Die Mitgliedsstaaten der EU hatten sich vergangenes Jahr vorläufig darauf geeinigt, den Automobilherstellern für das Jahr 2035 ein Null-Emissionsziel zu verordnen. Für die Umweltagenda der Europäischen Union ist dieses Vorhaben von zentraler Bedeutung. Doch allen voran Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) setzt sich nun dafür ein, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auch nach 2035 noch zugelassen bleiben.

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«Die EU-Kommission möchte im Pkw-Bereich am liebsten nur noch batteriebetriebene Fahrzeuge zulassen. Das sehen das wir anders», erklärte er in einem Video auf dem Ministeriums-Twitter am Dienstagabend. «Wir wollen technologieoffen bleiben. Wir wollen neben dem batterieelektrischen Antrieb auch die Wasserstoff-Brennstoffzelle und vor allen Dingen E-Fuels zulassen, denn diese können im Verbrennungsmotor klimaneutrale Mobilität sichern.»

Italien und Deutschland spannen zusammen

Widerstand gegen die EU-Pläne zum Verbrenner-Aus kam auch aus Rom. «Italien teilt zwar die Dekarbonisierungsziele, sie müssen jedoch durch eine wirtschaftlich nachhaltige und sozial gerechte Politik erreicht werden», hiess es in einer Erklärung des italienischen Umweltministeriums. Auch Polen und Ungarn lehnen den EU-Vorstoss ab. Die Europäische Kommission versucht nun dem Vernehmen eine Blockade des Abkommens abzuwenden.

Wie zu hören ist, haben Rom und Berlin Gespräche geführt, um ihre Positionen in der Verbrennerfrage zu koordinieren. Ihr gemeinsamer Ansatz spiegele ihre Nähe in Industriefragen wider, hiess es. 

Verbrennungsmotor-Aus hat Folgen für globale Automobilindustrie

Das Europäische Parlament hat in diesem Monat die mit den Mitgliedstaaten erzielte Vereinbarung zum Verbrenner-Aus gebilligt. Sie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten ihre CO2-Emissionen in diesem Jahrzehnt um 55 Prozent senken müssen. Dies ist ein entscheidender Faktor zur Erreichung des EU-Gesamtziels, bis 2050 Klimaneutralität herzustellen.

Die Vereinbarung über Autos hat potenziell globale Auswirkungen. Als grösste wirtschaftliche Einheit der Welt kann die EU de facto weltweit Standards setzen. Und gerade im Automobilbereich sind einige der grössten Hersteller wie Volkswagen, Mercedes oder Renault in der Union beheimatet.

VW akzeptiert EU-Entscheid

VW wollte sich zu Wissings Widerstand gegen ein Verbrennerverbot nicht direkt äussern. Das EU-Ziel, ab 2035 ohne Verbrennungsmotor auszukommen, sei «ehrgeizig, aber erreichbar», so ein Sprecher des Wolfsburger Konzerns. «Wir akzeptieren die Entscheidung der EU und sind bereit, sie zu erfüllen.» E-Fuels seien aber weiter von Bedeutung für den Betrieb der Bestandsflotte.

Der Bundesverband der deutschen Industrie begrüsste Wissings Vorstoss. Ein Sprecher von Stellantis — dem Hersteller von Fiat, Peugeot, Opel und anderen — lehnte eine Stellungnahme ab. Der Konzernchef Carlos Tavares hat zuletzt vor sozialen Unruhen gewarnt, sollten Elektroautos zu teuer werden.

In Italien baut Autoindustrie Arbeitsplätze ab

Der Übergang zu Elektroautos hat in Italien bereits jetzt soziale Folgen. Stellantis gab am Montag den Abbau von 2000 Arbeitsplätzen in Italien bekannt, etwa 4,3 Prozent der 47'000 Beschäftigten in dem Land, wo Fiat 1899 gegründet wurde. Der US-Hersteller Ford Motor will sogar 11 Prozent seiner europäischen Belegschaft kündigen, vor allem in Deutschland und Grossbritannien.

(Bloomberg/nzu/gku)