Trotz Warnungen der Türkei hat US-Präsident Joe Biden die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkrieges als Völkermord anerkannt und damit für Empörung in Ankara gesorgt: «Das amerikanische Volk ehrt all jene Armenier, die in dem Völkermord, der heute vor 106 Jahren begann, umgekommen sind», hiess es in einer vom Weissen Haus verbreiteten Mitteilung Bidens zum Gedenktag an die Massaker am Samstag.  

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Türkei: «Ein schwerwiegender Fehler»

Die Reaktion aus Ankara folgte umgehend: Das türkische Aussenministerium wies Bidens Erklärung «in schärfster Form» zurück und forderte den US-Präsidenten auf, den «schwerwiegenden Fehler» zurückzunehmen. Die Aussage Bidens verzerre historische Fakten und reisse eine tiefe Wunde in die Beziehungen beider Länder, hiess es.  

US-Botschafter David Satterfield wurde nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Samstagabend ins türkische Aussenministerium einbestellt. Man habe ihm mitgeteilt, dass Bidens Erklärung inakzeptabel sei.  

Beziehungen heute schon strapaziert

Der Deutsche Bundestag hatte die Massaker 2016 als Völkermord bezeichnet. Das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara war dadurch zeitweise schwer belastet worden.  Die Anerkennung des Völkermords durch Biden, der diesen Schritt schon im Wahlkampf versprochen hatte, dürfte die amerikanisch-türkischen Beziehungen weiter belasten.

Diese sind ohnehin schon strapaziert, unter anderem weil der wichtige Nato-Partner Türkei das Raketenabwehrsystem S-400 von Russland erworben hatte.  Während des Ersten Weltkriegs waren Armenier systematisch verfolgt und unter anderem auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt worden. Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300 000 bis 500 000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein und bedauert die Massaker. Eine Einstufung als Völkermord weist sie jedoch strikt zurück. (SDA/ag)