblankpolierten S-Klasse wie auch jenes der Mercedes-Benz Schweiz AG, wie die Ländergesellschaft sich ab nächstem Jahr nennt. Mit der Namensänderung wird den Veränderungen Rechnung getragen, die durch den in diesem Jahr abgewickelten Verkauf der Chrysler-Anteile durch die Muttergesellschaft Daimler entstanden sind. «Für die Vertriebsgesellschaften haben wir entschieden, dass der Markenname wieder in den Vordergrund rücken soll», erläutert Schregle, «für uns in der Schweiz bedeutet die Umfirmierung praktisch ein ‹back to the roots›, da wir früher schon so geheissen haben.»Die Umbenennung bringt nach Ansicht des Schweizer Länderchefs nur Vorteile. «Der Stern von Mercedes besitzt enorme Strahlkraft, er ist eines der weltweit bekanntesten Markensymbole. Und für mich persönlich versprüht er eine gewisse Romantik.» Schregle lacht. Er sei eben ein richtiger Mercedes-Fan. Während des Studiums habe er bei der Premiummarke seine Diplomarbeit verfasst. «Und wer einmal Mercedes-Luft geschnuppert hat, den lässt die Marke so schnell nicht mehr los.»Ob eine Tätigkeit in der Automobilbranche den Vorstellungen des kleinen Karl Schregle von einem Traumjob entsprochen habe? Der 42-Jährige überlegt kurz, kratzt sich an der Schläfe. «Noooi, überhaupt nicht. Mit sieben, da wollte ich Bankräuber werden.» Kindliche Fantasie, nicht wirklich ernst zu nehmen. Die herzige Geschichte allerdings kennt ihre handfeste Pointe: Statt Bankräuber wurde aus Karl Schregle Bankkaufmann. Er hebt den Zeigefinger: «Bitte jetzt bloss keine Sprüche. Ich kenne sie alle schon.»

Konstanten in der Hektik

Der grossgewachsene Allgäuer nimmt statt des Lifts die Treppe, die ihn vom edlen Eingangsbereich des in Schlieren domizilierten Unternehmens hoch in sein nicht minder elegantes Büro führt. Neben Modellen von Personen-, Last- und Rennwagen hängen Bilder. Abstrakte Werke, unter anderem aus dem Œuvre eines alten Schulfreundes. Seit vielen Jahren würden ihn diese auf dem Weg durch die Bürowelten von halb Europa begleiten. Gerahmte Konstanten in einem hektischen Managerleben. Schregle streicht mit dem Zeigefinger über die gepinselte Struktur. «Erinnert mich immer an Schlagsahne. Irgendwie lecker, was?» Der «Gipsy Train», wie Schregle seinen Werdegang bezeichnet, hat ihn nach Lehrjahren auf der Bank an die Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt geführt. Dass er studieren wollte, das sei für ihn immer schon klar gewesen. Die Banklehre – ein Zugeständnis an den Vater, einen damals im Import-Export-Geschäft tätig gewesenen Unternehmer, der von seinem Sohnemann «zuerst einmal eine anständige Ausbildung» gefordert hat. Trotz väterlichem Diktat, die Lehre auf der Bank erachtet Schregle rückblickend als äusserst spannende Zeit. «Damals fand bei den Finanzinstituten ein starker Wandel statt; weg von den herkömmlichen Zahlungsgeschäften, hin zu ei-nem breiten Angebot komplexer Dienstleistungen.» Zwar habe Mathematik nie zu seinen Lieblingsfächern gehört, die Affinität zu Zahlen allerdings sei schon immer vorhanden gewesen. «Ich bin ein guter Kartenspieler gewesen, wusste stets, wer gerade welches Blatt in Händen hielt. Und ich konnte sehr schnell rechnen.»Er sei vom Typ her ein Analytiker, der aber auch sehr viel auf sein Bauchgefühl gebe, sagt Karl Schregle. Das sei schon zur Studienzeit so gewesen, später, als er im Stuttgarter Hauptquartier über finanzielle Geschicke bestimmte, sowieso. Und auch heute noch hört der offen auftretende Deutsche gerne auf seinen Bauch, wenn es Entscheide zu fällen gilt. «Ich erkenne relativ rasch, was wichtig und was unwichtig ist.» Sein Blick schweift zum Bürofenster, hinter dem das Limmattal sich westwärts erstreckt. «Ich glaube, mit der Karriere verhält es sich wie mit einer Fensterfront. Wir kommen fortwährend vor irgendwelche Fenstern zu stehen, die sich öffnen. Entweder man springt durch und nutzt die Chance oder man lässt es bleiben – auf die Gefahr hin, dass das Fenster sich wieder schliesst und die Möglichkeit vertan ist.»Eines der grossen Fenster, die sich vor Karl Schregle in den letzten Jahren aufgetan haben, war jenes, das ihm 2004 den Sprung nach Tschechien ermöglicht hat. «Es ist ein Riesenunterschied, ob sie in einer Zentrale tätig sind oder draussen, bei den Kunden, zwischen den Produkten.» Für ihn als Nicht-Vertriebsfachmann sei die Übernahme einer Ländergesellschaft ein enormer «Challenge» gewesen, verbunden mit einer Vielzahl an neuen Erfahrungen. «Ich glaube, das war in meiner beruflichen Laufbahn die bisher beste Entscheidung.» Nach drei Jahren in der tschechischen Hauptstadt ging wieder ein Fenster auf. Es hat Karl Schregle in die Schweiz geführt. «Es mag jetzt kitschig klingen, aber für mich als Allgäuer war der Umzug in die Schweiz ein bisschen wie heimzukommen.» Er schmunzelt. «Wir Allgäuer werden von den Schweizern ja auch nicht wirklich als Deutsche wahrgenommen.» Was, Sie kommen aus Deutschland? Das hört man ja gar nicht! Solche und ähnliche Reaktionen würden ihm fast täglich widerfahren. «Ich habe mir früher nicht vorstellen können, dass man in der Schweiz die Deutschen in verschiedene Kategorien einteilt.»

