Kleine Revolution beim behäbigen orangen Riesen: Nach sieben Männern übernimmt heute am 1. Juli mit Ursula Nold (50) erstmals eine Frau das Migros-Präsidium. Reichlich spät für einen Konzern, dessen Gründer Gottlieb Duttweiler in den 1930er Jahren lauthals das Frauenstimmrecht forderte.

In den Chefetagen der Migros jedenfalls sind Frauen noch heute eher selten anzutreffen. Ein Umstand, den auch Nold immer wieder thematisierte. Etwa bei der von ihr präsidierten Delegiertenversammlung im November 2017, zu der sie auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga eingeladen hatte, eine Vorkämpferin für Geschlechterquoten und Lohngleichheit. Bei der Vergütung immerhin wird Nold wohl nicht schlechter gestellt als ihr Vorgänger Andrea Broggini: Sie erhält für den 50-Prozent-Job 420 000 Franken.

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Im Vorfeld der medial stark begleiteten Kampfwahl ums Migros-Präsidium wurde Nold die Rolle der «Bewahrerin» zugeteilt. Sie selbst sieht sich freilich überhaupt nicht so. Im Gegenteil: Sie unterstützt den von CEO Fabrice Zumbrunnen eingeschlagenen Reformprozess und seine Bestrebungen, im digitalen Geschäft zu wachsen. Aber sie plädiert dafür, «auf diesem Weg alle mitzunehmen». Denn simples «Top-down» funktioniere in der Genossenschaftswelt nicht.

Die orange Connection

Seit 2008 präsidiert Nold die 111-köpfige Delegiertenversammlung des Migros-Genossenschafts-Bunds (MGB), also das Migros-Parlament, das sie nun zur Migros-Präsidentin gewählt hat. Vor ihrer Wahl erhielt sie aus dem Migros-Kosmos viel Zuspruch: von den ehemaligen Konzernchefs Jules Kyburz, Anton Scherrer und Herbert Bolliger, von Migros-Handelschef Beat Zahnd und seinem Nachfolger an der Spitze der Migros Aare, Anton Gäumann.

Die frühere Migros-Nachhaltigkeitschefin Cornelia Diethelm, die heute den Think-Tank Shifting Society lenkt, hat mit ihrem Post zugunsten von Nold auf LinkedIn den Startschuss für die Nold-Unterstützer geliefert. Offenes Geheimnis ist auch, dass Migros-CEO Fabrice Zumbrunnen hinter Nold stand.

Fabrice Zumbrunnen, CEO Migros. Fotos kostas maros, am 3.10.18, Limmatstrasse 152 Zürich

Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen.

Quelle: Kostas Maros

Gut ist ihr Verhältnis zur Abteilungsleiterin Eigenmarken, Franziska Coninx, die aus der Tamedia-Dynastie stammt und deren Mentorin Nold war. Ebenfalls von der Migros her kennt Nold die heutige Verteidigungsministerin Viola Amherd, die zuvor Mitglied der Verwaltung der Migros Wallis war. Auch sonst ist Nold in Bundesbern gut vernetzt und pflegt Kontakte mit den Ständeräten Werner Luginbühl (BDP), Pascale Bruderer (SP) und Ruedi Noser (FDP) sowie mit dem BDP-Präsidenten Martin Landolt.

Die Karriere

Lehrerin, Schulleiterin, Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Bern: Heute unterrichtet Nold Führungspersonen aus Bildungsinstitutionen und begleitet Gemeindebehörden in Strategieprozessen. Berufsbegleitend machte Nold an der HSG einen Executive Master of Business Administration, wo sie bei Professor Rolf Dubs ihre Abschlussarbeit schrieb und mit dem NZZ-Preis ausgezeichnet wurde.

Von ihrem Nachdiplomstudium an der HSG kennt sie auch die Headhunterin Sabine Kohler, eine Partnerin bei Bjørn Johansson Associates. An der Wirtschaftsschule Insead in Fontainebleau (F) machte sie zudem ein Certificate for Corporate Governance und lernte dort etwa Mads Joergensen, den Finanzchef von Georg Fischer Piping Systems, kennen.

Rolf Dubs

Professor Rolf Dubs.

Quelle: ZVG

Dank diesen Abschlüssen kam Nold zu mehreren Verwaltungsratsmandaten – etwa zum Präsidium bei Be-advanced, einer Innovationsagentur für Start-ups und Berner KMUs. Vizepräsident ist der Wirtschaftsanwalt Beat Brechbühl von der Kanzlei Kellerhals Carrard, mit dem Nold auch privat befreundet ist. Ebenfalls im Be-advanced-VR Einsitz nehmen Diamondscull-Mitbesitzerin Carole Ackermann oder Swisscom-Manager Roger Wüthrich-Hasenböhler. Via Be-advanced trifft Nold auch auf IBM-Schweiz-Chef Thomas Landolt oder die ehemalige Tessiner Regierungsrätin Patrizia Pesenti, die nun für Digitalswitzerland tätig ist.

Die Familie

Ursula Nold wurde am 29. März 1969 in Bern geboren und wuchs mit drei Geschwistern in einer gutbürgerlichen, konservativ geprägten Familie auf. Ihr Vater Urs Meier war Architekt, ihre Mutter Susanne Hausfrau und unterrichtete zudem während über 40 Jahren Sprachen in der Klubschule Migros. Dadurch sei das Ideengut von Gottlieb Duttweiler auch immer wieder Thema am Familientisch gewesen, wie Nold festhält. «Der Migros-Geist wurde mir früh eingehaucht.»

Sie ist seit 1993 mit Vincens Nold verheiratet, der als Staatsanwalt bei der Bundesanwaltschaft arbeitet, und ist Mutter von vier Kindern im Alter zwischen 16 und 22 Jahren. Ab und zu geht Nold noch immer auf den Tennisplatz, die Zeiten des intensiven Wettkampftennis sind jedoch vorbei.

Ursula und Vincens Nold

Ursula und Vincens Nold.

Quelle: ZVG