Das Wissen der älteren Mitarbeiter in einem Unternehmen gehört zu den wichtigsten Ressourcen. Wie Abläufe richtig gemanaged werden, was die Besonderheiten einer Abteilung oder gewisser Mitarbeitergruppen sind: Ältere Mitarbeiter wissen durch ihre jahrelange Erfahrung Bescheid und stellen damit sicher, dass in der Firma alles glatt läuft.

Obwohl dieses Wissen, das man auch als «Good Practice» oder «Handlungswissen» bezeichnen kann, unverzichtbar ist, ist die Weitergabe von Wissen bei den meisten Unternhmen wenig institutionalisiert und geregelt.

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Der Ältere wird es dem Jüngeren schon irgendwie mitteilen, der Erfahrene wird dem Neuling bei einem Mittagessen in der Kantine schon vermitteln, wie es läuft, heisst es oft. Doch reicht das für den erfolgreichen Wissenstransfer?

Grossangelegte Befragung

Eine Studie der Schweizerischen Kaderorganisation SKO, der FHS St. Gallen, der FH Burgenland, der Rheinischen Fachhochschule Köln, des deutschen Verbands «Die Führungskräfte» sowie der Tageszeitung «Die Presse» hat versucht, die Meinung von deutschsprachigen Führungskräften zur Bedeutung von Erfahrungswissen und vor allem dessen Transfer an neue Mitarbeiter zu analysieren.

600 Führungskräfte haben sich an der Befragung beteiligt. Dabei gab nur ein Viertel der Befragten an, dass der Austausch von Erfahrung in ihrem Unternehmen uneingeschränkt unterstützt wird. Auch bei den bevorzugten Methoden zum Transfer von Wissen gibt es Unterschiede.

Eine Generationenfrage

«Unternehmen sind mehrheitlich traditionell unterwegs», sagt Jürg Eggenberger, Geschäftsleiter der Schweizer Kader Organisation SKO. «Der Erfahrungsaustausch wird durch Hierarchien und Organisationsgrenzen limitiert, digitale und Netzwerk-orientierte Ansätze werden nicht regelmässig eingesetzt.»

Ein Thema ist natürlich auch, dass jüngere Mitarbeiter die negativen Seiten sehen, wenn es um die Erfahrung der Älteren geht. Für die Jungen ist das prozedurale Wissen der Älteren manchmal nicht nützlich, sondern nähert sich eher dem Phänomen der Betriebsblindheit an. Mit der Aussage «Das haben wir hier schon immer so gemacht» werden Innovationen und Verbesserungen von Prozessen im Keim erstickt.

Kein Interesse an digitalen Hilfsmitteln

Doch was kann eine Führungskraft tun, damit der Erfahrungsaustausch funktioniert? «Erfahrungswissen muss als ein wichtiges Gut in der Organisation verankert werden», erklärt Jürg Eggenberger. «Damit verbunden ist die Fähigkeit, zu unterscheiden, was für die Organisation wertvolles Erfahrungswissen ist und was Erfahrungen sind, die ihren Wert aufgrund veränderter Bindungen und veralteter mentaler Modelle verloren haben.»

Dies zu wissen, bedingt aber eine regelmässige Identifikation der relevanten Wissensgebiete mittels Mindmaps und die Beurteilung der Nutzenpotenziale von Wissen. Mit dem Spruch «Das war schon immer so» ist es beim Thema Wissenstransfer nicht getan.

Mögliche Abläufe

In der Studie wurde den befragten Führungskräften eine Reihe von Methoden zum Erfahrungsaustausch vorgestellt. Über 90 Prozent der Führungskräfte halten systematische Jobübergaben, Nachfolgeplanungen, informelle Gespräche für nützlich zur Weitergabe von Erfahrungswissen.

Die Studienautoren teilen diese Methoden in den Bereich der personenzentrierten Massnahmen ein. Personenzentriert heisst, dass der direkte Austausch und somit die Beziehung zwischen Wissensgeber und Wissensnehmer für die Qualität des Austauschs eine wichtige Rolle spielt.

Wenig Interesse an Komplexem

Das, was die Führungskräfte für wichtig halten, und das, was sie in ihrer Praxis täglich umsetzen, unterscheidet sich aber. Gemäss Aussage der befragten Chefs werden viel häufiger formelle Sitzungen, informelle Gespräche, Weiterbildungsveranstaltungen und schriftliche Berichte für den Wissenstransfer eingesetzt. Diese Methoden bezeichnet die Wissenschaft als faktenorientiert. Sie gelten als weniger effizient als die personenzentrierten Methoden, werden aber häufiger eingesetzt.

Andere, komplexere Wissensmanagementmethoden wie Online-Plattformen zum Wissenstransfer, Expertinnennetzwerke wie Communities of Practice oder Methoden zum moderierten Wissens- und Erfahrungsaustausch werden nur von einer kleinen Minderheit der Befragten regelmässig angewandt.

Viel Lobhudelei

Wenn man die Führungskräfte befragt, was sie selbst zum Austausch von Erfahrung beitragen, behaupten fast alle, dass sie sich sehr für Offenheit und Fairness einsetzen, und zwei Drittel stellen angeblich Raum und Zeit für den Erfahrungsaustausch bereit. Das deckt sich mit der Lobhudelei in HR-Broschüren vieler Firmen, in denen sich Manager für ihr Wissensmanagement feiern lassen. Mit der Realität hat das aber oft nicht viel zu tun, oder die Firmen überschätzen ihre teilweise beliebig eingesetzten Massnahmen.

Wenn nämlich gefragt wird, ob der Erfahrungsaustausch auch gemessen oder sogar belohnt wird, wird es dürftig: Nur ein Viertel setzt systematische Evaluation auf der Grundlage von Kennzahlen bei dem Thema ein.

Mängel bei KMU

Mit Anreizsystemen im Zusammenhang mit Erfahrung arbeiten die Führungskräfte fast gar nicht, obwohl viele Firmen inzwischen über sehr ausgeklügelte Bonifikationssysteme verfügen. «Der Austausch von Erfahrung wird, obwohl ihn die Führungskräfte für wichtig halten, kaum belohnt», erklären die Studienautoren.

Die Führungskräfte erklären in der Studie auch, wo sie die grössten Barrieren für den Austausch von Erfahrungswissen sehen: Nur die Häfte der Führungskräfte erlebt in ihrem Arbeitsumfeld, dass Erfahrung auch über Abteilungs- und Hierarchiegrenzen hinweg ganz oder ohne viel Einschränkung ausgetauscht wird. Gross sind auch die Unterschiede zwischen KMU und Grossfirmen. Letztere haben eine viel konkretere Vorstellung von der Bedeutung von Erfahrung und setzen systematischer auf Methoden für den Erfahrungsaustausch.

Das sind die Wunscharbeitgeber von Schweizer Studierenden:

 
Stefan Mair
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