Klavierspieler habens schwer

Allgäuer und Schweizer, die seien sich eben nicht ganz unähnlich: «Beide sind Bergler. Und Bergler sind immer ein bisschen anders als der Rest der Welt.» Was ihm an der Schweiz besonders auffällt? Schregle muss nicht lange überlegen. «Die Natur, die gute Luft, die hohe Lebensqualität und der Umstand, dass man als Klavierspieler nicht ganz einfach zu einer Wohnung kommt.» Der begeisterte Pianist greift nach Feierabend eben gerne mal in die Tasten. «Nach Absprache mit den anderen Mietparteien – diesen Passus in meinem Mietvertrag habe ich auswendig gelernt», lacht er.Wenn der Chef von Mercedes-Benz Schweiz weder arbeitet noch am Klavier sitzt, dann ist er ab und zu auf dem Golfplatz anzutreffen. Als ehemaliger Tennis-Crack liegt ihm viel daran, dass junge Leute über den Sport zu einer gefestigten Lebenseinstellung finden. Zusammen mit Georges Kern, dem IWC-CEO, hat Schregle die unter dem Dach der Laureus World Sports Awards laufende Schweizer Stiftung «Sport for Good» gegründet. Soziale Veranwortung und die Förderung von Toleranz und Chancengleichheit können nicht allein die Aufgabe von staatlichen Institutionen sein, betont er. «Als traditionsreiches Unternehmen haben wir die Pflicht, all jenen ein Fenster zu öffnen, die keinen oder nur bedingt Zugang zu Vereinen und Sportarten haben.» Selber hätte er stets über die richtige Ausrüstung verfügt und so diverse Sportarten betreiben können. «Das ist etwas, das heutzutage nicht mehr so selbstverständlich ist. Auch nicht in der Schweiz.»

Name:

Funktion:

Geboren

Wohnort:

Familie:

1992–1999

1997–2000

2000–2003

2004–2006

1.

2.

3.

4.

Mercedes-Benz Schweiz AG