Warum Tech-Aktien gerade besonders stark nachgeben

Am Mittwoch herrschte Aufregung an den Märkten, die Kurse fielen deutlich. Besonders stark fielen die Aktien von Tech-Superstars wie Facebook, Tesla, Google und Apple. Ursache der Verluste war die Veröffentlichung der sogenannten Fed Minutes. Dieses Protokoll der Notenbanksitzung erlaubt den Marktteilnehmern Rückschlüsse auf den wahrscheinlichen Kurs, den die Fed einschlagen wird. Offenbar will die US-Zentralbank früher als von vielen Marktteilnehmern erwartet ihre Geldpolitik straffen und die Zinsen erhöhen. Vor allem Letzteres trifft die Titel der Tech-Riesen besonders hart. Warum? Wachstum ist selten geworden Um die Gründe zu verstehen, hilft es, sich einige grundsätzliche Entwicklungen in Erinnerung zu rufen. Etwa, dass Wachstum bei Firmen in den letzten Jahren seltener geworden ist. In den Hochkonjunkturphasen der siebziger und frühen achtziger Jahre erzielten mehr als die Hälfte der S&P-500-Unternehmen ein Umsatzwachstum von über 15 Prozent. Nach einem Aufschwung von mehr als zehn Jahren gelang dies schon vor der Pandemie nur noch 25 Prozent der entsprechenden Firmen. Weil Wachstum immer mehr zu einer Ausnahmeerscheinung wird, zahlen die Investoren für Aktien von stark wachsenden Unternehmen eine Prämie. Stark wachsende Firmen sind: die Tech-Superstars. Und das Vertrauen der Investoren steigert auch ihre Börsenkapitalisierung. Das Kryptonit für diese Wachstumsriesen sind allerdings steigende Zinsen. Darauf reagieren sie stärker als andere Unternehmen, da sie im Vergleich zu Unternehmen mit geringem Wachstum höhere in der Zukunft liegende Einkommensströme haben. Diese Einkommensströme werden umso stärker diskontiert, je höher die Zinsen sind. Eine Diskontierung ist nötig, weil der Wert einer bestimmten nominalen Summe, die ein Unternehmen in der Zukunft erhält, sich von deren Gegenwartswert unterscheidet. Und um den Gegenwartswert solcher in der Zukunft anfallenden Geldsummen zu ermitteln, bedienen sich die Finanzmarktteilnehmer eines Umrechnungsfaktors, der vom Zinsniveau abhängt. Je grösser das Zinsniveau, desto kleiner ist der Wert zukünftiger Zahlungsströme. Angenommen, ein Unternehmen erhält in einem Jahr eine nominale Zahlung von 100 Millionen Franken und das Zinsniveau liegt bei 2 Prozent. 100 Millionen Franken in einem Jahr sind jedoch weniger wert als 100 Millionen heute. Warum das Zinsniveau den Gegenwartswert zukünftiger Zahlungen beeinflusst, lässt sich intuitiv verstehen, wenn man sich bewusst macht, dass ein Unternehmen bei einem Zins von 2 Prozent heute 98,04 Millionen anlegen müsste, um in einem Jahr 100 Millionen zu erhalten. 100 Millionen in einem Jahr entsprechen damit 98,04 Millionen heute (100/1.02). Aus dieser Überlegung heraus wird auch ersichtlich, dass der Gegenwartswert zukünftiger Geldsummen kleiner wird, je höher die Zinsen sind. Würden die Zinsen im Beispiel etwa auf das Doppelte, also 4 Prozent, steigen, wären die 100 Millionen in einem Jahr nach heutigem Geld nur 96,15 Millionen wert (100/1.04). Eine mögliche Trendwende Betrachtet man nun nicht nur ein Jahr, sondern viele in der Zukunft liegende Jahre und summiert die dazugehörigen diskontierten Einkommensströme auf, wird auch klar, dass Unternehmen von dem beschriebenen Zinseffekt umso stärker betroffen sind, je grösser die zukünftigen Einkommensströme sind. Die Einkommensströme von Unternehmen mit geringeren zukünftigen Zahlungsströmen werden zwar auch diskontiert, steigende Zinsen fallen bei ihnen aber relativ zu den Wachstumsunternehmen weniger ins Gewicht. Aus diesen Überlegungen heraus wird verständlich, warum die wachstumsstarken Tech-Superstars besonders darunter leiden, wenn die US-Notenbank beschliesst, die Zinsen früher und schneller anzuheben als zuvor angedeutet. Ist damit eine Trendwende eingeläutet? Im Prinzip müsste es so sein. Das Verhältnis von Kurs zu Umsatz liegt bei Apple, Microsoft, Google und Facebook im Bereich von 8 bis 10, was enorme Wachstumshoffnungen verrät. Bei Tesla beträgt dieses Verhältnis sogar 27. Angesichts der steigenden Zinsen fällt es aber selbst diesen ihre Märkte dominierenden Playern schwer, die hohen Bewertungen zu rechtfertigen. Daher sollten Investoren nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass sich die Kurse nach einer kurzen Verschnaufpause zu neuen Höchstständen aufraffen.

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