Wer sucht, der findet. So geschehen beim russischen Oligarchen Andrej Melnitschenko, der im März mit Sanktionen belegt wurde. Seinem Unternehmen Eurochem mit Hauptsitz in Zug wurden kurzerhand die Konten gesperrt. Doch nicht auf Dauer, denn der Russe hatte die Firma seiner Ehefrau Alexandra überschrieben, wie Recherchen des «Tages-Anzeiger» hervorbrachten.

Die Antwort der Anwälte Melnitschenkos bestätigt die Recherche: Alexandra Melnitschenko sei die einzige Begünstigte eines Trusts in Zypern und besitze entsprechend 90 Prozent der Eurochem-Aktien. Melnitschenko hätte sich einige Tage vor seiner Sanktionierung vom Trust zurückgezogen. Da er zum Zeitpunkt des Rückzugs vom Trust folglich noch keine sanktionierte Person gewesen sei, griffen die Sanktionen nicht.

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Das Seco hat das Manöver geprüft und erlaubt

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) prüfte nun diesen Sachverhalt. Es ist zuständig für die Überwachung der Sanktionen und reagierte zu Beginn mit den gesperrten Konten. Nach Klärung der neuen Besitzverhältnisse, schrieb das Seco jedoch am 30 März: «Frau Alexandra Melnitschenko ist die wirtschaftlich Berechtigte des Trusts.»

Damit bestätige es «gerne», dass es «über keine faktenbasierten, schlüssigen Beweise» dafür verfüge, dass sich Eurochem «im Eigentum oder unter der Kontrolle einer sanktionierten Person» befinde. Entsprechend wurden die Eurochem-Konten wieder freigegeben.

Experten kritisieren das Vorgehen

Melnitschenko, ein Oligarch mit Wohnsitz und Luxuschalet in St. Moritz, gehöre «zum einflussreichsten Zirkel russischer Geschäftsmänner mit engen Beziehungen zur Regierung», hatte das Seco ebenfalls geschrieben.

Dass Melnitschenko nun ein Schlupfloch in den Sanktionen gefunden hat, sehen Experten kritisch. So sagt etwa Gretta Fenner vom Basel Institute on Governance: «Das scheint mir eine klare Schwachstelle zu sein, die geradezu einlädt dazu, die Sanktionen elegant zu umgehen.»

Fenner sieht ein, dass das Manöver zwar juristisch korrekt sein mag – das Seco versichert, dass Schweizer Sanktionsmassnahmen vollumfänglich eingehalten und keine Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen an sanktionierte Personen zur Verfügung gestellt werden – doch sie betont, dass es absolut empfehlenswert sei, «die relevanten Gesetze und Anwendungsbestimmungen genau zu überprüfen, um in Zukunft solche Spielereien verhindern zu können.»

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