Das Schicksal hat es gut gemeint mit Gianni Infantino. Denn der Italo-Schweizer ist per Zufall zum König des Weltfussballs aufgestiegen. Sein damaliger Chef, Uefa-Präsident Michel Platini, wurde kurz vor der Wahl zum Fifa-Präsidenten vom eigenen Verband fallen gelassen; in der Not lancierten die Europäer Infantino als Ersatzkandidaten. Das war 2016, seither thront er im «Home of Fifa» über den Dächern von Zürich.

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Wie lange es der Weltfussballverband dort noch aushält, ist offen, denn mit der geplanten Statutenänderung wird Zürich als Sitz der Fifa aus den Statuten gestrichen. Künftig soll der Kongress, das Gremium der 211 Nationalverbände, über das Domizil bestimmen. Das eröffnet der Föderation die Option, ihren Rechtssitz nach Brüssel, Beijing oder Bangkok zu verschieben.

Es wäre ein immenser Verlust für Zürich und die Schweiz. Nicht primär wegen dem Steuersubstrat von 20 Millionen Franken, das der Fussballverband alljährlich dem Fiskus abliefert. Es ist vielmehr die globale Ausstrahlung. Die Fifa gilt – ausserhalb von der Schweiz und Deutschland – als honorige Institution und Fifa-Präsident Infantino als wichtiger Eventmanager, dem man gerne hofiert.

Immense Strahlkraft der Fifa

Wie hoch die Attraktion der Fifa ist, zeigt ihr Hauptprodukt Fifa World Cup; die Weltmeisterschaft ist so gefragt wie nie zuvor in der über hundertjährigen Geschichte. Die nächste Fussball-WM in Amerika im Jahr 2026 – in Mexiko, USA, Kanada – wird zum Sportevent der Superlative. 11 Milliarden Dollar wird der Wettbewerb einbringen, auch dank Sponsoren wie Adidas, Coca-Cola, Hyundai oder Visa. Sie sorgen für eine Umsatzverdoppelung zur WM in Katar.

Und auch bei neuen Angeboten im Portfolio ist die Strahlkraft immens. Bei der Club-WM 2025, von Infantino ausgeheckt, will die Techfirma Apple vorne dabei sein und bietet vier Milliarden Dollar, um die Spiele über ihren Streamingdienst Apple+ weltweit ausspielen zu dürfen. Offenkundig ist: Das Fifa-Angebot fasziniert – weltweit.

Weniger am Domizil Schweiz. Da hagelt es seit Jahrzehnten nur Kritik. Einige Einwände sind berechtigt, die meisten überzogen oder schlicht falsch. So wird bemängelt, dass die WM 2022 an einen Staat wie Katar vergeben wurde. Allerdings anerkennt heute selbst die Internationale Arbeitsorganisation, dass das Fussballfest im Wüstensand dank dem Einfluss der Fifa und ihrem Präsidenten die Arbeitsbedingungen der Fremdarbeiter aus Nepal, Indien oder Bangladesch verbessert hat. Gut möglich, dass die WM 2034 am Schluss an Saudi-Arabien vergeben wird – und dort einen ähnlichen Modernisierungsschub auslösen könnte.

Doch statt die Fortschritte bei Compliance, Transparenz oder bei den globalen Entwicklungsprogrammen der Fifa in Rechnung zu stellen, wird gelästert. Bis der Kongress der nationalen Fussballverbände zum Rückzug bläst und die griesgrämige Schweiz hinter sich lässt.

Stefan Barmettler HZ
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