Während in der Ukraine Menschen von russischen Waffen getötet werden, kaufen Schweizer Kleinanlegende Aktien von Kriegsmaterialherstellern sowie russische Börsentitel. Das lässt sich aus den Zahlen zum Handel der Schweizer Bank Yuh ablesen, die deren Kundinnen und Kunden zur Verfügung gestellt werden. Am Tag nach Kriegsbeginn wollten Yuh-Kunden bedenkliche Aktien kaufen. Von 100 Transaktionen beim Waffenhersteller Lockheed Martin waren 84 Käufe – und nur 16 waren Verkäufe. Beim Yuh-Fonds, der in sämtliche grossen russischen Aktien investiert, standen 89 Käufe gerade mal 11 Verkäufen gegenüber.

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Die Bank Yuh ist ein Joint Venture der Postfinance und der Online-Bank Swissquote. Sie ist mit 50’000 Kunden und Kundinnen gross genug, dass ihre Daten auf das Verhalten von Schweizer Kleinanlegenden insgesamt schliessen lassen. Die «Yuhser», so nennt die Bank ihre Kundschaft, dürften eine eher jüngere Klientel sein, dem ein spielerischer Zugang zu den Finanzmärkten geboten wird. In Werbefilmen erledigen die Yuhser Finanzgeschäfte am Handy, während sie auf der Strasse gehen – dabei starren sie so gebannt auf die App, dass sie fast mit einem Pfosten zusammenstossen.

Russland-Fonds aus dem Angebot gestrichen 

Die Handelszeitung konfrontierte die Bank Yuh mit den genannten Daten. Sie reagierte und nahm den Fonds, der in russische Aktien investiert, aus ihrem Handelsangebot, denn: «Solidarität und Menschlichkeit gehören zu unseren Werten, welche wir verfolgen», so Markus Schwab, CEO der Bank Yuh. Aber die Aktien von Kriegsmaterialhersteller Lockheed Martin sind weiterhin im Angebot und werden von Kundinnen und Kunden der Yuh-Bank gekauft, Tendenz steigend: Am sechsten Tag des Ukraine-Krieges stehen bei der Aktie 93 Kauftransaktionen nur noch 7 Verkäufe gegenüber.

Die Überlegung hinter dieser Form der Profitsucht ist klar: Für Krieg braucht es Waffen. Das ist gut für das Geschäft von Lockheed Martin, der Aktienkurs steigt. Aus ethischer Sicht ist die Sache auch klar: Hier wird der Profit vor das Gewissen gestellt. Der Ausschluss von Waffenkonzernen von einer Investition ist der kleinste gemeinsame Nenner jeder ethischen Anlagestrategie, und ethische Prinzipien werden gerade jetzt auf die Probe gestellt und anscheinend weggewischt – oder sie waren nie vorhanden. 

Aufrüstung wird bejubelt

Das kann man schockierend finden. Aber nachdem die «Handelszeitung» die schmutzigen Börsengeschäfte dieser Kleinanlegenden veröffentlicht hatte, gab es keinen Aufschrei. Einige Anlageprofis stimmte es nachdenklich, aber viele scheinen unbeeindruckt. Ist es Zynismus? Denken die meisten, dass Anlegerinnen und Anleger an der Börse den Profit ohnehin stets über alles stellen, und nehmen die Daten deshalb als Bestätigung schulterzuckend zur Kenntnis?

Oder hat der Krieg in der Ukraine die Produktion von Waffen gar wieder positiv aufgeladen? Auf jeden Fall können Armee und Kriegsmaterial in einer breiten Bevölkerung wieder mit viel mehr Unterstützung rechnen. Das zeigt sich etwa in Deutschland, wo die Bundeswehr 100 Milliarden Euro als Sondervermögen für Investitionen und Rüstungsvorhaben erhalten soll. Diese Aufrüstung seitens Deutschland wird von europäischen Nachbarn bejubelt.

Sind jetzt also auch Börseninvestitionen in westliche Waffenhersteller ein Grund zum Feiern? Jedenfalls veröffentlichte die NZZ einen Text, in dem gemutmasst wird, dass der Krieg in der Ukraine in Punkto ethischem Investieren zu einem Umdenken führen könnte. Aktien von Waffenherstellern auszuschliessen sei vielleicht nur ein Schönwetterkonzept gewesen, das nicht nachhaltig sei, so die NZZ.

Gehören jetzt also Aktien von Kriegsmaterialherstellern in die Kategorie der nachhaltigen Investments? Das ist so absurd, wie wenn der Yuhser im nächsten Werbefilm der Bank anstatt fast in einen Pfosten zu laufen, beinahe über eine Landmine stolpern würde. Das würde einen empörten Aufschrei auslösen. 

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