Weniger Top-down, weniger Hierarchien, mehr Selbstverantwortung für den Einzelnen: Mit diesem Versprechen ist Novartis-Konzernchef Vas Narasimhan vor viereinhalb Jahren angetreten. Nun aber greift der Unboss durch. Und wie: Novartis steht ein radikaler Stellenabbau bevor. Weltweit könnten in den nächsten Jahren bis zu 8000 von 108’000 Stellen wegfallen. In der Schweiz wird die Belegschaft von 11’600 auf 10’200 zusammengestrichen werden.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 


Das ist hart für die Betroffenen. Und ein Schlag für Basel, den Hauptsitz von Novartis, wo künftig nur noch 8000 statt wie heute 9500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tätig sein werden. 

Trotzdem ist der Schritt richtig. Konzernchef Vas Narasimhan hat das Konglomerat, das Daniel Vasella seit der Fusion von Sandoz und Ciba 1996 zusammengezimmert hat, sukzessive zurück- und umgebaut, seit er von der Entwicklungsabteilung ins Cockpit des Pharmakonzerns wechselte: Spin-off und Börsengang von der Augenheilsparte Alcon, mehrere mittelgrosse Akquisitionen wie die Gentherapie Zolgensma oder Leqvio, ein neuer auf der RNA-Technologie basierender Cholesterinhemmer, der in diesen Monaten weltweit ausgerollt wird. Nur die Generikasparte Sandoz zeugt noch von den einstigen Grossmachtphantasien. Noch: Denn inzwischen steht auch sie auf dem Prüfstand.

Novartis kämpft mit zu hohen Kosten 

In der Organisation aber war die neue Zeit noch nicht ganz angekommen. Hier geht noch immer der alte Geist um. Bei Novartis machen Marketing, Verwaltung und Vertrieb 30 Prozent des Umsatzes aus, bei Roche sind es lediglich 20 Prozent. Das Unternehmen leistete sich während Jahren den Luxus einer Doppelstruktur mit einer Sparte für Onkologie und einer für alle anderen Therapiegebiete. Mit all den Kostenfolgen, die das mit sich brachte. Nun gibt es, wie bei Roche, nur noch eine Pharmasparte. 

Der Schnitt muss sein. Zumal Novartis vor schwierigen Zeiten steht. Der Druck auf den Konzernchef ist enorm. Wichtige Umsatzträger wie Cosentyx, ein erfolgreiches Medikament gegen Schuppenflechte, und das Herzmedikament Entresto werden in den nächsten Jahren ihren Patentschutz verlieren. Und die Blockbuster, welche die Ausfälle kompensieren sollen, sind noch in der Pipeline oder bestenfalls am Start. 

Die ganz fetten Jahre sind vorbei

Zudem verlangt die Grosswetterlage nach einem disziplinierten Umgang mit den Kosten. Gewiss, mit Medikamenten wird sich auch in der Zukunft gutes Geld verdienen lassen. Doch die ganz fetten Jahre sind vorbei. Die Gesundheitssysteme in den wichtigsten Märkten in Europa und in den USA laufen im roten Bereich, die Politik wird künftig genauer wissen müssen, ob die neuen Medikamente, welche die Industrie auf den Markt bringt, die Mehrkosten, die sie mit sich bringen, auch tatsächlich wert sind. Wer seine Kräfte nicht auf die Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente konzentriert, der wird es schwer haben.

Gut möglich, dass man dereinst sagen wird, Vas Narasimhan sei mit seinem radikalen Schnitt seiner Zeit vorausgewesen. Auch wenn der Abbau im Moment vielen ziemlich wehtut.